[235] Einfriedigung (Befriedigung, Umwehrung, Behegung) eines Grundstücks oder Besitzes oder eines Teils desselben, die sichtbare Umgrenzung eines Platzes oder Raumes in einer Höhe und Art, die je nach dessen Zwecken sehr verschieden sein wird.
Handelt es sich um Schutz gegen Eindringen oder Abhaltung von Menschen und Tieren, so wird eine mehr oder weniger hohe Schranke, durchsichtig oder geschlossen, dienlich sein. In freiem Gelände kann durch Erdwälle und Zäune verschiedener Art, besonders durch lebendige Hecken, eine hinreichende Abgrenzung bewirkt werden. Auch bei Weideland, sei es in den Alpen oder für Jungvieh, für Fohlen z.B. in Gestüten oder beim herrschaftlichen Wildpark, überhaupt da, wo es sich um Verhinderung des Ausbrechens von Tieren handelt, ist eine schützende Abgrenzung zu erstellen, die je nach Art oder Größe der Tiere mehr oder weniger stark, bei der meist großen Ausdehnung des Geländes aber in den Anfertigungs- und Unterhaltungskosten in wenigst kostspieliger Weise zu beschaffen ist.
Anders bei bewohnten Orten oder in engbevölkerten Stadtbezirken. Hier sind meist durch staatliche oder städtische Bauordnungen genaue Bestimmungen festgestellt, die nach den örtlichen Verhältnissen den Rechten des Besitzers Rechnung tragen, anderseits aber die Art und das äußere Aussehen der Einfriedigungen, die an Straßen und öffentlichen Plätzen angrenzen, in ihrer Stofflichen und formalen Herstellung, in Höhe u.s.w. bestimmen. So wird z.B. für die Stadt Karlsruhe vorgeschrieben [1]:
1. bei Gärten und Vorgärten innerhalb der Stadt ein Metallgitter auf Steinsockel in einer Gesamthöhe von mindestens 1,20 m,
2. bei Hofräumen und Gewerbeplätzen Metallgeländer, Latten- oder Bretterzäune oder Mauern von mindestens 2,25 m Höhe.
Besondere Ausbildung zeigen ferner die Einfriedigungen an Öffentlichen Plätzen und Anlagen, an Denkmälern oder Grabstätten. Hier können in leichtester Weise Pfosten von Stein oder Eisen von 1,01,5 m Höhe, einzeln stehend, durch dazwischen aufgehängte Ketten oder durch wagerecht darüber hingeführte Holme, Eisenstäbe oder Röhren verbunden, sonst aber auch Gitter oder Geländerbildungen in genannter Höhe einen Abschluß bilden.
Feste und hohe Umgrenzungen in Mauerwerk erhalten die Gefängnisse (s.d.) und Zuchthäuser, wobei durch Umgänge auf der Höhe der Mauer für besonderen Wachtdienst Sorge getragen werden kann. Aber auch für die Städte, die in früheren Jahrhunderten zur Wehr und gegen Ueberfall mit starken und hohen Mauern umzogen waren, wovon noch gute Beispiele erhalten sind (Rom, Avignon und Carcassone in Südfrankreich [2], Rothenburg o. T. und Nürnberg u.a.m.), kann heute zum Zweck der Verhütung von Schmuggel bei städtischem Oktroi, wie in Paris oder in italienischen Städten, eine Umfriedigung in fester oder leichterer Form nötig werden. An der italienisch-schweizerischen Grenze sind zur strengsten zollamtlichen Ueberwachung Drahtzäune aus Stacheldraht mit Alarmglocken angeordnet.
Außer den oben bereit erwähnten lebendigen Hecken von Tannen, Hagebuchen, Weißdorn, Thuja u. dergl., welche die geringsten Unterhaltungskosten verursachen, sind es je nach den vorhandenen Mitteln und den Anforderungen an Sicherheit, an Dauer und Eleganz die verschiedensten Baustoffe vom leichtvergänglichen Holz, dem dünnen Eisen- oder Zinkdraht, Schmiede- oder Gußeisen, Stahl, Wellblech und Mauern von den einfachsten bis zu sorgfältig und reich erstellten Backstein- oder Werksteinmauern, welche die Räume umschließen.
In konstruktiver Hinsicht unterscheiden wir daher:
A. Einfriedigungen aus Holz; sie bestehen
a) bei geschlossener Wandbildung in
1. Palisaden, dicht nebeneinander eingerammten Pfosten oder Pfählen von rundem[235] oder vierkantigem Querschnitt aus Tannen- oder Eichenholz, etwa 2 m über, 1 m in der Erde. Diesen ähnlich ist
2. der Pfahlzaun aus schwächeren Hölzern (Fig. 1); s.a. Einpfählen;
3. der Plankenzaun aus senkrechten Bohlen oder Planken. In allen diesen Fällen werden die Hölzer, soweit sie in die Erde reichen, zum Schütze gegen Fäulnis angekohlt. Aus wagerecht laufenden Brettern, die sich an den Fugen überdecken und so die Durchsicht verhindern, ist
4. der Bretterzaun (s.d.) gebildet. Soll dessen Ausbildung eine reichere werden, so sind die Bretter senkrecht zu führen, zu hobeln und erhalten oben zum Schütze des Hirnholzes eine Deckleiste oder ausgeschweifte und verzierte Endigungen [3].
b) Offene oder durchsichtige Holzgeländer sind
5. der Stangenzaun (Schluchterwerk) (Fig. 2), gebildet aus Halbhölzern von 810 cm Durchmesser, die wagerecht in Abständen von 3050 cm bis zur Höhe von 1,51,8 m hingeführt, an Pfosten von 1215 cm Stärke, die in Entfernungen von 2,503,0 m stehen, befestigt sind (bei Vieh- und Fohlenweiden). Als leichte und elegantere Einfriedigung dient
6. der Latten- oder Staketenzaun in Höhe von 1,202,20 m, wobei die senkrecht stehenden Latten aus Tannenholz (wie oben bei 4.) an zwei bis drei Querriegeln, die zwischen Stein- oder Holzpfosten eingesetzt sind, befestigt werden. Zur Erhöhung der Haltbarkeit dient die Herstellung einer glatten Oberfläche durch Hobeln, wodurch eine raschere Ableitung des Wassers bewirkt wird, sowie ein schützender Anstrich mit Teer oder Oelfarbe (Bd. 1, S. 230). Gefälliger und von größerer Dauer sind
7. die Spaliergitter aus zwei sich schräg kreuzenden Lagen von Lättchen aus gerissenem oder gehobeltem Eichenholz in Stärken von 1520 mm; bei Maschenweiten von 815 cm ist eine reiche Abwechslung von Mustern möglich. Deren Anfertigung im großen sowie auch ganzer Laubengänge und von Gartenhäuschen in reizender Form und Ausführung erfolgt in der Fabrik von Karl Schließmann in Kastel a. Rh. (hierüber jährlich Musterhefte).
B. Einfriedigungen aus Metall; sie bilden in neuester Zeit einen eleganten und dauerhaften Ersatz für Holz.
Hierher zählt als leichterte und einfachste Ausführung
8. der Drahtzaun, bestehend aus wagerecht gespannten 45 mm starken Drähten aus verzinktem Eisen oder Zink, in Abständen von 510 cm am unteren Teil und von 1520 cm oben, an Holzpfosten in Entfernungen von 3,56,0 m mit Haften oder Krampen befestigt. Bei den meist großen Längen ist der Ausdehnung des Metalls Rechnung zu tragen; auch sind die Pfosten besonders an den Ecken- gegen Umziehen zu sichern, was durch Verstrebungen und angehängte Gewichte geschieht. S.a. Drahtspanner.[236]
9. Die Drahtmaschengitter (s. Drahtgewebe) aus netzartigem Maschinengeflecht sind dichter und gefälliger in der Erscheinung; sie haben jedoch mit 8. den Nachteil, daß ihre Widerstandsfähigkeit und Dauer beschränkt find; sie werden sich daher mehr nur für eine zeitweilige Abgrenzung eignen. Wirksamer ist
10. der Stacheldrahtzaun (Fig. 3), der aber mit seinen scharfen Stacheln Menschen und Tieren gefährlich werden kann, daher mit Vorsicht anzuwenden ist: entweder, hinter einem Schutzgeländer von Holz oder nur in höheren Lagen, um als oberster Abschluß einer Einfriedigung ein Uebersteigen zu verhindern.
11. Rosettengitter, angefertigt in der Fabrik von Lempertz in Köln-Braunfels, zeigen eine leichte und sehr gefällige Gitterbildung nach patentiertem Verbandsystem. Hierbei bilden Rund- oder Bandeisen sowie auch starke Drähte, die an ihren Kreuzungen und mit den tragenden Querschienen durch Bundrofetten (Fig. 4) zusammengehalten sind, die mannigfachsten Musterungen von einfachster bis zu reicher Zeichnung.
Starke Zäune von großer Widerstandsfähigkeit sind
12. die Herkuleszäune, hergestellt von Alois Schorer in München (Fig. 5). Dabei ist erreicht, durch ein den einzelnen Stäben durch Walzen erteiltes Profil diesen größte Steifigkeit bei geringem Querschnitt zu geben. In ähnlicher Weise sucht
13. der Sonnenthalsche Stachelzaun durch gewellte, oben und seitlich mit Spitzen versehene Stäbe oder Pfähle einen festen und unübersteiglichen Zaun zu bilden (Fig. 6).
14. Eine geschlossene Wandbildung aus Metall kann durch Verwendung des verzinkten Wellblechs (s.d.) erzielt werden. Aus diesem in sehr großen Platten (Längen von 36 m, Breite 0,9 m) erstellten Fabrikat lassen sich hohe und widerstandsfähige Umfriedigungen erstellen.
Die Stützen für alle vorgenannten Einfriedigungen von 8.14. bestehen aus entsprechend starken Eisenschienen in ⊥- - oder -Form, die je nach der Höhe und nötigen Standfestigkeit durch Streben zu versteifen sind; besonders wird dies bei Nr. 14 wegen des möglichen starken Winddrucks nötig sein. Ihren Halt finden sie in Sockeln oder Grundpfeilern von Stein, entweder Bruch- oder Backstein in Zement vermauert oder aber in Pfeilern von Stampfbeton. In manchen Fällen kann auch das durch Steifigkeit sich auszeichnende Gußeisen in Form von runden oder profilierten Pfosten, die an ihrem Fuße eingemauert sind, mit Vorteil Verwendung finden.
Den vorstehend aufgeführten Gitter- und Wandbildungen, die meist fabrikmäßig durch entsprechende Werkzeugmaschinen erstellt werden, sind die künstlerisch von Hand gearbeiteten Gitter (s.d.) gegenüberzustellen, wie sie mit den einfachsten Werkzeugen teils schon im Mittelalter, mehr noch aber in den folgenden Zeiten, besonders dem 17. und 18. Jahrhundert, in herrlicher, fast unnachahmlicher Weise erstellt worden sind. Hierüber geben zahlreiche Beispiele (vgl. die Literatur unter Gitter) oder gute Aufnahmen Aufschluß [4], [5]. Aber auch in den letzten Jahrzehnten, wo der hohe Aufschwung und die Vervollkommnung aller Zweige der Technik hier ebenfalls fördernd eingriff und das Gewerbe der Kunstschlosserei sich hoch entwickelte, wurde fortschreitend Großes geschaffen, und wir sehen in den Erzeugnissen von E. Puls- Berlin (Prospekte von E. Puls) [6] und von Werkstätten in Frankfurt a. M., Paris u.s.w. ganz außerordentliche Leistungen, die diese Technik als auf der Höhe größter Vollkommenheit stehend erscheinen lassen. Ueber moderne Eisengitter s. [7], [8], [9].
C. Einfriedigungen aus Stein; sie dienen als feste und dauerhafteste Umschließung und kommen in der verschiedensten Art und Durchbildung zur Ausführung, sowohl als Quader- wie als Bruch- oder Backstein- oder als Stampfmauer. Die Quadermauern werden in einer Stärke von 2540 cm bei einer Höhe von 2,53,0 m erstellt, während Bruch-Steine eine Stärke von 3550 cm verlangen, wobei noch zur Verstärkung in Abständen von 2,54,0 m Pfeiler anzuordnen sind. Die leichteste und dünnste Mauer wird aus Backsteinen, 1/211/2 Stein stark, erstellt. Hierbei sind die Verstärkungspfeiler durch zwischengespannte Bogen zu verbinden und der so gebildete obere Abschluß mit schräger Abdeckung (Falzziegel, Nasensteine) zu versehen (Fig. 7). Die Vorteile einer solchen Ausbildung sind Ersparnis an Material, eine Gliederung der Wandflächen und Erhöhung der Standfestigkeit der Pfeiler. Uebrigens kommt eine Ersparnis nur bei Backsteinen in Betracht, da die Pfeileranordnung in andern Steinen eine Vermehrung der Arbeit und damit der Kosten verursacht. Bei Backsteinmauern kann auch durch Anwendung von verschiedenfarbigen oder Formsteinen ohne zu großen Kostenaufwand eine mannigfaltige Ausschmückung der Flächen erzielt werden, die entweder in wagerechter Teilung, in Bändern u. dergl. oder in schrägem Netzwerk, in Felderteilungen mit oder ohne Mittelstück bestehen, oder aber architektonisch gegliederte Gesimse und Bekrönungen, Zahnschnittbildungen zeigen wird. Auch lassen sich in dieser Bauweise leicht durchbrochene Felder durchführen, z.B. durch halbkreisförmige Hohlziegel und durch im Kreuz schräggestellte Steine, Musterungen im Quadrat oder in Achteckform u.s.w. erzielen [10], [11]. Bruchstein- und Quadermauern werden sich hierfür nicht eignen und Durchbrechungen nur mit bedeutenden Kosten zulassen. Zur Schaffung von Durchsichten[237] dient hier die Anordnung der Ahamauer (s.d.). Zur Sicherung der Dauer aller solcher Mauern ist es nötig, daß sie nur aus besten und haltbaren Steinen erstellt werden. Putz ist auszuschließen, also die Fugen nur auszustreichen. Ebenso ist eine gute Abdeckung durch Steinplatten, Ziegel u. dergl. unerläßlich und für Dichthaltung der Fugen gegen Durchsickem von Wasser zu sorgen (s. Abdecksteine, Mauerabdeckung). Die reichen Bildungen von Einfriedigungen in Häusern sind bei Geländer (s.d.) besprochen. Ueber Berechnung der Mauerstärken bei Winddruck sind auf S. 2 und 11 in [12] ausführliche Berechnungen gegeben.
Literatur: [1] Bauordnung für die Residenzstadt Karlsruhe, 1890. [2] Viollet-le-Duc, M., Dictionnaire raisonné de l'architecture, Paris 1868, Bd. 1: Architecture militaire, S. 327 ff. [3] Bethke, H., Details für dekorativen Holzbau, Stuttgart 1875. [4] Bucher, B., und Gnauth, A., Das Kunsthandwerk, Stuttgart, 3 Jahrgänge. [5] Nancy, Monuments, Architecture et Beaux-Arts, Phototypies des Grilles du Place Stanislas, Guerinel, Editeur, Paris. [6] Puls, E., Krug, A., und Perthel, A., Ornamentik für Schlosser, Darstellungen in Schmiedeeisen, Gera und Leipzig 1875. [7] Ehlerding, W., Der Kunstschmied, Vorlagen für Schlosser- und Schmiedearbeit, Ravensburg. [8] Rehme, W., Ausgeführte moderne Kunstschmiedearbeiten, Leipzig 1902. [9] Dorschfeldt, R., Schmiedekunst, Vorlagen in modernem Stil, Dresden. [10] Schatteburg, J.H., Der Ziegelrohbau u.s.w., Halle a. S. 1897. [11] Baumeister, R., Architektonische Formenlehre für Ingenieure, Stuttgart 1866. [12] Handbuch der Architektur, 3. Teil, Bd. 2: Raumbegrenzende Konstruktionen; 2. Heft: Einfriedigungen u.s.w., Stuttgart 1899, 2. Aufl.
Weinbrenner.
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