[451] Luther, Dr. Martin, Dr. Martin, der Sohn eines armen Bergmanns in Eisleben, wurde am 10. November 1483 geb. und von seinem Vater zu strenger Gottesfurcht erzogen. 14 Jahr alt besuchte er die Schule zu Magdeburg und begab sich von da nach Eisenach, wo er als armer Currentschüler sich sein Brod durch Singen vor den Thüren so lange erwarb, bis ihn eine wohlhabende Verwandte seiner Mutter zu sich nahm. Durch unermüdlichen Fleiß machte er hier bald so bedeutende Fortschritte, daß er 1501 die Universität Erfurt beziehen und 1593 Magister werden konnte. Nun hielt er bei der erwähnten Universität Vorlesungen. Dem Willen seines Vaters gemäß, widmete er sich den Rechtswissenschaften. Einst fand er zufällig auf der Universitätsbibliothek eine lateinische Bibel und gewahrte mit Freuden, daß dieselbe nicht bloß die Sonn- und Festtagsepisteln und Evangelien enthielt. Er las nun eifrig in derselben, fand Geschmack an den theologischen Wissenschaften, und als er sich einst mit einem seiner Freunde, Namens Alexis, auf der Rückkehr von einer Reise befand und[451] diesen der Blitz an seiner Seite tödtete, machte dieß Ereigniß auf sein durch Dürftigkeit und strenge Erziehung ohnehin schon gebeugtes Gemüth, einen so starken Eindruck, daß er sofort den Entschluß faßte, in ein Kloster zu gehen und dieß auch gegen den Willen seines Vaters ausführte. Er ängstigte sich nun mit Zweifeln an dem Erlangen der Seligkeit und schwächte durch harte Büßungen seine Gesundheit so sehr, daß er in eine schwere Krankheit verfiel. Als es besser mit ihm wurde, setzte er seine theologischen Forschungen fort, erhielt 1507 die Priesterweihe und wurde durch die Empfehlung seines Gönners Staupitz an die Universität Wittenberg als Professor berufen. In Angelegenheiten des Augustiner-Ordens unternahm er eine Reise nach Rom, wurde nach seiner Rückkehr zum Doctor der Theologie ernannt und hielt sich von jetzt an zur unerschrockensten Vertheidigung der Wahrheiten der heiligen Schrift verpflichtet. Als nun der Papst, um den Bau der Peterskirche in Rom vollenden zu können, Ablaßhändler in den christlichen Ländern umher sendete, und der Dominikaner Tezel bei dieser Gelegenheit wohl weiter ging, als des Papstes Vollmacht gestattete, ereiferte sich Luther über den geistlichen Unfug und schlug am 31. October 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg 95 Streitsätze gegen den Ablaß an. Diese Sätze verbreiteten sich unglaublich schnell und erregten gewaltiges Aufsehen. Im Jahre 1519 veranstaltete man eine Unterredung (Disputation) zwischen Luther und Dr. Eck, und da Luther bei seinen Ansichten beharrte, erschien 1520 eine Bannbulle gegen ihn, und seine Schriften wurden an mehreren Orten öffentlich verbrannt. Luther verbrannte dagegen die päpstliche Bulle und die Bücher des kanonischen Rechtes und sagte sich darauf völlig von dem Papste und der römischen Kirche los. Er predigte nun gewaltig und das Volk hörte gern des kühnen Mannes gehaltreiches Wort. Er fürchtete sich nicht, auf dem Reichstage zu Worms zu erscheinen (17. April 1521) und seine Lehre vor Kaiser und Reich zu vertheidigen. Auf der Rückreise[452] wurde Luther auf Veranstaltung des um das Leben desselben besorgten Friedrich's des Weisen, Kurfürsten von Sachsen, aufgefangen und auf die Wartburg in Sicherheit gebracht. Hier lebte er als Junker Görge und übersetzte das Neue Testament und die Psalmen. Als er aber die Nachricht von den Unruhen erhielt, welche Carlstadt's Bilderstürmerei in Wittenberg veranlaßten, eilte er dahin und stillte durch die Gewalt seiner Rede den Aufruhr. Immer mächtiger regte sich nun in seiner Seele der Drang nach einer gänzlichen Reformation der Kirche. Im Jahre 1523 führte er daher die deutsche Liturgie ein, legte 1524 die Mönchskutte ab und heirathete 1525 die Katharina von Bora, eine gewesene Nonne. Er schrieb den großen und den kleinen Katechismus. Durch den Starrsinn aber, mit welchem er das für Wahrheit Erkannte festhielt, führte er die unselige Trennung der reformirten und lutherisch-evangelischen Kirche herbei. Seit der Uebergabe ihres Glaubensbekenntnisses (Confession) auf dem Reichstage zu Augsburg, und seit einer gegen die Beschlüsse des Kaisers eingereichten Protestation, nannte man die Anhänger der neuen Lehre Protestanten. Im Jahre 1537 schrieb er die schmalkaldischen Artikel. Schon seit 1531 litt Luther an heftigen körperlichen Schmerzen, ja er war mehrmals tödtlich krank. Einer Streitigkeit wegen, die sich zwischen den Grafen von Mansfeld erhoben hatte, reiste er im Jahre 1546 nach Eisleben, und starb in dieser seiner Geburtsstadt am 18. Februar 1546, von wo aus sein Leichnam nach Wittenberg gebracht und daselbst in der Schloßkirche beigesetzt wurde. Er hinterließ eine Witwe und vier Kinder in ärmlichen Umständen. Luther hatte einen festen, beinahe halsstarrigen Charakter. Sein reiches Gemüth wurde durch eine überaus lebhafte Phantasie mit den mannichfaltigsten Bildern erfüllt und oft freudig erhoben, öfter noch mächtig erschüttert. Die unbestechlichste Wahrheitsliebe geleitete ihn durch sein ganzes Leben. Er gestand seine Fehler eben so frei, als er die Anderer scharf rügte. Er war unermüdlich thätig[453] , wie seine vielen Schriften zeigen, ein herzlicher, heiterer Freund und jovialer Gesellschafter. Erscheint uns aber seine Sprache zuweilen zu derb, so müssen wir auf sein Zeitalter hinblicken, welches ja ohnedieß es nöthig machte, die deutsche Sprache gleichsam umzuschaffen, daher schon die Uebersetzung der Bibel seinen Namen unsterblich gemacht haben würde.
t