[432] Luise von Savoyen, Mutter Franz I. von Frankreich, wurde den 11. September 1476 geb. und den 16. Februar 1488 an Karl von Orleans, Grafen von Angoulème, vermählt, gegen den sie, trotz ihres zarten, der Kindheit noch angehörenden Alters, die Pflichten einer treuen, sorgsamen und liebevollen Gattin auf das Gewissenhafteste erfüllte. Während des schweren Krankenlagers, das dem Tode ihres Gemahls vorausging, verließ Luise nie das Krankenzimmer, ja, sie bettete sich sogar nicht weg von seiner Seite, obgleich sein Zustand ekelerregend und selbst gefahrvoll durch Ansteckung war, bis sie endlich kurz vor seinem Tode mit Gewalt entfernt werden mußte. Durch so viele Aufopferungen und Leiden ganz erschöpft, erholte sie sich doch nach und nach wieder, und ihre Schönheit entfaltete sich jetzt so strahlend, daß sie jedes Auge entzückte. Sie war die zärtlichste Mutter ihrer beiden Kinder, von denen Margarethe, ihre Tochter, mit dem Herzog von Alençon vermählt wurde, und ihr Sohn als Franz I. (s. d.) den Thron von Frankreich bestieg. Dennoch bleibt der Ruf dieser Fürstin zweideutig, wie ihr Charakter, der seltene und große Tugenden neben kleinlichen und oft niedrigen Fehlern in sich vereinigte. Von der persönlichen Schönheit, die ihr bis zum Alter treu blieb, war schon vorher die Rede. Sie war[432] eine kühne Reiterin, die es verstand, mit Gewandtheit und Grazie ein Pferd zu regieren, mißbrauchte aber oft die Gaben, mit denen die Natur sie so verschwenderisch ausgestattet hatte, indem sie, geneigt zu Liebesintriguen, schöne Männer auf alle Art an sich zu ziehen und zu fesseln wußte, und ward ihre Neigung nicht erwiedert, reizte sie dieß auf das Härteste. So verfolgte sie den Connetabel von Bourbon, der um Vieles jünger als sie ihrem Wunsch, mit ihm vermählt zu sein, auswich, mit ihrer Rache. Als ihr Sohn, der sie vergötterte, den Thron bestieg, öffnete sich ihr ein ungeheueres Feld für ihren Hang zum Eigennutz und Ehrgeiz. Wie sehr sie Ersterem ergeben war, bewiesen die funfzehnhundert tausend Thaler in Gold, die man nach ihrem Tode fand, und zwar zu einer Zeit, wo der Staat von allen Hilfsmitteln entblößt und die allgemeine Noth ihr kein Geheimniß gewesen war. Indessen sind dieser Fürstin große Eigenschaften nicht abzusprechen. Unter diese gehörten Muth und Geistesgegenwart. Nach der unglücklichen Schlacht bei Pavia, wo Franz I. gefangen wurde und seiner Mutter jene denkwürdigen Worte schrieb: »Alles ist verloren, nur die Ehre nicht!« war sie es, die mit fester Hand und männlicher Kraft die Zügel der Regierung ergriff, und während seiner Abwesenheit durch ihre zweckmäßigen Anordnungen die Wohlfahrt des Reichs aufrecht erhielt. Als er aber endlich von Karl V. freigegeben ward, da zog ihm Luise freudestrahlend, von allen Schönheiten ihres Hofes umringt, unter denen sie selbst auch noch bei vorgerückten Jahren zu glänzen wußte, bis Bayonne entgegen, und führte, wie im Triumph, den geliebten Sohn heim in das Land, das sie in seinem Namen so rühmlich verwaltet hatte. Sie legte nun zwar die Regierung nieder, aber ihren Einfluß behielt sie bei, und Franz I. hörte nie auf, sie auf das Innigste zu verehren und ihren Rathschlägen bereitwillig sein Ohr zu leihen. Nicht lange aber genoß sie das wiederhergestellte Glück ihres Hauses. Die Pest, die damals Frankreich verwüstete, bewog sie, nach Fontainebleau zu gehen, und als auch[433] dort die Umgegend angesteckt wurde, wollte sie nach Romorantin flüchten; allein die Krankheit ereilte sie unterwegs, und sie starb in Grez, den 29. September 1532. Ihre Angst vor dem Tode war so groß, daß Niemand in ihrer Gegenwart von demselben reden durfte; selbst den Predigern war es untersagt, diesen Gegenstand in ihren Kanzelvorträgen zu berühren. Drei Tage vor ihrem Ende, als ihre Krankheit eben erst begonnen hatte, sah sie plötzlich Nachts ihr Zimmer von Feuer erleuchtet, rief ihre Kammerfrauen, und es ergab sich, daß der Schein von einem Kometen herrührte, der am Himmel stand. Sie zweifelte seit diesem Augenblicke nicht mehr an ihrem Tode und äußerte: »Dieß ist ein Zeichen, das Gott nur den Großen der Erde gibt und das meinen Tod verkündet.« Den folgenden Tag ließ sie ihren Beichtvater rufen und bereitete sich in der That zum Sterben vor, obgleich die Aerzte versicherten, ihr Zustand sei zwar leidend, aber nicht lebensgefährlich. Nach drei Tagen hatte die Furcht vor dem Tode, der sie sich mitten unter den angreifendsten Andachtsübungen hingab, ihr Befinden so verschlimmert, daß ihre letzte Stunde wirklich nahte, und sie nach einem schweren Kampfe von der Welt schied.
A.