Stöhr

[433] Stöhr, eine Gattung aus der Familie der Kleinmäuler, zur Ordnung der Knorpelfische gehörend. Der eigentliche oder gemeine S. ist mit 5 Reihen knöcherner Schilder bedeckt, die sich in der Mitte etwas erheben. Seine Farbe ist oben blaugrün, unten grauweiß. Den langen, abschüssigen Kopf bedecken 8 rautenförmige Schilder. Der röhrenförmige Mund ist rund und stets offen. Seine Heimath ist fast überall in den europäischen Meeren, und sein Aufenthalt in mehreren Strömen, in der Wolga, Oder und Elbe, im Rhein und der Ems. Das Fleisch, welches sowohl frisch, als eingesalzen und marinirt genossen wird, war in den ältesten Zeiten bei den Römern sehr beliebt; denn man bekränzte den Fisch und brachte ihn unter Musik auf die Tafel. Es ist fett und süßlich, [433] vorzüglich im Sommer. Im Ob in Sibirien sind diese Fische so groß, daß ein Weibchen 200 Pfund Rogen und ein Männchen 150 Pfund Milch gibt. Mit dem Rogen aller Stöhrarten oder dem sogenannten Caviar (s. d.) wird ein beträchtlicher Handel getrieben, und in Astrachan allein werden in einem Jahre mehrere hundert Tonnen versendet. – Eine andere Art S. ist der Sterlet, welcher nur 3 Reihen Schilder hat und höchstens 5 Fuß lang wird. Seines schmackhaften Fleisches wegen ist er sehr gesucht und daher selbst in Petersburg theuer. Sein sehr schwarzer Caviar ist höchst vorzüglich und übertrifft jeglichen andern. Eine dritte Sorte, die wichtigste, der Haufen, wird bis 24 F. lang, und erreicht dann ein Gewicht von 2000 Pfund. Man trifft ihn im schwarzen, kaspischen und Mittelmeere an, aus welchen er in die Flüsse und Ströme geht; vorzüglich häufig findet er sich in dem Wolga-, Jaik- und Donaustrom ein. Sein Fang ist von großer Wichtigkeit, da mit dem daraus verfertigten Caviar und der Hausenblase ein starker, auswärtiger Handel getrieben wird. Man verfertigt aus letzterer englisches Pflaster und Mundleim, gebraucht sie zum Klären des Weins und Biers, auch zur Bereitung seiner Gelées. Mit Branntwein versetzt gibt sie einen guten Kitt für Brüche an Porzellan und Glas. Die Haut des Hausen wird ausgespannt, getrocknet und von den Russen und Tataren statt der Fensterscheiben gebraucht.

4.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 433-434.
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