[360] Chimborazzo. Ein Berg in den Andes in Südamerika, welcher lange Zeit für den höchsten der Erde galt, bis der Dhavalagiri des Himmalayagebirges in Asien, ihn seines Ruhms beraubte. Er mißt nach Humboldt 29,140 Fuß, liegt ganz nahe am Aequator, und erhebt sich aus der 9000 Fuß hohen Hochebene von Quito, noch mit einer relativen Höhe von 11,000 Fuß, weßhalb er nicht den imposanten Anblick gewährt, welchen man von einem 20,000 Fuß hohen Giganten erwarten könnte. Ueberraschend ist übrigens die Mannichfaltigkeit der Vegetation auf demselben, weil sich um seinen Gürtel alle Klimate vereinigen, von der Palmen und Ananas reisenden[360] Gluth des Aequators, bis zur ewigen Eis- und Schneeregion, in welche sich sein Haupt zwischen 4 und 5000 Fuß hoch erstreckt. So bietet er, so viel Raum vorhanden ist, Exemplare von beinahe allen Gewächsen, und Kunst vermöchte es ohne alle Mühe dahin zu bringen, Pflanzen, welche nur und allein in einer Gegend wachsen wie die Linnea borealis bei Berlin, die Alpenpflanzen der Schweiz, oder die Eisvegetation von Lappland, das Rennthiermoos u. s. w. mit Cactus und Aloen auf einer Längedimension von wenigen Meilen Jahr aus Jahr ein im Freien zu erhalten. Die Wälder, welche ihn umgrünen, geben eine große Menge von Thieren, sein greises Haupt gibt vielen Flüssen Nahrung. Ihn ganz zu ersteigen, ist noch Niemanden gelungen; die Luft wird in diesen Höhen so dünn, daß die geringste Bewegung außer Athem bringt, und daß dem, an eine solche Atmosphäre nicht gewöhnten Menschen das Blut aus allen seinen Theilen der Haut, aus Mund und Nase, aus den Ohren, den Augenwinkeln u. s. w. tritt; zudem ist die Kälte so schneidend scharf, daß man sich gegen dieselbe gar nicht schützen kann.
V.