[166] Austräge, schiedsrichterliche Entscheidungen, auch Bezeichnung für die zur Erteilung derartiger Entscheidungen berufenen Schiedsgerichte. Sie wurden besonders häufig in der zweiten Hälfte des Mittelalters, als es an einer ordentlichen Gerichtsverfassung fehlte, eingegangen, indem die damaligen zahlreichen Bündnisse und Einigungen der verschiedensten Stände regelmäßig mit Festsetzung eines »Austrags« verbunden waren; so der Austrag der Kurfürsten auf dem Kurverein von Rhens (Rense, 1338). Nach der Errichtung des Reichskammergerichts war für Klagen gegen Fürsten in erster Instanz ein Austrag als kaiserliche Kommission zuständig, wogegen jeder Partei die Berufung an das Reichskammergericht zustand. Nach der Verfassung des vormaligen Deutschen Bundes sollten die Bundesglieder sich unter keinem Vorwand bekriegen oder ihre Streitigkeiten mit Gewalt verfolgen. Letztere sollten vielmehr bei der Bundesversammlung angebracht werden, die sie nötigenfalls zur gerichtlichen Entscheidung durch eine wohlgeordnete Austrägalinstanz (Austrägalgericht) zu bringen hatte. Das Verfahren war durch die Bundesausträgalordnung vom 16. Juni 1817 und durch einen Bundesbeschluß vom 3. Aug. 1820 über das bei der Ausstellung der Bundesausträgalinstanz zu beobachtende Verfahren geregelt. Die deutsche Reichsverfassung (Art. 76) schreibt dagegen vor, daß Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den zuständigen Gerichtsbehörden zu entscheiden, auf Anrufen des einen Teiles von dem Bundesrat zu erledigen sind. Ferner versteht man unter Austrägen Sondergerichte von Standesgenossen. Nach § 7 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ist in Deutschland das landesgesetzlich den Standesherren gewährte Recht auf A. in Strafsachen erhalten geblieben. Vgl. hierzu für Preußen Instruktion vom 30. Mai 1820, Gesetz vom 10. Juni 1854 und Verordnung vom 12. Nov. 1855.