Fadenkreuz

[562] Fadenkreuz oder Fadennetz in Fernrohren. Soll bei genaueren Beobachtungen eine bestimmte Richtung mittels eines Fernrohres bestimmt werden, so ist: es nötig, daß dieselbe auch im Fernrohr zur Wahrnehmung gebracht wird. Es geschieht dies meist dadurch, daß man in der Bildebene des Objektivs zwei sich kreuzende Fäden ausspannt, deren Schnittpunkt sodann in Verbindung mit dem optischen Mittelpunkt der dem Objektiv äquivalenten Linse die sogenannte »Absehenslinie« des Fernrohres bestimmt.

Besitzt das Fernrohr ein Ramsdensches oder ähnliches Okular (auch wohl positives Okular genannt), so bildet Objektiv und Fadennetz zusammen ein von der Okularstellung unabhängiges System, kommt aber ein Huyghensches Okular (auch wohl negatives Okular genannt) zur Anwendung, so befindet sich die Bildebene zwischen den Linsen desselben, und bei Einteilung des Okulars auf deutliche Sehweite wird auch das Fadennetz mit verschoben und damit die Absehenslinie leicht verändert. Bei dem Galileischen Fernrohr läßt sich wegen[562] der Anwendung einer Konvexlinie als Okular ein Fadennetz überhaupt nicht anbringen. Für Fernrohre, mit denen exakte Messungen ausgeführt werden sollen, ist es also im allgemeinen nötig, Okulare der edleren Art zu verwenden, damit die Absehenslinie ihre Lage zu den geometrisch wichtigen Teilen des Fernrohres oder des Instrumentes, mit dem das Fernrohr verbunden ist, für verschiedene Okulareinstellung nicht ändert. – Bei Meßinstrumenten, die nach dem Reflexionsprinzip oder in der Art der Heliometer (s.d.) zu Messungen verwendet werden, ist ein Fadennetz unnötig, was, da man infolgedessen bei den Beobachtungen auch keine Feldbeleuchtung gebraucht, als einer der Vorzüge dieser Art Instrumente anzusehen ist.

Abgesehen davon, daß man wohl auch die einfachen Diopter als eine Art Fadenkreuz ansehen kann, ist erst durch die Verbindung des Fernrohres mit den astronomischen und geodätischen Meßinstrumenten der Gebrauch der Fadennetze nötig geworden. Die Form, die man den Fadennetzen gibt, ist sehr verschieden, je nach dem Gebrauch des Instrumentes. Sollen Horizontalwinkel gemessen werden, so ist auf die Sicherung der Ziellinie in vertikalem Sinne, bei Vertikalwinkeln (Zenitdistanzen, Höhen u.s.w.) auf die Horizontalfäden das Hauptgewicht zu legen. Danach richtet sich wohl auch die Anzahl der anzubringenden Fäden. Die obenstehenden Figuren zeigen solche verschiedene Anordnung und Anzahl der Fäden. Fig. 1 ist ein einfaches Fadennetz für Vertikal- und Horizontalwinkelmessungen. Häufig wendet man aber auch an Stelle der einfachen Fäden doppelte an (Fig. 2 a–c), weil in vielen Fällen das anzuvisierende Objekt schärfer in die Mitte zwischen zwei Fäden gebracht werden kann, als es durch einen einfachen Faden biseziert wird, namentlich ist das bei Punkten (Sternen) und bei strichförmigen Objekten der Fall. Auch die in Fig. 3 angedeutete Form wählt man aus einem ähnlichen Grunde. Bei astronomischen Instrumenten werden meist viel kompliziertere Fadennetze nötig, wie solche in dem Art. Durchgangsinstrumente und in demjenigen über Mikrometer eingehender beschrieben sind. Dort soll häufig nicht nur eine einzelne Visierrichtung festgelegt werden, sondern deren zwei oder mehrere in ihrem durch anderweite Messungen bestimmten Verhältnis zueinander. Dann verwendet man Fadennetze, die in beiden fast stets senkrecht zueinander angeordneten Fadensystemen viele Fäden häufig in symmetrischer Anordnung zueinander besitzen (vgl. die Figuren im Art. Durchgangsinstrumente). Aehnliche bestimmte Verhältnisse zwischen den in der Brennebene ausgespannten Fäden finden auch statt bei den sogenannten Distanzmessern (s.d.). Es sollen dort zwei, meist horizontale Fäden einen bestimmten Winkel zwischen sich fassen, der gestattet, die Entfernung einer genau eingeteilten Meßlatte (Distanzlatte) dadurch zu bestimmen, daß man an derselben abliest, eine wie große Strecke des Maßstabes zwischen die Fäden fällt. Das Verhältnis der wirklichen Distanz der beiden Fäden zu dem an der Latte abgelesenen Stück gibt dann unter Berücksichtigung der Brennweite des Objektivs, eventuell noch unter Heranziehung einer experimentell zu bestimmenden Konstanten, die Entfernung der Latte vom Aufstellungspunkt des Instruments. (Porroscher, Reichenbachscher u.s.w. Distanzmesser, s.d.) Um solche Messungen genauer oder auch für verschiedene Verhältniszahlen, z.B. 1/100 und 1/500, mit demselben Instrument ausführen zu können, bringt man wohl auch zwei Systeme solcher Distanzfäden, Fig. 4 und 5, an. Auch hat man die Teile des Diaphragmas, welche die Distanzfäden tragen, beweglich gemacht, so daß das Messungsverhältnis verändert werden kann; es wird das dadurch erzielt, daß man die beiden Distanzfäden an gesonderten Backen befestigt, die durch Schrauben und Federn bewegt und festgestellt werden können. (Fig. 6.) Feste Fadensysteme sind in diesem Falle aber erheblich zuverlässiger und daher vorzuziehen. In den Mikrometern (s.d.) astronomischer Instrumente bringt man aber häufig zum Zwecke der Ausführung bestimmter Messungen bewegliche Fäden an, die durch sehr sorgfältig geschnittene Schrauben direkt über den selten Fäden hin und her geführt werden können. Kennt man die Ganghöhe der Bewegungsschraube, so kann man mit Hilfe einer eingeteilten Trommel, die auf dem Schraubenkopf befestigt ist, die Fortbewegung der beweglichen Fäden bestimmen und damit, wenn der Schraubengang in Sekunden bekannt ist, sehr genaue sogenannte relative Winkelmessungen machen. (Z.B. die Entfernungen von Doppelsternen, die Durchmesser von Planetenscheiben oder dergl.) Es ist sehr schwer, die Ebenen, in welchen die festen Fäden und die beweglichen sich befinden, einander so nahe zu legen, daß bei stärkerer Vergrößerung beide Systeme gleich deutlich erscheinen, keine merkliche gegenseitige Parallaxe (s.d.) zeigen und daß sie doch sicher, ohne sich im geringsten zu berühren, aneinander vorbeigehen können. Es gibt nur wenige mechanische Werkstätten, die mustergültige Fadensysteme dieser Art herstellen können.

Auch in Ablesemikroskopen gebraucht man zur Einstellung der Teilstriche der Kreise oder der Maßstäbe Fäden, die meist zu je zwei nahe beieinander liegend angeordnet sind, so daß der einzustellende Teilstrich noch gerade zwischen sie paßt und zu beiden Seiten noch eine seine »Lichtlinie« frei läßt (vgl. Mikroskope zum Ablesen von Teilungen). Die Fadennetze sind meist auf dem Okular zunächst liegenden Diaphragma, welches zugleich die Bildebene des Gesichtsfelds begrenzt, angebracht. Handelt es sich um genauere Einrichtungen dieser Art,[563] so werden zunächst auf diesen Diaphragmen mittels besonderer Teilmaschinchen entsprechende Striche gezogen und in diese dann die Fäden eingelegt. Die Fadennetze müssen sowohl in der Richtung der »optischen Achse« des Fernrohres als auch senkrecht dazu korrigierbar sein. Einmal um dieselben genau in die Bildebene bringen zu können, und zweitens um dem Kreuzungspunkte der Fäden eine solche Stellung geben zu können, daß er zu der geometrischen Achse des Fernrohres eine bestimmte Stellung einnimmt. Die Absehenslinie des Fernrohrs oder Mikroskops soll zweckmäßig meist mit jener sehr nahe zusammenfallen. Die Verbindungslinie »Kreuzungspunkt der Fäden« – »Objektivmitte« wird fälschlicherweise häufig optische Achse genannt, sie hat mit dieser, falls man überhaupt von einer solchen reden kann, aber direkt gar nichts zu tun, abgesehen davon, daß natürlich in der Mitte des Gesichtsfeldes die Bildqualität am besten ist und dort also auch zweckmäßigerweise die Meß- und Visiereinrichtungen angebracht werden sollten, falls diese so einfacher Natur sind. – Ob die Fadenebene mit der Bildebene zusammenfällt, erkennt man am besten dadurch, daß man das Auge vor dem Okulardiaphragma, soweit es dieses zuläßt, hin und her bewegt und beachtet, ob dabei eine gegenseitige Verschiebung von Fäden und Bild stattfindet oder nicht. Im ersteren Fall sind die beiden Ebenen nicht die gleichen, im andern aber ist die Lage der Fadenebene richtig. Aus der Art der Verschiebung kann man auch, wie leicht einzusehen, auf die Richtung der nötigen Korrektur schließen. – Die Verschiebung senkrecht zur Visierrichtung wird durch zwei oder vier paarweise angeordnete Schrauben bewirkt, wie Fig. 7 das erkennen läßt. In gewissen astronomischen und geodätischen Instrumenten wird diese Verschiebung aber durch Gleitbacken gesichert, so daß dann jeweils immer nur in einer Richtung eine Bewegung stattfinden kann, wodurch die nötigen Korrekturen viel sicherer und schärfer ausgeführt werden können.

Das Material, aus denen die Fäden hergestellt werden, ist in den meisten Fällen der Faden, den die Spinne erzeugt, und man nimmt entweder einen eben gesponnenen Faden, an dem sich eine solche Spinne von einem Gegenstande herabläßt, oder weit zweckmäßiger die aus einem Kokon der Kreuzspinne gewonnenen Fäden, diese lind viel gleichmäßiger und können stets vorrätig gehalten werden. Diese Fäden sind sehr elastisch und erscheinen im Gesichtsfeld sehr hübsch gleichmäßig dunkel, aber leider sind sie auch sehr hygroskopisch. Der erstere Umstand erleichtert die sonst sehr diffizile Behandlung beim Aufspannen, der letztere aber bewirkt, daß bei stark wechselnder Feuchtigkeit der Luft die Fäden leicht schlaff und dann krumm werden. (Es ist das bei uns namentlich im Frühjahr bei schnellem Temperaturwechsel der Fall, und bei uns aufgezogene Fäden werden in den Tropen häufig unbrauchbar. Dieses geschieht aber auch manchmal dadurch, daß kleine Spinnen und dergleichen Insekten zwischen den Fäden ganze Gespinste ausführen, die schwer zu entfernen und auch bei größter Vorlicht nicht zu verhindern sind.) Zum Ausspannen der Fäden nimmt man z.B. einen U-förmig gebogenen, etwas federnden Draht, gibt an beide Enden etwas weiches Wachs und spannt nun die Fäden, die immer 4–6 cm länger sein müssen, als man sie im Fadennetz gebraucht, darauf. Auch kann man ohne einen solchen Draht zu benutzen an die Enden der Fäden kleine Gewichtchen ankleben, um sie so straff zu erhalten. Ist dieses in der einen oder andern Weise geschehen, so legt man die Fäden, nachdem man sie vorher einige Zeit in Wasser getaucht hat, der Reihe nach in der gewünschten Anordnung auf das Diaphragma (eventuell in die vorher eingezogenen Striche) und gibt dann, wenn alle gehörig eingerichtet sind, an die Auflagestellen etwas flüssiges Wachs oder besser noch einige Tropfen Schellack. Nach dem Trocknen schneidet man die überstehenden Enden ab. Da zu diesem Geschäft unter Umständen viel Geduld und erhebliche Geschicklichkeit gehört, hat man auch kleine Maschinchen konstruiert, die wesentliche Erleichterungen gewähren. Die Spinnefäden, die bei einer Dicke von 0,05–0,01 mm, wie sie in feineren Instrumenten benötigt werden, sehr leicht der Zerstörung ausgesetzt sind, hat man auch durch andre Materialien zu ersetzen versucht. Vor allem hat man dünne planparallele Glasplättchen mit den entsprechenden Netzen seiner Striche durch Einschneiden mit dem Diamant oder durch Aetzen mit Flußsäure versehen und diese auf die Diaphragmen gekittet. Solche Strichnetze haben den Vorteil, daß sie in ihren Abständen unveränderlich, sehr dauerhaft und auch leicht herzustellen sind. Aber anderseits lagert sich auf den Glasscheibchen leicht Staub ab, oder sie beschlagen bei Temperaturschwankungen, wodurch der ohnehin schon vorhandene Lichtverlust noch erheblich vermehrt wird. Die Reinigung ist nicht immer leicht ausführbar, ohne das Instrument auseinander zu nehmen, wodurch aber häufig gerade die in diesen Fällen wichtigen Konstanten: Anguläre Fädendistanzen, Kollimationsfehler u.s.w. gestört werden und dann neu bestimmt werden müssen. Außerdem bieten auch bei sehr guter Ausführung der Strichnetze bei starken Vergrößerungen die Tiefen und die ungleiche Beleuchtung der Strichränder für die Fokusierung manchmal unangenehme Schwierigkeiten. In neuerer Zeit hat man zum Teil mit gutem Erfolg Strichnetze auf Glasplättchen photographiert und dann die Schicht durch ein dünnes Deckglas geschützt. Dabei ist nur der Lichtverlust bedenklich, aber im übrigen geben diese Strichnetze sehr gute und scharf einstellbare Bilder. Die Verwendung solcher Glasplatten gestattet auch den Strichen Formen und Dimensionen zu geben, die zu bestimmten Zwecken wünschenswert sein können. Zum Beispiel ist es möglich, die Striche nur bis nahe in die Mitte des Gesichtsfeldes gehen zu lassen, oder keilförmig als Spitzen anzuordnen, damit sie mehr als Index an Teilungen benutzt werden können oder auch bei Visuren das beobachtete Objekt nicht verdecken. Die Fig. 8–11[564] zeigen solche Striche und ihre Anwendung. Auch aus Glas, aus Quarz und vor allem aus sehr sein ausgezogenen Drähten hat man »Fadennetze« hergestellt. Ersteren geht aber gerade die bei Temperaturwechsel nötige Elastizität ab und die andern kann man so sein als nötig nicht herstellen, selbst wenn man Platin in Kupfer- oder Silberumhüllung auszieht und diese dann mittels Säuren auflöst. (Vgl. dazu Mikrometer.) In geodätischen Instrumenten, mit denen fast nur bei Tageslicht gearbeitet wird, sind besondere Vorrichtungen, um die Fäden auch im dunkeln Felde sichtbar zu machen, nicht nötig, wohl aber bei astronomischen Instrumenten. Dort muß es möglich sein, entweder das Gesichtsfeld so weit zu erleuchten, daß neben den zu beobachtenden Objekten auch die Fäden noch sichtbar sind, oder daß im dunkeln Felde neben den hellen Sternen oder Miren auch die Fäden hell auf dunkelm Grunde wahrnehmbar sind. In bei weitem den meisten Fällen benutzt man dunkle Fäden in hellem Gesichtsfeld, die hellen Fäden besitzen mancherlei Nachteile, denn schwache Sterne, für welche doch diese Art der Beleuchtung gerade angewendet werden soll, werden schon bei ihrer Annäherung an die hellen Fäden, die dann immer mit einem hellen Schein umgeben sind, unsichtbar, so daß genaue Pointierungen sehr darunter leiden. Die Beleuchtung geschieht im wesentlichen auf zwei verschiedene Arten; erstens dadurch, daß man Licht durch das Objektiv in das Fernrohr mittels vorgesetzter spiegelnder Ringe oder kleiner zentraler Spiegelchen (Fig. 12 und 13) einfallen läßt, das eine seitlich angebrachte Lampe liefert, oder daß man die Achsen, um die sich das Fernrohr dreht (also die Horizontalachse bei Universalinstrumenten oder die Deklinationsachse bei parallaktisch montierten Instrumenten) durchbohrt und durch diese Durchbohrung sodann das Licht hineinsendet, wo es im Fernrohr selbst auf ein kleines Spiegelchen oder auf ein total reflektierendes Prisma trifft (Fig. 14) und so die Bildebene (d.h. das Gesichtsfeld) hell erscheinen läßt. Bei großen Fernrohren hat man wohl auch Lampen (neuerdings meistens elektrische) dicht neben dein Okularstutzen angebracht und dann durch Systeme von Spiegeln das Licht in das Gesichtsfeld gebracht (vgl. Fig. 15). Ein besonderes Augenmerk ist bEi allen diesen Einrichtungen darauf zu richten, daß die reflektierenden Teile keine Teile des bilderzeugenden Strahlenbüschels abblenden. Deshalb sind die vor den Objektiven aufgedeckten Ringe und Spiegelchen nicht zu empfehlen, weil dadurch ein Teil des Objektives (bei letzteren gerade dir zentrale) unwirksam gemacht und außerdem bei der Beleuchtung durch das Objektiv die Lichtquelle mit Veränderungen in der Stellung des Fernrohres meist auch mit verschoben werden muß. Weit besser ist die zweite Methode, da man im Fernrohr die reflektierenden Teile leicht seitlich des Strahlenkegels anbringen kann, ohne die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung zu stören. Soll allerdings darauf besonderer Wert gelegt werden (bei Durchgangsinstrumenten und Meridiankreisen), so läßt man das Licht wohl auch erst nach einer Reflexion an einem an der Mitte der Innenfläche des Objektivs angekitteten kleinen Spiegelchen in das Gesichtsfeld gelangen. Bei diesen Beleuchtungsmethoden läßt sich auch die Intensität der Helligkeit durch Verkleinerung der Oeffnungen, durch welche das Licht hindurchgeht, oder durch Zwischenschaltung von Blendgläsern leicht den zu beobachtend m Objekten anpassen, was häufig von großer Bedeutung ist. Besonders lehrt die Erfahrung, daß man in rötlich gefärbtem Gesichtsfeld noch leichter schwache Sterne bei völlig genügender Sichtbarkeit der Fäden wahrnehmen kann. Helle Fäden im dunkeln Gesichtsfelde werden[565] entweder dadurch erzeugt, daß man die Fäden von vorn oder von der Seite beleuchtet, wodurch sie durch die Reflexion des Lichtes an ihnen zu »selbstleuchtenden« Objekten werden, oder man macht von den Eigentümlichkeiten der Beugung des Lichtes an den Kanten undurchsichtiger Gegenstände Gebrauch, indem man wohl das Licht von der Objektivseite auf die Fäden fallen läßt, aber durch geeignete Diaphragmen dafür sorgt, daß alles direkte Licht nicht in das Auge gelangt, wodurch nur das gebeugte Licht die Fäden hell erscheinen läßt. Auf dieser Ueberlegung beruhen die Beleuchtungen, wie sie besonders von Abbe vorgeschlagen und auch danach vielfach ausgeführt worden sind. Das Verfahren ist sehr einfach und läßt sich auch bei kleineren Instrumenten ohne weiteres durch Vorsetzen eines engen Diaphragmas vor das eigentliche Augendiaphragma erreichen. Darüber ist besonders der Aufsatz von Czapski im Juliheft für Instrumentenkunde 1885, S. 347 ff., zu vergleichen.

Bei Anwendung metallischer Fäden hat man auch versucht diese dadurch hell erscheinen zu lassen, daß man sie durch einen hindurchgeleiteten elektrischen Strom glühend machte (Littrow). Aber diese Methode hat sich ganz und gar nicht bewährt. In neuerer Zeit, als man die besondere Empfindlichkeit des Selens gegen Lichteinflüsse kennen gelernt hatte, hat man wieder versucht, durch das Sternenlicht selbst, beim Auftreffen des Sternbildchens auf den Selendraht, einen elektrischen Kontakt herzustellen und so eine automatische Registrierung der Durchgänge von Sternen in Meridianinstrumenten zu bewirken. Zufriedenstellende Resultate sind aber wegen der hochgradigen Schwäche der Lichtwirkung bei Sternen noch nicht erzielt worden.


Literatur: In allen Lehrbüchern der Geodäsie und der praktischen Astronomie finden sich Angaben über die Einrichtung und die Korrektur der Fadennetze. Ausführlich ist der Gegenstand behandelt in: Hunäus, Die geometrischen Instrumente, Hannover 1864; Carl, Die Prinzipien der astronomischen Instrumentenkunde, Leipzig 1863, sowie in manchen Aufsätzen dieses Autors in seinem Repertorium der Physik. Mit Beibringung ausführlicher weiterer Literaturangaben findet sich das Nötige über die Fadennetze in: Ambronn, L., Astronomische Instrumentenkunde, Berlin 1899, dem die Fig. 12–15 entnommen sind. Auch die ausführlichen Preisverzeichnisse namentlich englischer und amerikanischer Werkstätten enthalten Angaben über spezielle Einrichtungen von Fadennetzen. Bezüglich der geschichtlichen Entwicklung der Fadennetze ist besonders auf die Studie von E. Hammer in der Zeitschr. f. Vermessungswesen, 1896, zu verweisen und auf den Bericht von Lambert über die Branderschen Mikrometer, Augsburg 1769. In der Zeitschrift für Instrumentenkunde finden sich viele Mitteilungen über diesen Gegenstand, so z.B. Bd. 12, 1892, S. 159 ff.; Bd. 22, 1902, S. 142. Außerdem seien erwähnt: Littrow, Wiener Sitzungsberichte, 1856, S. 20; Marcuse, Einrichtung zur Beleuchtung astronomischer Instrumente, Astron. Nachr., Bd. 130, S. 41. Auch in R. Wolffs Handbuch ist über die Bestimmung der Konstanten der Fadennetze und über die Korrektur gewisser Fehler manches beigebracht, Bd. 28, S. 101.

Ambronn.

Fig. 1., Fig. 2a., Fig. 2b., Fig. 2c., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 4a.
Fig. 1., Fig. 2a., Fig. 2b., Fig. 2c., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 4a.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10.
Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10.
Fig. 11.
Fig. 11.
Fig. 12., Fig. 13a., Fig. 13b.
Fig. 12., Fig. 13a., Fig. 13b.
Fig. 14.
Fig. 14.
Fig. 15.
Fig. 15.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 562-566.
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562 | 563 | 564 | 565 | 566
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