Wachs

[365] Wachs, das feste vegetabilische Fett, welches den Beeren des Wachsstrauches und Wachsbaumes etc. zur äußeren Hülle dient, in größerer Menge aber von den Bienen (s. d) aus süßen Pflanzensäften bereitet, und zum Bau der Zellen benutzt wird. Alte Stöcke liefern gelbes und röthliches, junge weißliches (Jungfern-) W., für den Handel bleicht man indeß meist beide Sorten. Der häufige Gebrauch des W. in der Medicin und Haushaltung (Lichter etc), zu Modellen, zum Siegeln, Poliren etc. macht es zu einem lucrativen Handelsartikel, namentlich in katholischen Ländern, wo der Bedarf in den Kirchen etc. ungeheuere Massen verzehrt. Die besten Wachslichter kommen von Paris, Venedig und Hamburg. Wachsfiguren werden entweder gegossen oder bossirt. Bei den Griechen und Römern existirte eine eigene Klasse von Künstlern, welche die zierlichsten Figürchen, Früchte, Blumen, Kränze, Obstschalen etc. von Wachs herstellten, und damit Tempel und Häuser schmückten. Namentlich fehlte im Schlafzimmer der reichen Römerin selten der in W. schön bossirte Amor. Als Erfinder der lebensgroßen Wachsfiguren, die je nach der Geschicklichkeit des Künstlers mehr oder minder täuschende Aehnlichkeit besitzen, gilt ein Arzt de Nones, in Genua zu Ende des 17. Jahrh. lebend Später wurde diese Kunst durch Ercole Lelli, Giovanni Manzolini, Anna Manzolini[365] Calza, Ferrini, Fontana, Pinson etc. auf einen hohen Grad von Vollkommenheit gebracht, doch wird nur selten ein gebildetes Wesen, am wenigsten die zartfühlende Frau, reinen Kunstgenuß in unsern Wachsfigurencabineten finden. Trotz der sprechendsten Aehnlichkeit wirken die W. auf uns nur als Luggebilde, die eben durch ihr Scheinleben ihren wirklichen Tod um so klarer machen; sie überschreiten die Linie, welche das Kunstwerk von der Natur trennt, und erregen durch ihre Seelenlosigkeit Schaudern und Widerwillen. Nervenschwachen Frauen sollte der Besuch eines solchen Cabinets ohnehin nie gestattet sein. – Wachsleinwand oder Wachstuch führt jetzt nur mit Unrecht diesen Namen, denn statt des Wachses bedient man sich schon seit längerer Zeit des Leinölfirnisses zum Ueberziehen von locker und durchsichtig gewebter Leinwand, um diese dadurch gegen Feuchtigkeit und Nässe undurchdringlich zu machen. Zu Teppichen, Tischdecken, Tapeten etc. ist die W. jetzt recht en vogue, und verdient es auch, denn man erhält sie zu mäßigen Preisen äußerst elegant und zweckmäßig. Die feineren, theils einfarbigen, theils marmorirten oder mit Zeichnungen ausgemalten, Sorten kommen von Paris, Lyon, Leipzig, Berlin, Wien etc. Ueber Wachsperlen s. Perlen.

4.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 365-366.
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