Appretūr

[637] Appretūr (hierzu Tafel »Appreturmaschinen«), die Zurichtung einer Ware, besonders der Gewebe, des Papiers, Leders, Pelzwerks etc., um derselben gewisse Eigenschaften (Farbe, Glanz, Griff, Dichte) und durch diese einen höhern Gebrauchswert oder die für den Markt geeignetste Beschaffenheit, die selbst ebenfalls A. heißt, zu geben. Bei vielen Waren schließt sich die A. unmittelbar an die Herstellung an, bei den Geweben aber wird sie meist in Zurichtungs- oder Appreturanstalten ausgeführt. Sie beginnt hier mit einer Reinigung der Gewebe und endet mit der Hervorbringung eines angenehmen Ansehens, großer Glätte, starken Glanzes etc. Die Reinigungsarbeiten bestehen im Noppen und Waschen. Durch das Noppen (Belesen) werden Knoten, Fäden, Strohstücke, Holzsplitter u. dgl. meist mittels einer Noppzange[637] beseitigt. Zur Entfernung von Schlichte, Fett etc. wäscht man die Gewebe mit warmem Wasser, Seife, Ätznatron, Soda u. dgl. in Waschmaschinen. Das Trocknen geschieht durch Auspressen (Auswringen oder Ausschleudern auf der Zentrifuge, Auspressen auf Walzenpressen) und durch Verdampfen des Wassers in Trockenräumen (Kammern) oder auf Trockenmaschinen. Die durch die Ungleichförmigkeit der hervorragenden Faserenden unansehnliche, rauhe und wenig glänzende Oberfläche der Gewebe wird durch Abbrennen (Absengen, Sengen) auf Sengmaschinen oder durch regelmäßiges Abschneiden (Scheren) der Fasern auf Schermaschinen verschönert. Da die gute Wirkung des Sengens und Scherens jedoch wesentlich von der Lage der Fäserchen abhängt, so werden diese zunächst mit Hilfe von Karden disteln, Kratzen oder Bürsten auf Rauh- oder Bürstmaschinenan die Oberfläche gezogen (Rauhen, Bürsten).

Durch die beschriebene Bearbeitung kann nur die dem Webmaterial von Natur zukommende Glätte und sein natürlicher Glanz hervorgebracht werden. Ein höherer Glanz wird durch Verstopfen der Gewebeporen durch das Füllen und ein Glätten der Oberfläche durch einen Überzug und starken Druck hervorgebracht. In vielen Fällen imprägniert man das Gewebe mit einer Masse (Appreturmasse, Appret), die in der Regel aus einem Füllstoff (seinem weißen Ton, Kaolin, Schwerspat, Talk, Gips, Kreide, Magnesia u. dgl.) mit einem Bindemittel (Stärkekleister, Leim, Dextrin, Seife, Wachs, Pflanzenschleim) besteht, und preßt es nach dem Trocknen oder Festwerden dieser Masse zwischen glatten Körpern. Zum Imprägnieren (Stärken) benutzt man die Stärke- oder Klotzmaschine, zum Glätten verschiedene Pressen, insbes. die Mangen und Kalander (daher Mangen, Kalandern, Zylindrieren). Zu den Appreturarbeiten kommen mitunter noch hinzu: das Karbonisieren (s. d.) der Wollenstoffe, das Kreppen oder Krausen des Krepps (s. d.), eines Seidenstoffes, wobei letzterer zwischen geriffelten geheizten Walzen hindurchgeht und dabei seine Kreppung erhält, das Ratinieren (s. Ratin); ferner das Wasserdichtmachen (s. Wasserdicht), das Unverbrennlichmachen durch Tränken mit Lösungen von Salzen etc. und das Mercerisieren (s. d.) der Baumwolle.

Zu den Vollendungsarbeiten gehören hauptsächlich das Gaufrieren (s. d.), Moirieren (s. Moiré) und das Filzen. Das Filzen gibt den Stoffen große Dichtigkeit, findet besonders in der Tuchfabrikation Anwendung und wird durch Walken in Walkmaschinen ausgeführt (s. Walken).

Baumwollenstoffe werden nach dem Waschen und Trocknen in der Regel erst gesengt, dann oft gerauht und geschoren, regelmäßig gestärkt, gemangelt und kalandriert sowie in bestimmten Fällen gaufriert, gerahmt und moiriert. Leinenwaren werden im wesentlichen wie baumwollene Gewebe behandelt, nur fällt wegen ihrer natürlichen Glätte das Sengen und Scheren fort. Nach dem Stärken werden sie auf der Mange oder auf Kalandern geglättet; um eine nicht glänzende, dem Faden seine Rundung nicht bemerkbar raubende, sanft gewässerte A. zu erhalten, bringt man die Leinwand auf die Schlagmühle (Stampf-, Stoßkalander), wo sie etwas feucht auf eine Walze fest aufgewickelt und durch sehr glatte, senkrecht herabfallende Stampfen bearbeitet wird. Über die A. der Tuche s. Tuch. Kammwollene Zeuge werden je nach ihrer Beschaffenheit genoppt, gesengt, gewaschen, geschoren, mit Leimwasser gesteift, getrocknet, gemangelt oder kalandert, geglättet oder geglänzt und gepreßt. Seidene Gewebe werden nur in gewissen Fällen appretiert, besonders überzieht man leichte Taste und Atlasse auf der Rückseite mit Tragantschleim, trocknet sie schnell und erhöht ihren Glanz durch Kalandern mit geheizten Metallwalzen. Über die in der A. angewendeten Maschinen s. die beifolgende Tafel. Vgl. Meißner, Der praktische Appreteur etc. (Leipz. 1875); Derselbe, Die Maschinen für A. etc. (Berl. 1873); Behnisch, Handbuch der A. (Grünb. 1879); Romen, Bleicherei, Färberei und A. (Berl. 1879–1885, 2 Bde.); Polleyn, Die Appreturmittel (2. Aufl., Wien 1897); Dépierre, Die A. der Baumwollgewebe (das. 1888); Sansone, Zeugdruck, Bleicherei etc. (deutsch, Berl. 1890); Reiser, Die A. der wollenen und halbwollenen Waren (Leipz. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 637-638.
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