[725] Wert ist das Correlat, der Niederschlag, die Setzung des Wertens (Schätzens). Dieses besteht in der gefühlsmäßig-unmittelbaren oder urteilenden (beurteilenden) Beziehung eines Objects auf ein (wirkliches oder mögliches, einzelnes oder allgemeines) Wollen, Bedürfen, Zwecksetzen. Wert ist (hat) etwas, insofern es in irgend einem Grade als begehrbar erscheint seiner Brauchbarkeit für einen zwecksetzenden Willen wegen. Ohne zwecksetzenden Willen, ohne Bedürfnis kein Wert. An sich (im erkenntnistheoretischen Sinne) gibt es keine Werte, aller Wert ist subjectiv und relativ, insofern er ein Subject überhaupt voraussetzt. Aber es gibt außer den individuell-subjectiven auch allgemein-objective (allgemeingültige, anerkannte) Werte, d.h. Werte, die es für jedes gleichorganisierte Wesen sind oder sein sollen. es gibt ferner eingebildete und echte, wahre Werte, je nachdem die Wertung auf zufälligen Impulsen und Erwägungen, oder auf einem Werte beruht, dem die gesetzte Beziehung auf einen Zweck auch wirklich entspricht, und es gibt Eigen- und Fremdwert. Dasjenige, um dessentwillen etwas gewertet wird, ist das Wertfundament (die Wertgrundlage). Indirecten (mittelbaren) Wert hat alles, was geeignet ist, Wertobjecte zu schaffen. »Wert« heißt sowohl die Wertsetzung als auch das als wertvoll Beurteilte. Wertgefühle sind Gefühle, die sich an Wertungen knüpfen, die zu Wertungen gehören. Werturteil ist ein Urteil, in welchem (primär, oder reflexiv-secundär) etwas als wertvoll (bezw. wertlos) gesetzt oder anerkannt wird. Nach der Qualität gibt es wirtschaftliche, ethische, ästhetische u. a. Werte. Die Art und die Intensität des Wertens macht innerhalb der geschichtlichen Entwicklung einen Wandel durch. Werten und Wert sind causale Factoren der Culturentwicklung. Unwert ist negativer[725] Wert, nicht bloßer Wertmangel. Bewerten ist Beurteilung des Wertgrades.
Gebrauchs- und Tauschwert unterscheidet AD. SMITH: »The word value, it ts to be observed, has two different meanings and sometimes expresses the utility of some particular object, and sometimes the power of purchasing other goods, which the possesion of that object conveys. The one may be called value in use, the other value in exchange« (Wealth of Nat.4, 1855, p. 13). – Nach KANT hat nur der sittliche Wille absoluten Wert. »Die Nützlichkeit oder Fruchtlosigkeit kann diesem Werte weder etwas zusetzen noch abnehmen« (Grundleg. zur Met. d. Sitt. 1. Abschn., S. 22 f.). – Nach G. E. SCHULZE richten sich die Werturteile immer nach den Gefühlen (Psych. Anthropol. S. 329). Auch nach FRIES bestimmt das Gefühl Wert und Unwert der Dinge (Psych. Anthropol. § 46). gut ist, »was nach Begriffen gefällt« (l. c. § 47). Nach BIUNDE ist das Gefühl das Princip aller Wertbestimmung der Dinge. Auf einem sinnlichen oder vernünftigen Gefallen beruht alle Wertschätzung. Das Gefühl für Kraft ist das höchste Wertungsprincip (Empir. Psychol. II, 228 ff.). BENEKE erklärt: »Wir schätzen die Werte aller Dinge nach den (vorübergehenden oder bleibenden) Steigerungen und Herabstimmungen, welche durch dieselben für unsere psychische Entwicklung bedingt werden. Diese Steigerungen und Herabstimmungen aber können sich auf dreifache Weise für unser Bewußtsein ankündigen: 1) In ihrem unmittelbaren Gewirktwerden. 2) In ihren Reproductionen als Einbildungsvorstellungen. Hierdurch wird die Wertschätzung der Dinge oder die praktische Weltansicht begründet. 3) In ihren Reproductionen als Begehrungen, Wollungen etc., welche namentlich die Gesinnung des Menschen und die Grundlage seines Handelns bilden. In allen drei Formen messen wir die Werte der Dinge gegeneinander unmittelbar in dem Nebeneinandersein der durch sie bedingten Steigerungen oder Herabstimmungen, meistenteils ohne daß wir dies noch wieder in einem besondern Bewußtsein reflectierten« (Lehrb. d. Psychol.3, § 256). »Die Höhe der Steigerungen und Herabstimmungen, welche in uns entstehen, wird bedingt teils durch die Natur unserer Urvermögen, teils durch die Natur der Reize oder Anregungen, teils endlich durch die den tiefsten Grundgesetzen der psychischen Entwicklung gemäß erfolgenden Aneinanderbildungen der aus den Verbindungen beider hervorgehenden Acte. Inwieweit nun diese Factoren für alle Menschen auf gleiche Weise gegeben sind, insoweit müssen auch ihre Producte, d.h. die Wertschätzungen und Wollungen, in allen Menschen auf gleiche Weise gebildet werden: die einen mit höherer, die anderen mit niederer Steigerung und Spannung. Vermöge der hierdurch bedingten Abstufungen, welche sich bei allen Gütern und Übeln (Steigerungen und Herabstimmungen) mit der größten Klarheit und Entschiedenheit nachweisen lassen, ist eine für alle Menschen gültige praktische Norm gegeben. Inwiefern, in Kraft jener bei allen Menschen gleichen Entwicklungsmomente, eine Steigerung als eine höhere bedingt ist: insofern ist auch der Wert, welcher durch sie vorgestellt wird, allgemeingültig ein höherer« (l. c. § 257. vgl. Grundlin. d. Sittenlehre I, 231 ff.. Grundlin. d. Naturrechtes... I, 41 ff.). Diese allgemeingültige Norm ist das Sittliche. »Die völlig reine und ungestörte Entwicklung aller Wertvorstellungen und Begehrungen würde zugleich eine voll kommen sittliche sein, und die Vorschrift für das sittliche Handeln in der Formel ausgedrückt werden können, daß man in jedem Falle dasjenige tun solle,[726] was nach der (objectiv- und subjectiv-)wahren Wertschätzung als das Beste (das Natürlich-Höchste) sich ergibt« (Lehrb. d. Psychol. § 258. Grundlin. d. Sittenlehre II, 411 ff.. vgl. I, 89 ff.). Die Abweichungen von der sittlichen Norm sind der »übermäßige Schätzungsraum« (Lehrb. d. Psychol. § 259). Die richtige Wertschätzung kündigt sich mit dem Gefühl der Pflicht, des Sollens an (l. c. § 260 ff.. über Recht vgl. § 264 u. Grundlin. d. Naturrechtes... S. 84 ff., 102 ff.).
Nach LOTZE ist ein unbedingt Wertvolles ein Widerspruch (Mikrok. II2, 314. vgl. S. 319). So auch nach L. KNAPP (Syst. d. Rechtsphilos. S. 173) u. a. Nach FECHNER ist Wert der »Maßstab der Güte« (Vorsch. d. Ästhet. i, 24). Im Werten kommt das Webersche Gesetz (s. d.) zur Geltung (Elem. d. Psychophys. I, 236). Nach ULRICI hat einen Wert für uns, was »zu unseren Wünschen und Absichten, Zwecken und Zielpunkten in Beziehung steht« (Gott u. d. Nat. S. 604). M. CARRIERE bemerkt: »Alles, was wir erfahren und tun, empfinden oder vollführen, bestimmt unser inneres Wesen und erweckt damit Lust oder Unlust unseres Selbstgefühls. dadurch ergibt sich uns sein Wert für uns, indem die Dinge, die Handlungen nicht gleichgültig sind, sondern unser Selbst hemmen oder fördern« (Sittl. Weltordn. S. 165). CZOLBE erklärt: »Der Wert jeder objectiven Sache besteht... in dem subjectiven Glücke, was man dafür erreicht« (Gr. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. 11). ÜBERWEG bestimmt: »Wertunterschiede knüpfen sich unmittelbar an die psychischen Functionen selbst, mittelbar aber an alles, was eben diese psychischen Functionen bedingt. Ein Gut ist dasjenige, was solche psychischen Functionen möglich macht, welche sich durch Lust- oder Achtungsgefühle als etwas Wertvolles bekunden« (Welt- u. Lebensansch. S. 433). Nach PAULSEN liegt der Wert in der Sache selbst, nicht in der Lust (Syst. d. Eth. I5, 266).
In verschiedener Weise wird das Wertphänomen auf Bedürfnis, Begehren Willen zurückgeführt. Nach NIETZSCHE sind alle Wertschätzungen nur Folgen des Willens zur Macht (s. d.). Objectiv mißt sich aller Wert nach dem Quantum gesteigerter, organisierter Macht (WW. XV, 311, 313 f.). Die sittlichen, die Werte überhaupt bedürfen einer »Umwertung« im Dienste des Machtprincips (s. Sittlichkeit, Gut). – Nach O. LIEBMANN ist der Wert »keine Eigenschaft oder Qualität des beurteilten Objects, sondern eine Relation desselben zum urteilenden Subject. und zwar diejenige, vermöge welcher es anderen Objecten derselben Gattung aus irgend einem Gesichtspunkt vorgezogen wird« (Anal. d. Wirkl.2, S. 563). Im Leben der Menschheit wirken die Werturteile als Factoren der Wirklichkeit (l. c. S. 565). Nach E. v. HARTMANN ist zum Zustandekommen einer Wertbestimmung notwendig: die logische Vorstellungsfunction, das Gefühl, der zwecksetzende Wille (Der Wertbegriff u. d. Lustwert, Zeitschr. f. Philos. 106. Bd., 1895, S. 20 ff., 22). Werte sind, was sie sind, »an und für sich, ohne es erst durch eine Anerkennung zu werden und ohne einer solchen zu bedürfen. sie sind, weil sie durch Willen und Vorstellung als zweckdienliche Mittel gesetzt sind« (l. c. S. 25). Fünf Wertmaßstäbe gibt es: Lust, Zweckmäßigkeit, Schönheit, Sittlichkeit, Religiosität (Zur Gesch. u. Begründ. d. Pessim.2, S. 1). Es ist »die charakterologische Willensbestimmtheit, welche durch die Erhebung gewisser Vorstellungen zu Motiven die subjectiven Werte schafft und prägt, und das Gefühl ist nur eine passive Bewußtseinsspiegelung dieser Wertschöpfung durch den Willen von allerdings symptomatischer Bedeutung für das Bewußtsein« (Mod. Psychol. S. 279). H. SCHWARZ definiert: »Wert nennen[727] wir alle mittelbaren oder unmittelbaren Willensziele« (Psychol. d. Will. S. 34). Die Gefühle sind »Zustandswerte« (l. c. S. 36 f.). Es gibt ferner »Personwerte« (Macht, Ruhm u.s.w.) und »Fremdwerte« (l. c. S. 42 ff.). diese zerfallen in altruistische und inaltruistisch-ideelle Fremdwerte (Wahrheitsgedanke etc.) (l. c. S. 42 ff.). »Wert ist alles, dessen Sein wir lieber wollen als sein Nichtsein, Unwert alles das, dessen Nichtsein wir lieber wollen als sein Sein« (l. c. S. 318). Werthalten ist ein Name für die Willensacte des Gefallens, Mißfallene und Lieberwollens (l. c. S. 318). Indem das Motivgesetz (s. d.) vorschreibt, was wir wert oder unwert halten müssen, was gefällt und mißfällt, ist es ein Wertgesetz (l. c. S. 78).
Nach ROSCHER ist der wirtschaftliche Wert eines Gutes »die Bedeutung, welche dasselbe für das Zweckbewußtsein des wirtschaftlichen Menschen hat« (Grundlag. d. Nationalökon.17, 1883, S. 8). Eine (von HILDEBRAND, GOSSEN, JEVONS vorbereitete) eigene Werttheorie stellt die »österreichische Schule« der Nationalökonomen (K. MENGER, V. WIESER, V. BÖHM-BAWERK) auf, in welcher die Lehre vom »Grenznutzen« bedeutsam ist. Nach MENGER ist der Wert (wirtschaftlich) »die Bedeutung, welche concrete Güter oder Güterquantitäten für uns dadurch erlangen, da, wir in der Befriedigung unserer Bedürfnisse von der Verfügung über dieselben abhängig zu sein uns bewußt sind« (Grdz. d. Volkswirtschaftslehre 1871, I, 78). Der Wert ist etwas Subjectives (l. c. S. 81, 86). Der Wert ist »ein Urteil, welches der wirtschaftliche Mensch über die Bedeutung der in ihrer Verfügung befindlichen Güter für die Aufrechterhaltung ihres Lebens und ihrer Wohlfahrt fällt«. »Der Wert einer Teilquantität der verfügbaren Gütermenge ist... gleich der Bedeutung, welche die am wenigsten wichtige der (durch die Gesamtquantität noch gesicherten und mit einer gleichen Teilquantität herbeizuführenden) Bedürfnisbefriedigungen für sie [eine Person] hat« (l. c. S. 99 = Grenznutzentheorie, Ausdruck von WIESER, Üb. d. Urspr. u. d. Hauptges. d. wirtsch. Wertes, 1884, S. 128. vgl. S. 23. bei EHRENFELS: »Grenzfrommen«. vgl. BÖHM-BAWERK, Capital u. Capitalzins, 1889, S. 137, 143, 157). Nach KREIBIG ist das Grenznutzengesetz ein Specialfall des allgemeinen Beziehungsgesetzes für das Wertgefühlsleben, Werttheor. S. 104.
A. MEINONG erklärt: »Den Wert eines Objectes repräsentiert die Motivationskraft, die diesem Objecte vermöge seiner eigenen Natur wie vermöge der Beschaffenheit seiner Umgebung und der des betreffenden Subjectes zukommt« (Über Werthalt. u. Wert, Arch. f. system. Philos. I, 341). Der Wert eines Objectes besteht in dessen Wertgehalten-werden-können. »Ein Gegenstand hat Wert, sofern er die Fähigkeit hat, für den ausreichend Orientierten, falls dieser normal veranlagt ist, die tatsächliche Grundlage für ein Wertgefühl abzugeben« (Werttheor. S. 25 ff.). Es gibt wahre und eingebildete Werte (l. c. S. 75 ff.). Das Wertgefühl entspringt einem Urteil über die Existenz des Wertobjectes (l. c. S. 21. s. aber unten). »Werthaltung ist Existenzgefühl« (Üb. Annahm. S. 248). Werthalten ist »das durch die Überzeugung von Dasein oder Nichtdasein eines Objects ausgelöste Gefühl« (l. c. S. 251). Bewerten ist das Werturteil (ib.). Werten ist das Verhalten desjenigen, »der auf die Annahme von der Existenz oder Nichtexistenz, eines Objectes mit dem... Phantasiegefühl reagiert« (l. c. S. 252). nicht alle Wertgefühle gehen auf Urteilsgefühle zurück: (l. c. S. 252 f., s. Werttheorie). Ähnlich definiert den Wert HÖFLER (Psychol. S. 421 ff.). Wertgefühle sind »diejenigen Urteilsgefühle, in welchen die Überzeugung vom Dasein des Wertgehaltenen Lust, die Überzeugung vom Nichtdasein Unlust zur Folge hat« (l. c. S. 402). Nach CHR. EHRENFELS schreiben wir den Dingen[728] Wert zu, weil wir sie begehren (Syst. d. Werttheorie I, 51). »Der Wert eines Dinges ist seine Begehrbarkeit« (l. c. S. 53). »Wert ist eine Beziehung zwischen einem Objecte und einem Subjecte, welche ausdrückt, daß das Subject das Object entweder tatsächlich begehrt oder doch begehren würde, falls es von dessen Existenz nicht überzeugt wäre.« »Die Größe des Wertes ist proportional der Stärke des Begehrens« (l. c. S. 65). Werten (Werthalten) ist »sich des Wertes bewußt sein, welchen ein beliebiges Object für einen besitzt« (l. c. S. 70). Bewerten ist »die Größe des Wertes eines Objectes entweder absolut oder relativ zu anderen Werten herstellen« (ib.). Wertgeben ist »den zu Bewußtsein gebrachten Wert dem Objecte entweder als Beziehung oder im übertragenen Sinne als Eigenschaft zuschreiben« (l. c. B. 70 f.). Werturteil ist »jenes Urteil, welches den Bestand irgend einer Wertrelation anerkennt« (l. c. S. 71). Es gibt »Eigenwerte« und »Wirkungswerte« (l. c. I, 77). Ein Kampf ums Dasein der Wertungen besteht (l. c. S. 146 ff.). »Wert (oder Unwert) werden wir... einem wirklichen oder bloß gedachten Gegenstande insofern zuschreiben, als bei einem bestimmten Subjecte die nach Tunlichkeit anschauliche und lebhafte Vorstellung seine Verwirklichung gegenüber derjenigen seiner Nichtverwirklichung (oder Glücksminderung) zu bewirken vermag« (Von der Wertdefin. zum Motivationsges., Arch. f. syst. Philos. II, 116). Nach F. KRÜGER ist wertvoll, was mit relativer Constanz begehrt wird (Der Begriff des absolut Wertvollen, 1898). – Nach R. GOLDSCHEID sind wahre Werte nur jene, »die ein notwendiges Begehren des Menschen befriedigen«. wahrhaft wertvoll ist, was zur Erhaltung des Menschen dient und was seine Entwicklung fördert (Zur Eth. d. Gesamtwill. I, 99). Nur jene Wertungen behalten dauernde Geltung, die notwendige Glieder einer Association von objectiven Werten sind. Als Werte sind nur solche Lustmomente zu betrachten, deren Bestand aufrecht erhalten werden muß, wenn der menschliche Organismus überhaupt lustbetont functionieren soll (l. c. S. 76). Nach HÖFFDING ist der Wert »die Eigenschaft eines Dinges, daß es eine unmittelbare Befriedigung herbeiführt oder das Mittel für eine solche werden kann. Der Wert kann also unmittelbar oder mittelbar sein« (Religionsphilos. S. 10 f.). Potentieller Wert ist die Möglichkeit eines unmittelbaren Wertes (l. c. S. 11). »Wert hat alles, was Befriedigung herbeiführt oder einem Bedürfnisse abhilft.« »Was uns als Mittel erscheint, um ein unmittelbar Wertvolles zu gewinnen, erhält mittelbaren Wert für uns.« »In unseren Werten und unseren Zwecken gibt sich das innere Wesen unseres Fühlens und Wollens kund« (Philos. Probl. S. 85). Die Erfahrung zeigt, »daß für verschiedene Individuen, und für dasselbe Individuum zu verschiedenen Zeiten, verschiedene Werte Gültigkeit haben«. »Sollen verschiedene Werte miteinander verglichen werden, – und jede bewußte Wertung besteht in einem solchen Vergleichen, – so muß ein Grundwert vorausgesetzt werden, nach dem sich die Rangfolge der verschiedenen Werte feststellen läßt.« Von einem gegebenen Werte läßt sich »ein Wertungssystem construieren, in welchem jeder einzelne Wert seinem Verhältnisse zum Grundwerte gemäß seinen Platz erhält« (l. c. S. 85 f.). »Jedem Gefühle entspricht ein Wert. So bekunden das Lebensgefühl, das intellectuelle, das ästhetische und das ethische Gefühl verschiedene Arten von Werten« (l. c. S. 96. s. Religion). RIEHL erklärt: »Das Wirkliche, auf uns Wirkende wird nicht bloß mit dem Verstande erfaßt, es wird auch mit dem Gemüte erlebt, durch das Gefühl geschätzt, von dem Willen erstrebt. Solchergestalt entspringen Ideen oder Werte.« Das Werturteil ist niemals rein theoretisch, es reizt, treibt zum Schaffen, Nachschaffen. »Gefühls- und[729] Willensurteile haben nicht bloß praktische Folgen, sie sind an sich selbst praktisch, nämlich Weisen der Selbstbetätigung« (Zur Einführ. in d. Philos. S. 171 f.). »Aus Werten erwächst, auf Werten beruht unser geistiges Leben... Alle Werte sind geistige Werte«. »Die Probleme der Lebensanschauung sind Wertprobleme« (l. c. S. 172 f.). Werte werden nicht erfunden, sondern entdeckt (l. c. S. 176. vgl. S. 9). – B. ERDMANN erklärt die Werturteile als Urteile, durch die Gegenstände als Subjecte an Normen oder ihren Gegenstücken als Prädicaten gemessen werden (Log. I, 315 f.). Nach C. STANGE ist für den Wertbegriff von constituierender Bedeutung »die Übereinstimmung mit einer Norm« (Einl. in d. Eth. 1I, 64 f.). Das Wertgefühl ist »nur der durch die Empfindung wiederholte Ausdruck für die nicht erst durch die Empfindung constatierte Übereinstimmung mit der Norm« (l. c. S. 65). Als gültige Normen bestimmt die Werte L. BUSSE (Philos. u. Erk.). Nach O. RITSCHL sind Werturteile Urteile über einen Tatbestand, die von einem Gefühlston begleitet sind (Über Werturteile 1895, S. 22 ff.). M. REISCHLE bestimmt: »Wert messe ich einem Gegenstand bei, von dem ich reflectierend gewiß bin, daß seine Wirklichkeit meinem Gesamt-Ich Befriedigung gewährt oder gewähren würde, und zwar eine höhere als seine Nichtwirklichkeit« (Werturteile und Glaubensurteile 1900, S. 41).
Auf dem Gefühl beruht nach SCHUPPE jede Wertschätzung (Grdz. d. Eth. S. 7 f.). »Die Lust hat nicht Wert, sondern ist der Wert, welchen die lusterzeugende Sache als den ihrigen hat« (l. c. S. 34). Das absolut Wertvolle ist das Bewußtsein. die absolute Wertschätzung ist »die Lust am Bewußtsein« (l. c. S. 108). »Etwas um der Lust willen schätzen, welche es mit absoluter objectiver Notwendigkeit in jedem Menschenbewußtsein direct aus sich selbst hervorbringt, heißt, es um seiner selbst willen schätzen« (l. c. S. 45). GIZYCKI erklärt: »Der Wert der Güter ist... abzuschätzen gemäß der Größe der durch sie herbeigeführten Freude oder abgewehrten Unlust« (Moralphilos. S. 15). A. DÖRING erklärt: »Der eigentliche Grund, daß einem Object in irgend einem Maße Wert beigemessen wird, beruht auf der Erregung des Gefühls durch dasselbe« (Philos Güterlehre, S. 2). Das Gefühl bejaht oder verneint den Wert (ib.). Die Lust an sich ist der letzte Wert für das Individuum (l. c. S. 3). Auf Intensität und Dauer der Lust oder Unlust beruhen alle quantitativen Unterschiede der Werte oder Unwerte (ib.). Das Werturteil ist »nur das explicierte, auf eine höhere Bewußtseinsstufe erhobene, auf einen Verstandesausdruck gebrachte, begrifflich in die Form der Entgegensetzung von Subject und Prädicat gebrachte Gefühl, eine in Urteilsform gebrachte Reflexion über die Tatsache eines Gefühlszustandes« (l. c. S. 5). Es gibt keinen Wert an sich (l. c. S. 331). »Der subjective Wert beruht auf der Lust des Subjects selbst, dem ein Gut zuteil wird, der objective auf der durch das Wertsubject in einem anderen fühlenden Wesen erregten Lust« (ib.). »Objectiver Wert ist heilsame Bedeutung für etwas« (l. c. S. 336). Nach LIPPS heißt: Ein Ding hat Wert soviel wie: »Es liegt in ihm die Möglichkeit, ein bestimmtes Wertgefühl oder Gefühl der Lust, der Freude, der Befriedigung, zu erzeugen« (Eth. Grundfrag. S. 122 f.). Nach JODL ist das Gefühl der letzte Wertmesser (Psychol. S. 718) Nach KREIBIG ist Wert im allgemeinen eine »gefühlsmäßige Bedeutung« (Psychol. Grundleg. ein. Syst. d. Wert-Theor. 1902, S. 3). Wert ist »die Bedeutung, welche ein Empfindungs- oder Denkinhalt vermöge des mit ihm unmittelbar oder associativ verbundenen actuellen oder dispositionellen Gefühles für ein Subject hat« (l. c. S. 12). »Der[730] positive Wert entspricht der verbundenen Lustqualität, der negative der verbundenen Unlustqualität. das unmittelbare Verbundensein constituiert den Eigenwert, das associative den Wirkungswert« (ib.). Das Gefühl ist das Fundament des Wertes (l. c. S. 27). Es gibt drei Wertgebiete (Autopathik, Heteropathik, Ergopathik S. 16). Nach J. COHN ist in jedem schematisch vorgestellten seelischen Vorgang ein Gefühl enthalten, »welches zu einer positiven oder negativen Wertung des Empfundenen führt« (Beiträge zur Lehre von den Wertungen, Zeitschr. f. Philos. Bd. 110, 1897, S. 219 ff.). Es gibt intensive (Eigenwert) und consecutive (Wirkungswert) Wertung (l. c. S. 246). H. CORNELIUS bestimmt: »Die Qualitäten, welche wir den Dingen vermöge ihrer erfreulichen Wirkungen auf unseren Gefühlszustand beilegen, pflegen wir zusammenfassend als wertvolle Qualitäten, die entgegengesetzten als minderwertige zu bezeichnen. Wir beurteilen den Wert eines Dinges eben danach, inwieweit wir es als Bedingung erfreulicher Erlebnisse kennen oder zu kennen meinen« (Einl. in d. Philos. S. 338 f.). Der Begriff des Wertes faßt Erfahrungen über Gefühlswirkungen zusammen (l. c. S. 339). Persönlichkeitswerte sind an die Gefühlswirkungen, welche durch die Factoren der geistigen Persönlichkeit bedingt sind, geknüpft (l. c. S. 341 f.). Ein Wert kann bestehen, ohne daß wir ihn als solchen kennen, beurteilen (l. c. S. 343 f.).
Nach L. NOIRÉ ist der Wert »der Ausdruck für jenes Maß der Anstrengung, welche der subjective Factor, der eigentumsfähige Mensch machen muß, um in den Besitz eines Gegenstandes zu gelangen, um eine äußere Kraft an seine Rechtssphäre zu binden« (Einl. u. Begr. ein. monist. Erk. S. 166). Nach SIMMEL ist die Tatsache des Wertes ein Urphänomen (Philos. d. Geld. S. 6). Der Wert ist etwas Subjectives, zugleich gibt es aber eine »übersubjective Gültigkeit« gewisser Werte (l. c. S. 7 ff., 10). Nach IHERING ist der Wert »die Tauglichkeit eines Dinges für irgend einen Zweck« (Zweck im Recht I, 88). – Nach WUNDT ist die Bedingung von Werturteilen das Dasein freien menschlichen Willens (Eth.2, S. 4). Die Wertbegriffe liegen außerhalb des Gesichtskreises der dem Princip des psychophysischen Parallelismus (s. d.) subsumierbaren Erfahrungsinhalte, sie sind nur psychologisch, nicht physiologisch-physikalisch erkennbar (Gr. d. Psychol.5, S. 391 f.). Die psychischen Werte können wachsen, ohne daß die parallel gehenden Massen und Energien sich verändern (l. c. S. 395). Während die physische Messung es mit »quantitativen Größenwerten« zu tun hat, bezieht sich die psychische Messung auf »qualitative Wertgrößen, d.h. auf Werte, die bloß mit Rücksicht auf ihre qualitative Beschaffenheit nach Graden abgestuft werden können« (l. c. S. 395 f.). – Vgl. H. CORNELISSEN, Theorie de la valeur. ROB. EISLER, Stud. zur Werttheorie, 1902. K. BÖHM, Aufgab. u. Grundprobl. d. Werttheorie, 1900 (ungar.). – Vgl. Werttafel, Werttheorie.
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