[331] Spanien (Kochkunst). (Kochkunst.) Die jetzt so beliebte Methode, Alles zu nivelliren, will auch der Gourmanderie eine und dieselbe, oft unästhetische, Norm aufzwingen, und droht früher oder später alle National- und Provinzialgerichte zu verdrängen. Und doch sind gerade diese wahrhaft in der Volks- und Landesart begründet und fast ohne Ausnahme schmackhaft und nahrsam. Nur die Spanier behaupteten bisher noch am meisten die Selbstständigkeit ihrer Küche, obgleich sie es nie weder zu dem französischen Raffinement, noch zu jener Ueberfeinerung der italienischen Kochkunst brachten, welche ihren vollsten Kunstgeschmack und Schönheitssinn in der goldenen Zeit der Mediceer bekundete. Doch wird die, nicht allzu mannichfaltige, mehr einfache Nationalküche der Spanier leider auch durch eine wenig geläuterte Erfindsamkeit und kenntnißlose Nachäffung des Fremden, häufig verkünstelt und verdrängt. Bekanntlich ist der Reisende in S. meist genöthigt seine Küche selbst zu machen; er muß ein Rebhuhn erhandeln, oder ein Paar Tauben, Eier etc. sich unterwegs zu verschaffen suchen. In den Gasthäusern selbst bekommt[331] er nur ein elendes Mischmasch französisch-spanischer Gerichte, und die eigentliche Nationalküche findet sich nur in den Häusern des mittleren Bürgerstandes und der wohlhabenden Bauern. Das Hauptgericht ist noch immer jenes schmackhafte Gemengsel von Hammelfleisch, Speck, Kohl, Carotten etc., der Puchero (s. d.), welcher bis zu einer weiten Ausdehnung und größern Zusammensetzung der Fleische und Gemüse zur Olla potrida (s. d.) wird. Man trägt Suppe, wie Fleisch und Gemüse in einer Schüssel auf und genießt dazu ein sehr seines, wohlschmeckendes Weizenbrod. Der Garbanzo, die große Kichererbse, ist des Spaniers Lieblingsgemüse. Höchst pikante Saucischen, Chorizos von unübertrefflicher Feinheit bereitet man in Estremadura. Süße, spanische Zwiebeln, Tomaten (Liebesäpfel), Rettige etc. ißt der gemeine Mann mit großem Appetite roh. An Festtagen bäckt man meist Eierkuchen in Oel, welches letztere gewöhnlich an die Stelle der seltenen Butter zum Schmelzen verbraucht wird, ißt pikante Zwiebelsuppen mit Oel und Stockfisch, oder verzehrt frei aus der Hand das kühlende Mörsergericht Gaspacho, eine Mischung von Knoblauch, Pimiento, Olivenöl, seinem Weizenbrod, Gurken, Essig und Wasser, welche zugleich ungemein nervenstärkend ist. Bei den Reichen jedoch erhält der Gaspacho eine complicirtere Gestalt und nimmt noch eine Füllung von marinirten Fischen, Krebsen und Tomaten mit gallertartigen Umgebungen auf. Noch ist eine Art von Fricassée aus Geflügel, Wildpret, Knoblauch, Zwiebeln etc. zu erwähnen, welche man Guisado nennt. Ganz eigenthümlich wird der Reis in Valencia bereitet. Alle Körner liegen einzeln, gesondert über einander, und erhalten durch Oel eine goldgelbe Farbe, welche in Folge der dazu kommenden Tomaten in's Röthliche hinüberschimmert. In allen Provinzen S's ist dieser Arroz a la V alenciana ungemein beliebt. Unter den Getränken ist dem Spanier das liebste die Chocolade, welche er Morgens, Nachmittags und Abends genießt. Häufig trinkt man auch frisches Wasser, worein Zuckerbrode getunkt werden[332]
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