Taufe

[352] Taufe (griech. Baptisma, Baptismus, Tauchen, Untertauchen), das durch Untertauchung oder Besprengung mit Wasser unter entsprechenden Worten erteilte Sakrament der Wiedergeburt und Aufnahme in die christliche Kirche. Heilige Waschungen findet man fast bei allen alten Völkern (s. Reinigungen) und Spuren von feierlicher Lustration neben der Beschneidung auch bei den Juden (s. Proselyt). Durch die Wassertaufe weihte namentlich Johannes der Täufer alle, die Buße taten, für das nahe bevorstehende Gottesreich, und auch Jesus empfing diese T. im Jordan. Nach seinem Vorbild ließen sich dann seine Gläubigen, und zwar ursprünglich nur auf seinen Namen, taufen. In Paulinischen Kreisen faßte man die T., ihre anfängliche symbolische Auffassung in die sakramentliche umbiegend, als ein mysteriöses Bad der Wiedergeburt auf und setzte sie mit dem Tod und der Auferstehung Christi in Beziehung, daher man in der T. eine über das Sinnbild des Unter- und Auftauchens hinausschreitende, geheimnisvolle Verbindung mit Christus fand. Erst Augustin gab durch seine Lehre von der Erbsünde der T. eine dogmatische Unterlage und bewies ihre absolute Notwendigkeit. Die Wiederholung der T. war lange eine Streitfrage, besonders mit Bezug auf die Ketzertaufe. Seit dem 3. Jahrh. sprach sich die Kirche immer bestimmter dahin aus, daß ein auf die Trinität getaufter Ketzer beim Übertritt zur orthodoxen Kirche nicht wiederum zu taufen sei. Nach katholischer Lehre ist die T. das erste und notwendigste Sakrament, so daß ohne sie kein andres Sakrament gültig empfangen werden kann, da erst in der T. der Mensch durch das Wasser und Wort Gottes von der Erbsünde und allen andern Sünden gereinigt und in Christus zum übernatürlichen Leben, als Mitglied der heiligen Kirche und Erbe des Himmels wiedergeboren und geheiligt wird. Sie beseitigt nicht die zeitlichen Folgen der Erbsünde; dagegen drückt sie einen unauslöschlichen Charakter auf, so daß sie nur einmal empfangen werden kann. Nach protestantischer Anschauung ist die T. die für alle Zeit gültige Darbietung der vergebenden und erneuernden Gnade. Während aber nach der lutherischen Lehre die T. durch die wunderbare Wirksamkeit des mit dem Wasser verbundenen Wortes unmittelbar und sogar in Kindern Wiedergeburt (s. d.), Wiederherstellung der Freiheit des Willens zum Guten und den Glauben wirkt, gilt sie bei Zwingli als Pflichtzeichen und kirchlicher Einweihungsakt, überhaupt in der reformierten Kirche mehr als Symbol und Unterpfand dafür, daß Gott denen, die zum Glauben gelangen, die verheißenen Heilsgüter auch zukommen lassen werde. Beide Kirchen haben auch die Kindertaufe beibehalten, die, schon seit etwa 200 vereinzelt vorgekommen, erst allmählich herrschende Sitte geworden war. Weil für sie kein Befehl Christi und der Apostel vorliegt, und weil die Kinder überdies auch zu dem Glauben, der in der T. vorausgesetzt ist, nicht befähigt sind, verwarfen die Wiedertäufer (s. d.) und Mennoniten (s. d.) sie völlig, indem sie eine Wiederholung der T. an den Erwachsenen forderten. Ähnlich weisen auch die Baptisten (s. d.) Englands und Nordamerikas und die deutschen Darbysten (s. d.) die Kindertaufe zurück, während die Quäker (s. d.) die T. überhaupt verwerfen. Dagegen soll nach der Lehre der katholischen und evangelischen Kirche die T. regelmäßig von dem ordinierten Geistlichen verrichtet werden. Nur in Notfällen soll auch die Laientaufe (Nottaufe) zugelassen werden. Die unter wörtlicher Beziehung auf die drei Personen der Trinität vorzunehmende Anwendung des Wassers kann Untertauchung (immersio) oder Besprengung (aspersio), bez. Begießung (infusio) sein. Der erstere Taufmodus ist erst seit dem 13. Jahrh. im Abendland allmählich dem letztern gewichen und ist noch jetzt in der morgenländischen Kirche üblich. Der Exorzismus (s. d.) ist in der protestantischen Kirche abgeschafft worden, aber nicht überall die Abrenunziation (s. d.). In der alten Kirche[352] wurde die T. in den Kathedralkirchen vorgenommen, die besondere Taufkapellen (Baptisterien) hatten. Nachdem aber die Bischöfe sich nur noch die Konfirmation oder Firmung (s. d.) vorbehalten hatten, die Verrichtung der T. dagegen den Presbytern zugewiesen worden war, brachte man in jeder Kirche Taufsteine an. Später wurden Haustaufen üblich, mehr noch bei den Lutheranern als bei den Katholiken. Bei der T. findet nach Luk. 1,59; 2,21 eine Namengebung statt. Wo sich Staat und Kirche nicht in der Weise der modernen Gesetzgebung auseinandergesetzt haben, erscheint die T. als notwendige Handlung und kann daher auch gegen den Willen der Eltern erfolgen (Taufzwang); über die T. selbst muß der Geistliche ein Register führen (s. Kirchenbuch); die formellen Auszüge daraus (Taufzeugnisse) gelten als öffentliche Urkunden. Vgl. Höfling. Das Sakrament der T. (Erlang. 1846 bis 1848, 2 Bde.); Heitmüller, Im Namen Jesu (Götting. 1903) und T. und Abendmahl bei Paulus (das. 1903); Rendtorff, Die T. im Urchristentum (Leipz. 1905); Scheel, Die dogmatische Behandlung der Tauflehre in der modernen positiven Theologie (Tübing. 1906); Gottschick, Die Lehre der Reformation von der T. (das. 1906); Staerk, Der Taufritus in der griechisch-katholischen Kirche (Freiburg 1903).

Zur T. diente in den Kirchen ursprünglich ein Bassin mit Wasser, in dem der Täufling untergetaucht wurde. An seine Stelle trat später der Taufstein, ein Becken aus Stein mit symbolischen Figuren oder auf die T. bezüglichen Darstellungen, bisweilen von Figuren (den vier Flüssen des Paradieses, Löwen u. a.) getragen. Solcher Taufsteine sind noch viele aus romanischer Zeit erhalten. In die Vertiefungen der Steine ließ man seit dem 11. Jahrh. metallene Becken ein, zu denen sich später metallene Deckel gesellten, die ebenfalls mit bildlichen Darstellungen verziert waren und bei der Taufhandlung durch Ketten emporgezogen oder durch Arme fortbewegt wurden. Der bedeutendste Taufstein aus Bronze befindet sich im Dom zu Hildesheim aus dem Anfang des 13. Jahrh. In spätgotischer Zeit brachte man über den Taufsteinen bisweilen Baldachine an. Seit dem 17. Jahrh. sind an Stelle der Taufsteine vielfach Taufschüsseln und Taufkannen getreten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 352-353.
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