Mikromegas Ein Midas 1 war so winzig klein Als keiner aus dem Heer der Affen, Die Jupiter zum Scherz geschaffen, Und doch vor Sehnsucht groß zu seyn Schon oft bald aus der Haut gesprungen. Nichts ließ er unversucht; allein Noch ...
Minos und der Schatten Wer warst du auf dem Narrenrund? Sprach Minos einst im Richtertone Zu weiland einem Erdensohne, Der blaß vor seinem Sopha stund. Narr mit: erwiedert ihm der Schatten; Doch ach! zu spät ward ichs gewahr; Von zwölf ...
Monime Durch schöner Glieder Reiz, durch Schönheit des Verstands Erwarb Monime sich den Beifall Griechenlands; So manches Buhlers Herz besiegten ihre Blicke, Mit Wollust sah er sie, beschämt wich er zurücke. Denn war Monime schön: so war ihr Herz zugleich ...
Nänie Ihr schattichten Gebüsche Vernehmt mein Angstgeschrey! Auch ihr, ihr stummen Fische Stimmt meinen Seufzern bey! Beweint in bittern Klagen Des Schicksals Tyranney: Denn, ach, kaum kann ichs sagen, Mein Baßglas ist entzwey.
Neran Der Filz Neran lag krank. Um Beicht mit ihm zu halten, Berief man einen Mönch. Habt ihr, fieng dieser an, Ein neues Testament? Ein neues? rief Neran, Meynt ihr ich mache zwey? es war zu viel am alten.
Odoard und Isabelle Im Land der Allobrogen Lebt Fräulein Isabell: Sie schoß mit Pfeil und Bogen So gut als Wilhelm Tell: War jung und schön, doch spröde Und kalt für Lieb und Scherz; Auch gieng im Land die Rede, Sie ...
Pallas An den Erbprinzen von H.D. Prinz, um den Sohn Ulyssens groß zu bilden, Stieg Pallas einst von des Olymps Gefilden; Doch damals war sie braun und alt, Verhüllt in Mentors ernste Miene. Bey dir behielt sie ganz die ...
Philinde Philinde blieb oft vor dem Spiegel stehn; Denn alles kann man fast den Schönen, Nur nicht den Trieb, sich selber gern zu sehn Und zu bewundern, abgewöhnen. Dies ist der Ton, aus dem die Männer schmähn; Doch Mädchen, bleibet ...
Phlegon Wißt ihr, woher es kömmt, daß Phlegon seine Hand Dem reichen Gänschen Thais angetragen? Der blinde Amor schoß, mit ungewisser Hand, Statt in sein Herz, in seinen Magen.
Phöbus und der Hirtenknabe An Gellert. Als in Thessaliens Gefilden Apoll, der Exulant, voll Menschenfreundlichkeit Noch Gott im hänfnen Schäferkleid, Bemühet war die Hirten umzubilden; Da sein harmonischer Gesang Und seiner Flöte Zauberklang Durch die entzückten Fluren hallte, Und, angespornt von ...
Phryne Als Phryne vor dem Putzaltar Ihr balsamirtes schwarzes Haar Mit grauem Modepuder schmückte, Und mit dem Anstand einer Braut Auf ihre zarte Rosenhaut Ein ganzes Weltsystem von schwarzen Pflastern drückte, So trat Urania, die gute Fey, Die sie zur ...
Pipin Auf einem Schlosse der Vogesen, Das Blitzburg heißt, Spuckt, wie wir in der Chronick lesen, Ein Poltergeist. Ein Fräulein ists, halb Weib halb Drache, Aus Schwabenland, Von einer bösen Fey aus Rache Hieher gebannt. Es liegen hunderttausend Kronen Bereit ...
Pythagoras In Kroton starb ein armer Greis. Sein Freund, ein alter Pudel, harrte Fest bey ihm aus: den Todesschweiß Leckt er ihm vom Gesicht. Man scharrte Den Leichnam ein. Der fromme Hund Sprang wimmernd in den ofnen Schlund Und starb ...
Recept wider den Krieg Die Löwen fielen mit den Bären, In einen fürchterlichen Krieg; Wie Wasser floß in beyden Heeren Das Blut! Der flatterhafte Sieg Wand diesem hier, dort jenem Kronen. Der Kern der beyden Nationen Lag schon im trunknen ...
Rhynsolt und Lucia Umsonst wandt' Rhynsolt alles an, Ein reizend Weib, getreu dem Mann, Ein edles Herz zur Wollust zu verführen. Ihm öffnete sein hoher Stand ihr Haus; Allein sie wich des Fürsten Liebling aus Und ließ ihn die ...
Röschen »Mein trautes Röschen, letzten May Verschied Graf Woldemar; Er schenkte mir für meine Treu Zweyhundert Gulden baar.« »Nun, Liebchen, hab ich für uns Brod; Drum komm, o komm doch bald. Leb wohl! ich bin bis in den Tod Dein ...
Salomo An einem großen Jubelfest, Da Salomo des Armen Thränen Zu trocknen, das Verdienst zu krönen, Gehör gab, und vom Nord und West Sich alles Volk zum König nahte, Trat auch der frömmste Mann im Staate, Ein edler Greis, vor ...
Schach Meledin Der Sultan Meledin war seines Vaters Sohn, Das wichtigste Verdienst der meisten Prinzen, Und saß so schief als er, auf der Aliden Thron, Der Mufti, der Vezier und Rabbi Sabulon, Der Colbert seines Hofs, beherrschten die Provinzen. Indessen ...
Scot Leibhaftig soll der Herr an allen Enden Im Abendmahl zugegen seyn? Sprach Scot, der Ketzer; wahrlich nein! Einmal befand er sich in Priesterhänden, Und kam so übel weg, daß wohl der Gottesmann Den Herren nicht mehr trauen kann.
Selinde Das schönste Kind zu ihren Zeiten, Selinde, reich an Lieblichkeiten, Schön, wenn ich also sagen mag, Schön wie das Morgenrot und heiter wie der Tag; Selinde soll sich malen lassen. Sie weigert sich; der Maler ließ nicht nach; Er ...
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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
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