Kesselhaus

[442] Kesselhaus, das Gebäude, das innerhalb einer größeren Häusergruppe zur Aufnahme von Dampfkesseln dient.

Beispiele (nach Angaben der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin) bieten Fig. 1 und 2 mit Tabelle I und Fig. 3 und 4 mit Tabelle II. – Das Kesselhaus ist, wenn die örtlichen Verhältnisse es irgend gestatten, unmittelbar neben das Maschinenhaus zu legen (Fig. 58), um möglichst kurze Dampfleitungen zu erhalten und eine leichte Zugänglichkeit vom Maschinenhaus zu den Kesseln zu ermöglichen. Für die Anlage von Dampfkesseln gilt in Deutschland bezüglich des Aufstellungsortes (Absatz IV § 14 der Allgemeinen polizeilichen Bestimmungen vom 5. August 1890): Dampfkessel, welche für mehr als 6 Atmosphären Ueberdruck bestimmt sind, und solche, bei welchen das Produkt aus der feuerberührten Fläche in Quadratmetern und der Dampfspannung in Atmosphären Ueberdruck mehr als dreißig beträgt, dürfen


Kesselhaus

[442] unter Räumen, in welchen Menschen sich aufzuhalten pflegen, nicht aufgeteilt werden. Innerhalb solcher Räume ist ihre Aufstellung unzulässig, wenn dieselben überwölbt oder mit fester Balkendecke versehen sind. Daraus folgt, daß häufig bei Krafthäusern in großen Städten die Kessel über den Maschinen angeordnet werden (Fig. 9) [1]. Ost werden auch (in England und Amerika) die Kessel in mehreren übereinander gelegenen Stockwerken angeordnet [2] (vgl. Hochbehälter, S. 83, Fig. 2).


Kesselhaus

[443] Förder- und Lageranlagen in Kraftwerken mit Kesselhäusern. Für die in erster Linie durch die Entwicklung der Elektrotechnik ermöglichten, besonders im Interesse größerer Betriebsbilligkeit neuerdings mehr und mehr zentralisierten Energieerzeugungsanlagen bilden die zeit- und arbeitsparenden Transportmaschinen (Fig. 9) wichtige Faktoren hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Rentabilität und Betriebssicherheit (Aufrechterhaltung des Betriebes bei Streiks, Störungen in der Zufuhr u.s.w.; s.a. Haufenlager und Hochbehälter).

Da wie bei den Gasfabriken (s.d.) und Hüttenwerken (s.d.) auf den Kraft- und Lichtwerten mit Kesselhäusern nahezu alle unter Massentransport (s.d.) zusammengefaßten Förder- und Lagervorrichtungen (Zuführung bezw. Stapelung der Brennstoffe wie Kohle u. dergl., Abführung der Rückstände, wie Asche, Schlacken u.s.w.) angewendet werden, so möge hierneben einem Hinweis auf letzteres Stichwort und die darunter fallenden Begriffe die Angabe von bemerkenswerten derartigen Einrichtungen aus der Literatur genügen [3]. Hinsichtlich der neuerdings in großen Kesselhäusern mit Vorliebe verwendeten (auch hierhergehörigen) selbsttätigen Feuerungen (s. Feuerungsanlagen, Bd. 4, S. 7 ff.; [4]) sei um eingegangen auf die mechanische Patentkettenrostzuführung der Deutschen Babcock- & Wilcox-Dampfkesselwerke, A.-G., Oberhausen (Fig. 10) [5]. Der Rost besteht aus einer aus kurzen gußeisernen Roststabgliedern zusammengesetzten Kette, die oben und unten durch in bestimmten Zwischenräumen angeordnete Walzen unterstützt wird; letztere sind in gußeisernen Seitenrahmen gelagert. Diese auf vier Rädern ruhenden Seitenrahmen bilden den Kettenrostwagen, der aus dem eigentlichen Feuerraum ohne Schädigung des Mauerwerkes herausgefahren werden kann. Aus dem am vorderen Ende befindlichen abstellbaren Kohlentrichter gelangt das Brennmaterial der ganzen Rostbreite nach auf die Kette, die durch ein regelbares Schaltwerk langsam durch den Verbrennungsraum geführt wird. Die Geschwindigkeit der Kohlenzufuhr wird derart geregelt, daß sie zur vollständigen Verbrennung der Kohle ausreicht. Die Höhe der Kohlenschicht ist durch eine zweiflügelige Schiebetür entsprechend der Belastung des Kessels genau einstellbar und ebenso regelbar. Die sich bildende Asche und Schlacke wird durch die Bewegung des Rostes nach rückwärts getragen und fällt dort auf eine die Aschenfallöffnung abschließende Klappe. Letztere kann vom Heizerstand aus geöffnet werden, und zwar geschieht dies ein- oder zweimal täglich, je nach dem Aschen- und Schlackengehalte der Kohle. Das Abschlacken findet somit vollkommen selbsttätig ohne Oeffnen der Heiztüren oder die Zuhilfenahme[444] von irgendwelchen Werkzeugen statt. Die Umdrehzahl der Hauptantriebswelle beträgt 35 in der Minute und der Kraftbedarf für jeden Kessel 1/2 PS.; der Rost kann jedoch auch im Falle eines Motorstillstandes von Hand aus bewegt und auch durch die obenerwähnte zweiflügelige Schiebetür zeitweilig von Hand aus gefeuert werden.


Literatur: [1] Buhle, Techn. Hilfsmittel zur Beförderung und Lagerung von Sammelkörpern (Massengütern), 1. Teil, Berlin 1901, S. 73 ff. [Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1900, S. 172 ff.]. – [2] Ders., ebend., 3. Teil, Berlin 1906, S. 162 und Tafel 6. – [3] Ders., Transport- u. Lagerungseinrichtungen für Getreide und Kohle, Berlin 1899, S. 59 ff. (Glasers Annalen 1898, II., S. 65 ff.); Ders., Techn. Hilfsmittel u.s.w., 1. Teil, Berlin 1901, S. 65 (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1900, S. 117 ff.), S. 137 (Journal für Gasbeleuchtung 1901, S. 626); ebend., 2. Teil, Berlin 1904, S. 20, ferner S. 62 (Glasers Annalen 1903, II, S. 220), S. 85 ff. (Glasers Annalen 1904, I, S. 30 ff.); ebend., 3. Teil, Berlin 1906, S. 16 (Deutsche Bauztg. 1904, S. 553), S. 20 u. 97 (»Glückauf« 1904, S. 859, und 1905, S. 162), S. 161 ff., ferner S. 272 (»Stahl und Eisen« 1906, S. 854), S. 289 ff. bezw. 298 ff. (Elektr. Bahnen und Betriebe 1904, S. 430 ff. bezw. 1906, S. 538 ff.). – [4] Ders., ebend., 2. Teil, S. 93 ff.; 3. Teil, S. 268 (»Stahl und Eisen« 1906, S. 794 sowie Lind, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1907, S. 59 ff.). – [5] Ders., ebend., 3. Teil, S. 193 und Tafel 6.

M. Buhle.

Fig. 1 und 2., Fig. 3 und 4.
Fig. 1 und 2., Fig. 3 und 4.
Fig. 5–8.
Fig. 5–8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 10.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 442-445.
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442 | 443 | 444 | 445
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