Blois

[67] Blois (spr. blŭá), Hauptstadt des franz. Depart, Loir-et-Cher, am rechten Ufer der Loire, über die eine 305 m lange steinerne Brücke (in der Mitte mit einem Obelisken geziert) zur Vorstadt Vienne führt, Knotenpunkt an der Orléansbahn, zerfällt in einen modernen Stadtteil am Fluß mit schönen Kais und in die Altstadt, die sich mit winkeligen Gassen und alten Häusern eine Anhöhe hinaufzieht, auf deren einem Ende das in verschiedenen Zeiträumen (hauptsächlich unter Ludwig XII. und Franz I.) erbaute, neuestens restaurierte Schloß mit schöner Fassade, prächtigem Treppenhaus und großem Saal (mit alten Gemälden), auf deren anderm die Kathedrale (17. Jahrh.) steht. Andre bemerkenswerte Bauten sind eine römische Wasserleitung (in Felsen gehauen), der bischöfliche Palast mit Terrassengärten, die Kirche St.-Nikolaus (12. und 13. Jahrh.), die ehemalige Jesuitenkirche und zahlreiche Herrenhäuser aus dem 15. und 16. Jahrh. B. hat (1901) 21,407 Einw., die Holz- und Tonwaren, Maschinen, Lebkuchen, Essig etc. fabrizieren und beträchtlichen Handel mit Wein und Branntwein, Vieh und Getreide treiben. Die Stadt ist Sitz des Präfekten, eines Handelsgerichts und eines Bischofs, hat ein Collège, ein theologisches, ein Lehrer- und Lehrerinnenseminar, eine öffentliche Bibliothek (30,000 Bände), ein Museum, ein Theater, ein Irrenhaus und ein Gestüt. B. ist Geburtsort Ludwigs XII., des Physikers Papin, dem hier ein Standbild errichtet wurde, des Marquis Favras, des Juristen Pardessus und der Historiker Augustin und Amédée Thierry. – B. war schon zur Zeit der Römer ein wichtiger Ort, wie noch vorhandene Ruinen (ein Aquädukt, Straßen u. a.) zeigen; genannt wird es als Blesae zuerst von Gregor von Tours. Dann wurde es Hauptstadt einer Grafschaft (Pagus Blesensis, seit dem 15. Jahrh. Blaisois) mit dem Ort Blesis, jetzt B. Nach Erlöschen des alten Grafengeschlechts (1218), das von Hugo Capet abstammte, und dem auch Stephan von B., König von England (1135–54), angehörte, kam B. durch Heirat 1230 an das Haus Châtillon und 1391 durch Kauf an Ludwig, Herzog von Orléans, Sohn König Karls V., dessen Enkel, König Ludwig XII., es 1498 mit der Krone vereinigte. Seitdem war B. bis auf Heinrich IV. häufig Residenz der Könige sowie Sitz der Reichsstände; hier wurden die Bündnisse mit Venedig 15. April 1499 und 14. März 1513, der Friede mit Spanien 5. Dez. 1513 vollzogen. Bei dem 1588 von Heinrich III. nach B. berufenen Reichstag wurde Herzog Heinrich von Guise 23. Dez. auf dem Schloß (im »schwarzen Zimmer«) ermordet und sein Bruder, der Kardinal Ludwig von Guise, 24. Dez. hingerichtet. Ludwig XIII. verlieh das Schloß seinem Bruder Johann Gaston von Orléans. Ludwig XIV. schenkte es seinem Bruder Philipp von Orléans. Vor Napoleons I. Sturz ging die Kaiserin Marie Luise 1. April 1814 mit der Regentschaft nach B., wo die kaiserliche Regierung endete. Vgl. Bergevin u. Dupré, Histoire de B. (Blois 1847, 2 Bde.); La Sauffaye, B. et ses environs (wiederholt); Derselbe, Histoire du château de B. (7. Aufl. 1875).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 67.
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