Anhalt [1]

[192] Anhalt, der Name zweier Herzogthümer des deutschen Bundes, A.-Dessau Köthen und A.-Bernburg, 46 QM. groß (davon kommen auf A.-D.-K. 31 QM. auf A.-B. 15 QM.) mit 160341 E., Protestanten (A.-D.-K. 107700 E., A.-B. 52641 E.). Die anhaltinischen Lande bestehen geographisch aus 2 Stücken; das größere liegt umgeben von Preußen an der Elbe und Saale, das kleinere westliche, von Preußen, Hannover und Braunschweig umgeben, am Harze. Politisch scheiden sie sich nach dem Aus sterben der Köthener Linie ebenfalls in 2 Theile: A.-D.-K. und A.-B., deren Größe und Bevölkerung oben angegeben ist. Das Land ist im allgemeinen fruchtbar und wohlangebaut, der Theil am Harze hat Bergbau auf Silber, Eisen, Blei und Antimon. Maß, Gewicht und Münzwährung ist wie in Preußen; 1852 beliefen sich die Staatsausgaben von A.-D.-K. auf 1100000 Thlr., die Staatsschuld auf 31/2 Mill. Thlr., das in Umlauf gesetzte Staatspapiergeld auf 41/2 Mill. Thlr.; von A.-B.: Staatsausgaben 836000 Thlr., Staatsschuld 2100000 Thlr., Papiergeld 1/2 Mill. [192] Thlr. A.-D.-K. stellt zum Bundesheer 700, A.-B. 300 Mann. Die bedeutendsten Orte in A.-D.-K. sind: Dessau, Zerbst, Jeßnitz, Oranienbaum, Köthen, Nienburg, Güsten, Roßlau; in A.-B.: Bernburg, Ballenstedt, Coswig, Harzgerode, Gernrode und Hoym. – Das anhaltinische Geschlecht gehört zu den ältesten deutschen Fürstengeschlechtern; um das Jahr 1000 n. Chr. kommt ein Graf Esiko von Ballenstedt vor, der erste geschichtlich beglaubigte Ahn des Hauses; dessen Enkel, Albrecht der Bär, Anhänger der Hohenstaufen, wurde Markgraf von Brandenburg (s. Albrecht d. B.), sein Sohn Bernhard kam durch Heinrich des Löwen Aechtung in den Besitz eines Theils von Sachsen und nannte sich Herzog von Sachsen; von dessen Söhnen erhielt Heinrich die Stammlande, der jüngere, Albrecht, Sachsen, und das Haus trennte sich nun in zwei, das sächsische oder askanische und das anhaltinische. Dieses schied sich abermals in 3 Linien (1251), die von Aschersleben, Alt-Bernburg und Zerbst-Dessau; die erste starb 1315 aus, die zweite 1468, die dritte, die sich in einen Zerbster und Dessauer Zweig gespalten, von denen der Zerbster 1526 erlosch, vereinigte unter Joachim Ernst 1570 wieder alle anhaltinischen Lande. Aber schon unter dessen Söhnen trat eine neue, vierfache Theilung (1586) ein: in Dessau, Bernburg, Zerbst, Köthen. Zerbst erlosch 1793 und wurde unter die 3 anderen getheilt; Köthen 1847 und wurde 1853 mit Dessau vereinigt. Im Jahre 1807 nahmen die Fürsten den Herzogstitel an und traten in den rheinischen Bund, 1814 in den deutschen, 1828 in den Zollverein; 1848 machte die Bevölkerung in ihrer Weise die revolutionären Sprünge nach und mußte sich seit 1850 eine Umkehr gefallen lassen. Von den Fürsten des Hauses A. haben einen geschichtlichen Namen: Leopold, der alte Dessauer, der unter Eugen bei Höchstädt und Turin focht, unter Friedrich II. von Preußen die Schlacht bei Kesselsdorf gewann, starb 1747; er war mit einer Apothekerstochter Anna Louise Föhs verheirathet, seine Kinder wurden aber von dem Kaiser in Reichsfürstenstand erhoben und sein Sohn, Leopold Friedrich, folgte ihm in der Regierung. Dessen Sohn Leopold Friedrich Franz, starb 1817, ein gemüthlicher, idealisirender Fürst, half Basedow das Philantropin gründen und wollte unter Blumen in seinem Garten begraben sein, den er selbst mit Liebe gepflegt hatte. Friedrich Ferdinand von A.-K., früher preuß. General und mit Julie, Gräfin von Brandenburg, natürlicher Tochter Friedrich Wilhelms II., vermählt, trat mit ihr 1825 zur kath. Kirche zurück; dieser Schritt veranlaßte Friedrich III., den Halbbruder der Herzogin, zu einem tadelnden, veröffentlichten Sendschreiben, während doch seine eigene Tochter bei ihrer Vermählung mit dem Großfürsten Nikolaus zur griechischen Kirche convertirt hatte.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 192-193.
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