Bildzauber

[873] Bildzauber, schon von indischen, chaldäischen, griechischen und römischen Magiern geübte Zauberei vermittelst eines gemalten oder aus Ton, Wachs, Metall geformten Bildes, um in der Ferne auf diejenige Person zu wirken, die dieses Bild vorstellen sollte, oder mit dem es durch allerlei Praktiken magisch verbunden[873] worden war. Je nachdem man eine solche Rachepuppe peinigte, köpfte, ersäufte, in den Rauch hing oder im Feuer schmolz, glaubte man die betreffende Person zu peinigen, ihr (durch einen Stich in die Leber) Liebe einzuflößen, sie durch einen Schuß zu verletzen (s. Hexenschuß), rasch zu töten oder langsamem Siechtum zu überliefern. Zum Liebeszauber fertigte man auch wohl die Bilder zweier durch Zauberei zu verbindender Personen und operierte mit ihnen. In der nordischen Nornagest- und griechischen Meleagersage ist ein ähnliches Motiv dichterisch verwertet worden; die erotischen Dichter der Griechen und Römer erwähnen den B. häufig. Im Mittelalter und in den Hexenprozessen spielte das Zauberbild (Atzmann. franz. vols, voûts) eine große Rolle, und die Päpste erließen zahlreiche Bullen gegen seinen Gebrauch. Später wurde die Anklage, mittels Wachsbilder dem König nach dem Leben zu stehen, am französischen Hofe Gegenstand zahlreicher Prozesse. Die Quelle dieses Aberglaubens beruht in der Vorstellung, daß das Bild einen wirklichen Teil der Person darstelle, weshalb Naturvölker einen großen Abscheu, sich malen oder photographieren zu lassen, an den Tag legen. Nach Ansicht des Mittelalters gehörten noch Teile der Mumie (s. d.) des lebenden Menschen, nämlich Haar, Haut oder Nägelabschnitzel, die dem Bild eingefügt wurden, oder eine kirchliche Taufe auf den Namen desselben dazu, um sein Schicksal mit dem des Bildes unauflöslich zu vereinigen. Man hütete sich deshalb sehr, Abfallstoffe des Körpers in die Macht fremder Menschen geraten zu lassen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 873-874.
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