Hans Nord Ein Mann, der sich auf vielerlei verstund, That durch den Druck in London kund, Daß er ein seltnes Kunststück wüßte, Und lud auf sein erbaut Gerüste Den künft'gen Tag die Bürger ein; Ließ einen engen Krug und ...
Harpagon Wohlthätigkeit, wie selbst die Bibel saget, Rief Harpagon, ist groß, ist göttlich schön! Weh dem, der einen Bettler von sich jaget! Drum will ich auch von nun an ... betteln gehn.
Haßan Der reiche Haßan saß gebückt Am Schluß des Jahrs vor einer Schieferplatte, Und zählte, von sich selbst entzückt, Die guten Werke her, die er verübet hatte: »Vier Beutel der Moschee von Ispahan, Und drey der großen Karavane Von Mekka ...
Hebe »Pfui Kind! rief Muhme Sylvia, Als sie beym Sternenschein Jüngst den Florin mich küssen sah, Laß diesen Unfug seyn. Wenn dich nur einmal noch Florin Auf deine Wange küßt, So wächst ein Bart dir um das Kinn, Der nicht ...
Heinrich der Große Der große Heinrich kroch auf allen Vieren Mit seinem Sohn, der auf ihm ritt In einem Saal umher. Schnell öfnen sich die Thüren: Der Abgesandte von Madrid Trat ins Gemach und sah ihn galopieren. Herr, sind Sie ...
Herodes und Herodias Freund, wer ein Laster liebt, der liebt die Laster alle, Wer ein Gesetz der Tugend übertritt, Entheiligt in dem einen Falle Im Herzen auch die andern mit. »O!« sprichst du, »welche Sittenlehre Giebt Euch der Geist der ...
Holien In China lag beym Sternenlichte Ein Jüngling – Dank sey der Geschichte Für seinen Namen – Holien Lag müd auf seiner Binsenmatte Und sah vom Räuber ungesehn, Der sein Gemach erstiegen hatte, Wie hurtig er, was ihm gefiel, In seinen weiten ...
Ibrahim An meinen Carl. Eh Ferdinand mit frommer Wuth Die Mauren von sich stieß, Floß Omars junges Heldenblut Durch Gusmanns Ritterspieß. Aus Furcht der Rache (reich und groß War dieser Saracen) Floh Gusmann und blieb athemlos Vor einem Garten stehn ...
Inkle und Yariko Die Liebe zum Gewinnst, die uns zuerst gelehrt, Wie man auf leichtem Holz durch wilde Fluten fährt; Die uns beherzt gemacht, das liebste Gut, das Leben, Der ungewissen See auf Brettern preiszugeben; Die Liebe zum Gewinnst, der ...
Jost Von seinem milden Landesvater Durch Frohnen abgezehrt, lag Jost Auf faulem Moos. Ein frommer Pater Gab in dem letzten Kampf ihm Trost: Bald, sprach er, wird euch Gott entbinden Vom Joch, das euch so hart gedrückt: Die Ruhe, die ...
Kalliste O Leser! stelle dir mit zärtlichem Gemüte Einmal die größte Schönheit vor, Auf deren Stirn der Frühling lächelnd blühte, Um deren Herz sich längst ein edelmütig Chor Entzückter Jünglinge bemühte; Die stell' itzt deinem Geiste dar Und fühl' es ...
Kiefuen Ein Mandarin ward wegen Räubereyen, Die Fürsten nur sich selbst verzeihen, Zum Schwert verdammt. Kiefuen, sein Sohn Warf sich vor des Beherrschers Thron Und bat um seines Vaters Leben: »Ich weiß, er ist des Todes werth; Doch mußt du ...
Kleant Kleant, ein lieber Advokat, Der, wie es ihm nach seinem Eid gebührte, Der Unterdrückten Sache führte Und manchen armen Schelm vom Galgen und vom Rad Durch seinen Witz los prozessierte, Half, weil man ihn um seinen Beistand bat, Die ...
Kotill Kotill, der, wie es vielen geht, Nicht wußte, was er machen sollte, Und doch nicht müßig bleiben wollte; Denn müßig gehn, wenn man's nicht recht versteht, Ist schwerer, als man denken sollte: Kotill ging also vor die Stadt ...
Krispin und Krispine Daß oft die Weiber bis ins Grab Sich mit den Männern schlecht vertragen, Sind leider schon sehr alte Klagen, Die man uns oft zu lesen gab. Doch daß die Männer bis ins Grab So manche gute ...
Lais und Dorant Lais: Was willst du, daß zum Ball ich heut Für eine Maske wähle? Dorant: Borg eines ehrbarn Weibes Kleid, So kennt dich keine Seele.
Lied eines Negersklaven im Anfang des nordamerikanischen Krieges Wohl dir, liebes Afrika! Nun behälst du deine Kinder, Schon verkauft Germania Seine Söhne wie die Rinder. Mit stiefmütterlicher Hand Reißt es sie von seinen Brüsten, Um durch sie das neue Land ...
Lisette Ein junges Weib, sie hieß Lisette; Dies Weibchen lag an Blattern blind. Nun weiß man wohl, wie junge Weiber sind; Drum durft' ihr Mann nicht von dem Bette, So gern er sie verlassen hätte; Denn laßt ein Weib schön ...
Mikromegas Ein Midas 1 war so winzig klein Als keiner aus dem Heer der Affen, Die Jupiter zum Scherz geschaffen, Und doch vor Sehnsucht groß zu seyn Schon oft bald aus der Haut gesprungen. Nichts ließ er unversucht; allein Noch ...
Minos und der Schatten Wer warst du auf dem Narrenrund? Sprach Minos einst im Richtertone Zu weiland einem Erdensohne, Der blaß vor seinem Sopha stund. Narr mit: erwiedert ihm der Schatten; Doch ach! zu spät ward ichs gewahr; Von zwölf ...
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Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
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