Anhalt

76. Anhalt.
76. Anhalt.

[68] Anhalt, Herzogtum, deutscher Bundesstaat, benannt nach der Burg A. auf dem Hausberge im Unterharz, fast ganz von der preuß. Prov. Sachsen eingeschlossen, 2299 qkm, (1900) 316.085 E. (11.699 Katholiken, 1605 Israeliten), besteht aus zwei Hauptteilen, einem östl. (Dessau-Cöthen-Bernburg) und einem westl. (Ballenstedt), sowie 5 kleinern Enklaven. Hauptflüsse: Elbe, Mulde, Saale, Bode, Wipper, Fuhne, Selke. Ackerbau und Viehzucht bedeutend; wichtig die Salzgewinnung und Bergbau auf Kupferschiefer, Bleisilber-, Eisenerze, Braunkohle. Erzeugnisse der Industrie: Zucker (28 Fabriken), Maschinen, Eisengußwaren, Chemikalien, Düngesalze, Papier, Leder-, Zement-, Tonwaren, ansehnlich die Brauereien und Mühlen. Unterrichtsanstalten: 4 Gymnasien, 2 Realgymnasien, 1 Seminar u.a. – Einteilung in 5 Kreise: Dessau, Zerbst, Cöthen, Bernburg, Ballenstedt. Landgericht zu Dessau: obere Instanz preuß. Oberlandesgericht zu Naumburg. Verfassung (17. Sept. 1859) konstitutionell-monarchisch; Landtag: 36 Mitglieder; 2 Reichstagsabgeordnete; im Bundesrat eine Stimme. Zum Reichsheer stellt A. das 93. Infanterieregiment (8. Div. des 4. Armeekorps). Haupt-und Residenzstadt Dessau. – Wappen zeigt Abb. 76; Landesfarben: rot, grün, weiß; Hausorden Albrechts des Bären (seit 1836) und Verdienstorden.

Geschichte. Als geschichtlich beglaubigter Ahnherr des Hauses A. erscheint Graf Esiko von Ballenstedt (um 1030). Sein Enkel Otto (gest. 1123), Graf von Askanien und Aschersleben, vermehrte seinen Besitz durch einen Teil der Billungischen Familiengüter, das Erbteil seiner Gemahlin Eilika. Dessen Sohn Albrecht der Bär wurde der erste Markgraf von Brandenburg. Nach seinem Tode (1170) bekam sein Sohn Albrecht, dann Bernhard (gest. 1212) die Familienländer; letzterer, der Stammvater der jetzigen Herzöge von A., wurde nach Heinrichs des Löwen Entsetzung (1180) auch mit einem Titel von dessen Ländern beliehen und nannte sich Herzog von Sachsen. Von [68] seinen zwei Söhnen empfing der jüngere, Albrecht, Sachsen, der ältere, Heinrich (gest. 1251), die Stammländer (von da als selbständiges Territorium) und (1215) den Titel eines Fürsten von A. Von dessen Söhnen stiftete Heinrich II. die Ascherslebener Linie (bis 1315), Bernhard die ältere Bernburger (bis 1468), Siegfried die Dessau-Zerbster, die sich 1396 wieder in zwei Zweige teilte, von denen der Zerbster 1526 erlosch, und der Dessauer 1570 unter Joachim Ernst (gest. 1586) wieder alle anhalt. Länder vereinigte. Dessen Söhne teilten 1603 so, daß Johann Georg Dessau, Christian Bernburg, Rudolf Zerbst, Ludwig Cöthen erhielt, das 1665 den Söhnen des bei der Teilung mit Geld abgefundenen August zufiel. Von diesen vier Linien starb die Zerbster 1793 mit Friedrich August aus, worauf das Land 1797 unter die übrigen drei verteilt wurde. 1807 traten alle drei Linien unter Annahme des Herzogstitels dem Rheinbund, 1815 dem Deutschen Bund und 1828 unter Vorgang Bernburgs (1826) dem Zollverein bei. Als die Cöthensche Linie mit Herzog Heinrich 23. Nov. 1847 erlosch, ging die Regierung einstweilen an den Herzog von Dessau als Senior über; durch Vertrag vom 1. Jan. 1853 wurde Cöthen mit Dessau vereinigt. Als auch die Bernburger Linie mit Alexander Karl 19. Aug. 1863 ausstarb, wurden sämtliche anhalt. Lande unter Herzog Leopold (gest. 1871) zu einem Hrzt. A. vereinigt. Im Bundesbeschluß vom 14. Juni 1866 stimmte A. mit Preußen, trat 1867 dem Norddeutschen Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. 1869 kam ein Vergleich zwischen dem Herzog und dem Landtag über die Domanial- und Finanzfragen zustande. Regierender Herzog ist seit dem Tode Friedrichs I. (gest. 24. Jan. 1904) dessen Sohn Friedrich II. – Vgl. Knoke (1893), Lorenz (1893), Günther und Schneider (4. Aufl. 1904).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 68-69.
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