Bohr- und Sprengarbeit [2]

[105] Bohr- und Sprengarbeit (vgl. Bd. 2, S. 206), [1].

Maschinenbohrung mit Handkraft. – Drehend wirkende Maschinen mit Spiralbohrer sind für weiche Gesteine noch vielfach im Gebrauch, meistens mit Einrichtungen, die das Vorrücken nach Bedarf regeln [2]. Dagegen werden stoßende Handbohrmaschinen kaum noch angewendet, da die Umsetzung der Drehbewegung der Kurbel in die schlagende Bewegung des Bohrers zu viel Arbeit verzehrt. Die Wirkung ist, selbst wenn zwei Mann an der Kurbel arbeiten, für festes Gestein zu gering.

Maschinenbohrung mit Elementarkraft. An die Stelle der im Mittel etwa 80 kg schweren, an einer Spannsäule befestigten stoßenden Bohrmaschinen (vgl. Fig. 9 und 10, Bd. 2, S. 211) treten jetzt häufig die Bohrhämmer; sie werden aus freier Hand geführt und haben nur ein Gewicht von 15 bis 35 kg. Die leichteren werden für alle vorkommenden Arbeiten verwendet, die schwereren namentlich für das Abwärtsbohren, z.B. im Schachtabteufen und im Strassenbau, da hier das Gewicht des Bohrhammers auf dem Gestein ruht. Alle Maschinenfabriken, welche Gesteinsbohrmaschinen bauen, liefern auch Bohrhämmer. Zur Führung ist der Bohrhammer (Fig. 1 und 2) mit einem Handgriffe H versehen, mit dem häufig eine Drucksender zur Betätigung des Lufteinlaßventils verbunden ist. Beim Bohren in harten Gesteinen, wobei der Mann den Bohrhammer längere Zeit ununterbrochen handhaben muß, können leichte Gestelle Verwendung finden. Der wesentliche Unterschied im Bau der Bohrhämmer gegenüber den eigentlichen stoßenden Bohrmaschinen liegt darin, daß Kolben und Bohrer nicht fest miteinander verbunden sind; der Kolben führt vielmehr Schläge auf den Bohrer. Hierdurch ist eine Aenderung der Umsetzung bedingt: Der Kolben K wird in bekannter Weise durch das Gesperre S, die Drallzüge und die Drallmutter U umgesetzt. Die Bohrbüchse r umfaßt den vorderen Teil des Kolbens und den rückwärtigen Teil des Bohrers B – beide sind kantig gehalten – und überträgt die Drehbewegung. Der letztere ruht auf dem Gestein auf, bewegt sich also nicht hin und her wie bei den stoßenden Bohrmaschinen, dadurch wird die Entfernung des Bohrmehles aus dem Bohrloche erschwert. Diesen Uebelstand beseitigen Meißelbohrer, die an der Bohrstange mit einer Spirale versehen sind (Fig. 3). Bei der Drehung des Bohrers fördert die Spirale das Bohrmehl aus dem Bohrloche heraus.[105]

Der Flottmannsche Bohrhammer besitzt Kugelsteuerung, die sich durch Einfachheit auszeichnet. Bei p strömt Preßluft ein, die Kugel k befindet sich in der Stellung rechts, die Preßluft strömt links durch den Luftverteilungskanal p' in den Zylinder und treibt den Kolben nach rechts, er hat bereits die eine Luftausströmungsöffnung p'' freigegeben, so daß die Luft augenblicklich hier ins Freie entweicht. Gleichzeitig ist auf der rechten Seite des Kolbens eine so starke Kompression eingetreten, daß die Kugel nach links herübergedrückt und umgesteuert wird. Nunmehr strömt die Preßluft durch den rechten Kanal p' in den Zylinder, und der Kolben beginnt den Rückgang.

Aus den Bohrhämmern haben sich auch die sogenannten Abbauhämmer entwickelt, die in weichen Gesteinen, z.B. im Kohlenbergbau, die Keilhauenarbeit ersetzen sollen. Das eigentliche Werkzeug ist ein Spitzmeißel. Der Abbauhammer kann noch leichter gebaut sein als der Bohrhammer, da die Umsetzvorrichtung wegfällt (Fig. 4). – Die Vorteile der Bohrhämmer gegenüber den an Säulen befestigten Bohrmaschinen liegen in der größeren Freiheit im Ansetzen der Bohrlöcher und in der Möglichkeit, bereits mit dem Bohren neuer Löcher zu beginnen, ehe das losgesprengte Gestein entfernt ist.

Drehend wirkende Gesteinsbohrmaschinen. Es sei hier auf die neue Bauart der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin, hingewiesen [3], die sich durch besonders hohe Leistung auszeichnet. In Kalisalzen wurden in einer Gesamtbohrdauer von 62 Minuten 9 Bohrlöcher von einer Gesamttiefe von 21,32 m abgebohrt. In der Minute wurde im Durchschnitt eine Lochtiefe von 80 cm erreicht. Der Stromverbrauch betrug 1,3 Kilowattstunden. Die Maschine wiegt 90 kg, muß also an einer Spannsäule beteiligt werden, sie leistet 1,5 PS. Seit Ende 1912 gibt es auch kleine, nur 8 bis 11 kg schwere, drehend wirkende Gesteinsbohrmaschinen, teils elektrisch, teils durch Preßluft angetrieben, die etwa 0,6 PS. entwickeln und daher freihändig geführt werden können (Freihandbohrmaschinen). Sie leisten in der Minute in harter Kohle bis zu 1 m Bohrloch von 40 bis 50 mm Durchmesser (Fig. 5). Die Beanspruchung der Bohrer wird bei derartigen Leistungen sehr groß. Man benutzt daher Bohrer aus Spezialstahl. Da dieser sehr teuer ist, werden kurze Einsatzschneiden von etwa 15 cm Länge angewendet, die in die Bohrerstangen eingesetzt und leicht ausgewechselt werden können (Fig. 6).

Die größte Leistung im Dauerbetriebe wurde mittels Maschinenbohren bei der Durchtunnelung des Lötzschberges im Zuge der Tauernbahn mit täglich 10,5 m erreicht.

Bei ausgedehntem Maschinenbetriebe ist der Verbrauch an Bohrern ein sehr starker, auch ist besonderer Wert darauf zu legen, daß die Bohrerschneiden die richtige Breite erhalten. Das wird am bellen durch die Bohrerschärfmaschinen [4] erreicht. Sie bestehen aus einer genügend langen Bank zum Einspannen der am Schneidenende vorgewärmten Bohrer, auf dieser ist auch ein Bohrhammer wagrecht verlagert (Schärfhammer), der durch Preßluft betrieben wird und mittels eingesetzter Matrizen die Schneiden gleichmäßig herstellt. In einer Stunde können etwa 50 einfache Meißelbohrer geschärft werden, von Z-Bohrern etwa die Hälfte. Manche Maschinen sind noch mit einem zweiten, senkrecht angebauten Hammer (Streckhammer) versehen, der dazu dient, die Schneiden zu zentrieren und die Einsteckenden der Bohrer in besonderen Matrizen genau herzurichten.

Sprengstoffe (vgl. Bd. 2, S. 217). – Die Verwendung der Sprengstoffe hat während des Krieges eine völlige Wandlung erfahren. Zunächst fehlte zur Herstellung nitrierter Sprengstoffe infolge der Blockade Salpeter, den Deutschland fast ausschließlich und in großen Mengen aus Chile bezog (im Jahre 1913 774000 t). Ueberdies mußten diese Sprengstoffe wegen ihrer besonderen Eigenschaften für die Kriegführung bereit gehalten werden. Das änderte sich auch nicht, nachdem in Deutschland Fabriken gebaut worden waren, um Luftsalpeter im großen herzustellen, da die Heeresverwaltung auch diese Mengen für sich in Anspruch nahm. Der Bergbau suchte Ersatz, indem er zunächst zu den Chloratsprengstoffen griff. Unter ihnen haben der Miedziankit (Kaliumchlorat, getränkt mit Petroleum) und der Plessit (gekörnter Miedziankit), weiter die Silesiapulver (bestehend aus Kaliumchlorat, Harz und Kochsalz) besonders große Verbreitung gefunden.

Dann erinnerte man sich der Versuche, die um 1900 mit dem Sprengstoff Oxyliquit (Sprengluft), das ist flüssige Luft gemischt mit Ruß als Kohlenstoffträger gemacht worden waren. Wenig später hatte auch v. Linde durch das Verfahren der Rektifikation [5] eine Anreicherung des Sauerstoffs bei der Luftverflüssigung bis zu etwa 95% erreicht. Man ging so[106] tatkräftig vor, daß z.B. beim oberschlesischen Bergbau im Jahre 1917 bereits 4,3 Millionen Schuß, das sind 22% aller Schaffe mit Sprengluft abgeschossen werden konnten. Der Uebergang der Gruben von einem anderen Sprengstoff zur Verwendung von Sprengluft ist mit großen Kosten verbunden. Sprengluft läßt sich nicht längere Zeit aufbewahren und deshalb auch nur mit hohen Verhaften durch Verdampfung über größere Entfernung befördern. Deshalb mußten auf den Gruben selbst Anlagen für die Verflüssigung der Luft geschaffen werden. Auch die Anschaffung der Förder- und Tauchgefäße (doppelwandig mit luftleerem Zwischenraum) erfordert erhebliche Aufwendungen [6]. Die mit Ruß gefüllten Patronen werden unmittelbar vor der Verwendung durch Eintauchen mit Sprengluft getränkt und nach dem Laden des Loches sofort elektrisch gezündet. Nach etwa 10 Minuten würden sie wegen der schnellen Verdunstung des Sauerstoffs ihre Wirkung verlieren. Ob die Sprengluft dauernd beim Bergbau in Verwendung bleiben wird, hängt namentlich von der späteren Gestaltung des Salpeterpreises ab, jedenfalls steht sie, was bequeme Verwendung betrifft, den anderen Sprengstoffen nach.


Literatur: [1] Treptow, E., Grundzüge der Bergbaukunde einschließlich Aufbereitung und Brikettieren, 5. Aufl., Wien u. Leipzig 1917, Bd. I, S. 124–180. – [2] Pütz, O., Die Herstellung der Bohrlöcher für die Sprengarbeit durch Hand. Berg- und Hüttenmännische Rundschau 1909, S. 98. – [3] Sauer, Julius, Die AEG-Gesteinsdrehbohrmaschine Type JSR II. Kali, 1918, Heft 21. – [4] Gehrke, Arthur, Ueber Bohrer für Gesteinsbohrmaschinen, Zeitschrift des oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins 1913, S. 396. – Ders., Ueber die neuen Bauarten von Bohrerschärfmaschinen, ebend. 1916, S. 45. – [5] v. Linde, Carl, Aus der Geschichte der Kältetechnik, Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Berlin 1918, Bd. VIII, S. 27. – [6] Pabst, Richard, Flüssiger Sauerstoff und seine Verwendung als Sprengstoff im Bergbau, München u. Berlin 1917.

Treptow.

Fig. 1 und 2.
Fig. 1 und 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 105-107.
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