Servil Kaum sah man den Servil mit einem Amte prangen, So wünscht ihm jeder Glück. Mit lächelndem Gesicht Schwur er: »Gott weiß, ich bin dem Dienst nicht nachgegangen!« Er hatte recht: wer kriecht, der gehet nicht.
Seufzer eines Dorfwirths Die Sau muß ich mit Eicheln mästen, Mit meinem Schweiß den Amts-Hauptmann. Ha! Schade, daß ich meinen Gästen Sein Fett nicht auch verspicken kann.
Spatzierlied für die Jugend Singt, Brüder, beym Spatzierengehn Die Feste der Natur. Wie groß ist Gott, und o wie schön Ist er auf dieser Flur! Der Winter deckte sie mit Schnee: Es schwieg der Wasserfall. Nun murmelt er im bunten ...
Susette Ein junges Weib aus Tivoli In Algier Sklavin ward. Ein rascher Aga kaufte sie Und strich sich froh den Bart. »Kind, sprach er, trotz den Houris schön, Hemm deiner Thränen Lauf; Du sollst heut mit mir schlafen gehn; Nimm ...
Sylla und der schlechte Dichter 1 Ein Mann, dem nie Minerva lachte, Wiewohl er nach dem Ellenmaaß Auf einem Speicher Verse machte, Die niemand als er selber las, Sang in des wilden Sylla Tagen, Dem seine Muse sich geweiht, Ein ...
Theone An Serena. Erast, den stiller Mangel drückte, Saß einst im dunkeln Lindenhayn, Der seines Fürsten Garten schmückte, Und fühlte schlummernd noch die Pein Der schwärzern Zukunft, die ihn schreckte, Als ihn im nächsten Bogengang Das Aechzen eines Mädchens weckte ...
Theonise An meine Lina. Mit einem Blick voll heitrer Ruh, Erschien die junge Theonise Auf einer bunt gestickten Wiese Und schnitt sich Gras für ihre Kuh. Voll Reitz, wie Hebe, kniet sie hier Und singt. Schnell wand sich eine Schlange ...
Therese Paradis Ihr selbst gewidmet. Ich war ein kleines Würmchen, Noch kaum vier Spannen groß, Und pikt in einer Laube An einer goldnen Traube Auf meiner Mutter Schooß. Da stieg ein schwarzer Drache, Die Mutter sah ihn nicht, Aus einer ...
Till Der Narr, dem oft weit minder Witz gefehlt Als vielen, die ihn gern belachen, Und der vielleicht, um andre klug zu machen, Das Amt des Albernen gewählt; (Wer kennt nicht Tills berühmten Namen?) Till Eulenspiegel zog einmal Mit ...
Timanth Der Stolz des Alterthums, Timanth, Versucht es einst den Zevs zu malen. Wild rollt sein Aug und jede Hand Schoß einen Strom von Donnerstralen. Ein Bauer sah ihm gierig zu Und sagte: Warum lässest du Aus jeder Hand ihm ...
Tontopf und Eisentopf Dem Tontopf schlug der Topf von Eisen Einst vor, mit ihm umherzureisen. Der irdne aber dankte sehr, Er meinte, klüger täte er, Am warmen Fleck zu bleiben, Als sich umherzutreiben, Dieweil er gar empfindlich sei: Ein Stoß ...
Trasimund und sein Pudel Der strenge Wildgraf Thrasimund Trieb manchen Spaß mit seinem Hund. Ein Pudel wars, den er auf türkisch plagte, Indem er ihn oft stundenlang Mit leerem Bauch itzt aufzuwarten zwang, Itzt über einen Stock, itzt in das ...
Trost im Unglück Wo bin ich? ist die Welt vor mir verschwunden? Wie? oder hält der Abgrund mich gebunden? O Sonne! Warum ziehst du deine Blicke Von mir zurücke? Wo bist du, Hofnung, letztes Gut des Lebens? Doch auch nach ...
Usge und Zacchi Eine japanische Geschichte. In Japan, wo viel edle Seelen Und holde Mädchen sind, War, wie die Schiffer uns erzehlen, Ein armes Hirtenkind. Verborgen, wie die Mayenrose Im dunkeln Busche glüht, War Zacchis Jugend in dem Schooße Der ...
Vom Frosch vnd der Maus Eine Maus were gern vber ein Wasser gewest / vnd kundte nicht / Vnd bat einen Frosch vmb Raht vnd Hülffe. Der Frosch war ein Schalck / vnd sprach zur Maus / Binde deinen Fuss an meinen Fuss / So ...
Vom Han vnd Perlen Ein Han scharret auff der Misten / vnd fand eine köstliche Perlen. Als er dieselbigen im Kot soligen sahe /sprach er / Sihe / du feines Dinglin / ligstu hie so jemerlich / Wenn dich ein Kauffmann fünde / der würde dein ...
Vom Hunde im Wasser Es lieff ein Hund durch einen Wasserstrom / vnd hatte ein stück Fleisch im Maule / Als er aber den schemen vom Fleisch im Wasser sihet / wehnet er / es were auch Fleisch / vnd schnappet girig darnach. Da er ...
Vom Hunde vnd Schaf Der Hund sprach ein Schaf für Gericht an vmb Brod /das er jm gelihen hette. Da aber das Schaf leugnet /berieff sich der Hund auff Zeugen / die musste man zu lassen. Der erste Zeuge war der ...
Vom Wolff vnd Lemlin Ein Wolff vnd Lemlin kamen on gefehr beide / an einen Bach zu trincken. Der Wolff tranck oben am Bach / das Lemlin aber / fern vnten. Da der Wolff des Lemlins gewar war / lieff er zu jm / vnd ...
Winfried und Bertrade Bertrade. Ey sieh doch wie sie weint, die Rebe; Kann etwas wunderbarer seyn? Der Winzer sagte mir, es gebe Ein jedes Thränchen ein Glas Wein. Winfried. Wenn du so weintest; ha, Bertrade, Das wär ein königlicher Spaß ...
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Als E.T.A. Hoffmann 1813 in Bamberg Arbeiten des französischen Kupferstechers Jacques Callot sieht, fühlt er sich unmittelbar hingezogen zu diesen »sonderbaren, fantastischen Blättern« und widmet ihrem Schöpfer die einleitende Hommage seiner ersten Buchveröffentlichung, mit der ihm 1814 der Durchbruch als Dichter gelingt. Enthalten sind u.a. diese Erzählungen: Ritter Gluck, Don Juan, Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza, Der Magnetiseur, Der goldne Topf, Die Abenteuer der Silvester-Nacht
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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
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