Meteorologie [2]

[525] Meteorologie, aeronautische, die Kenntnis der physikalischen Eigenschaften und Zustände der freien Atmosphäre sowie ihrer Zustandsänderungen und Bewegungsvorgänge.

Ihr Studium wird vermittelt durch die drei unter Aerologie (s.d.) erwähnten Arbeitsmethoden. Ueber die erste s. Luftschiffe. Bei der zweiten werden entweder Drachen (s.d.) verwendet oder Registrierballone mit Halteseil; handelt es sich nur um zeitlich kurze Auffliege in größere Höhen, so werden Kugelballone benutzt, die statt des Korbes die Instrumente tragen, sollen dagegen Messungen gemacht werden, die sich über eine längere Zeit erstrecken, so verwendet man zweckmäßig Drachenballone kleineren Maßstabes. Zur Füllung dient fast ausschließlich Wasserstoff, weil dadurch kleine Abmessungen erzielt werden. Fig. 1 erläutert die Bedienung eines solchen Ballonaufstieges. – Bei der dritten Methode dienen unbemannte, freifliegende[525] Gummiballone entweder als Transportmittel für irgendwelche Registrierapparate, sie können aber auch den Zweck haben, durch die von ihnen eingeschlagene Bahn mit ihren Windungen und Schleifen die Größe und Richtung des herrschenden Windes in den betreffenden Regionen anzugeben. Stets kommt es bei diesen Ballonen auf die Erreichung einer großen Höhe an; da nun mit wachsender Höhe das Raumgewicht der Luft beträchtlich abnimmt, der freie Auftrieb des Füllgases also im gleichen Verhältnis verringert wird, so ist es notwendig, den Ballon ohne Gasverlust steigen zu lassen, was am leichtesten durch eine elastische, geschlossene Hülle erreichbar ist, die aber doch bei der Ausdehnung keine Einbuße an Dichtigkeit erleiden darf. Die Ballone der letzten Kategorie, die ohne Instrumente aufsteigen, werden einfach zugebunden und dann io beschwert, daß sie eine bestimmte Steiggeschwindigkeit aufweisen, die sie dann auch mit großer Annäherung auf ihrem ganzen Wege beibehalten, bis sie an der Grenze ihrer Dehnfähigkeit platzen. Sie werden vom Start aus fortwährend mit dem Theodolit (besser mit zwei voneinander entfernten) beobachtet (s. Fig. 2) und ihr Ort von Zeit zu Zeit festgestellt. Würde man in derselben Weise bei den Registrierballonen vorgehen, so würde voraussichtlich das betreffende Instrument nach dem Platzen des Ballons durch die Erdbeschleunigung so hart aufschlagen, daß es unbrauchbar wird; bei Freifahrten muß daher dieser Fall gemildert werden. Man wendet daher entweder zwei Ballone an, von denen durch passende Dimensionierung der eine zuerst platzt, worauf die negative Steigkraft des andern noch genügt, den Fall abzubremsen; hängen dieselben nebeneinander ohne Netz, so haben wir das Hergesellsche Doppelgespann, sind sie dagegen unter einem gemeinsamen Netz untereinander angeordnet, so ist dies die Saulsche Tandemanordnung. Endlich wird noch die obere Kalotte des Netzes aus Stoff gebildet, der dann nach dem Platzen des Ballons sich fallschirmartig aufbläht und so die nötige Fallverzögerung herbeiführt. Die Verwertung der Arbeiten geschieht derart, daß monatlich einmal an allen mit Stationen versehenen Orten der Erde nach internationalem Uebereinkommen gleichzeitige Messungen unternommen werden, während sonst jede Station nach ihrem eignen Programm arbeitet. Die Ergebnisse werden in täglichen Wetterkarten und sonstigen periodisch erscheinenden Uebersichtskarten zusammengetragen und je für den betreffenden Zweck tabellarisch oder graphisch verarbeitet. Der Unterricht in Meteorologie ist eine der wichtigsten Ausbildungszweige für jeden Luftfahrer, zumal ein umfangreicher Warnungsdienst für Gewitter, Böen u.s.w. organisiert ist, dessen Benutzung zur Sicherheit der Luftdurchquerung außerordentlich beiträgt.

Der Gewitterwarnungsdienst beruht auf der Erfahrungstatsache, daß Gewitter in der Regel in großer Front unter Einhaltung ihrer ursprünglichen Richtung mit nahezu konstanter Geschwindigkeit forteilen. Durch telegraphische Meldungen läßt sich die Bewegungsrichtung, die Länge der Front und die Geschwindigkeit des Gewitters den Orten mitteilen, die voraussichtlich vom Gewitter berührt werden, um Schutzvorkehrungen treffen zu können.[526]


Literatur: [1] Linke, Meteorologische Ausbildung d. Fliegers, München 1913. – [2] Fischli, Aeronautische Meteorologie, Berlin 1913. – [3] Linke, Aeronautische Meteorologie, Frankfurt 1911.

Béjeuhr.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 525-527.
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525 | 526 | 527
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