Borkenkäfer

[228] Borkenkäfer (Bostrichidae Erichs.), Käferfamilie, umfaßt kleine Käfer mit walzigem Körper, vorn abgestutztem, in den Halsschild zurückgezogenem Kopf, kurzen, geknickten, knopfförmig verdickten Fühlern und kurzen Beinen. Die Käfer fressen einen Gang in die Baumrinde und begatten sich hier. Das Weibchen führt diesen Gang (Muttergang) weiter fort und legt zu beiden Seiten desselben in gleichen Abständen seine Eier in kleinen Grübchen ab. Die gedrungenen, walzigen, fußlosen Larven bilden nun seitwärts von dem Hauptgang abgehende Gänge, die mit dem Wachstum der Larve immer breiter werden. Da die meisten Arten sehr fruchtbar sind, werden die Bäume beträchtlich geschädigt (Wurmtrocknis). Von einigen Arten leben die Larven auch in andern Gehölzen, Zweigen und Krautstengeln. Man kennt 130 europäische Arten, von denen etwa 30 für den Waldbau in Betracht kommen. Die Hauptgattungen sind: eigentliche B. (Bostrichus), Splintkäfer (Scolytus, nur in Laubhölzern) und Bastkäfer (Hylesinus). Der große Kiefernmarkkäfer (Hylesinus piniperda L., s. Tafel »Forstinsekten II«, Fig. 1), 4 mm lang, mit vorn schwach rüsselförmig verjüngtem Kopf, Fühlern mit sechsgliederiger Geißel und eiförmigem, viergliederigem Endknopf, am dritten Fußglied zweilappig, glänzend schwarz, fein behaart, an Fühlern und Füßen rostrot, auch rostgelb oder braun mit punktiert gestreiften Flügeldecken, ist schwer zu unterscheiden von dem kleinen Kiefernmarkkäfer (H. minor Hrtg.), der nicht immer kleiner ist. H. piniperda erscheint im März an frischen Stöcken, Klafterholz, an liegenden Stämmen etc. der Kiefer, das Weibchen bohrt in die Rinde, geht nach der Paarung bis auf die Sohle derselben und fertigt meist gerade Lotgänge. Die Larvengänge zweigen sich dicht beieinander ab. Der Käfer bohrt sich im Juli oder August hervor, geht wagerecht in die jungen Triebe der Kiefern bis zum Mark, verzehrt dasselbe und geht aufwärts. Die Triebe werden dann leicht vom Wind abgebrochen (Abbisse), oder die endständigen Kronentriebe bleiben stehen, heilen allmählich aus, treiben aber zunächst zahlreiche Knospen, die zu sehr buschig stehenden, kurzen Nadeln auswachsen. Dadurch erhalten die Wipfel ein sonderbares, schlank ausgeästetes Ansehen (Waldgärtner). Der Käfer überwintert dicht über der Wurzel der Stämme hinter Rindenschuppen oder in bis zum Bast reichenden Bohrlöchern. Gegenmittel: Entrindung von brutbeförderndem Material, Aushieb allerkränkelnden Stämme, Fangbäume. H. minor bohrt die dünne Rinde des Zopfendes von Stangenholz und 50–70jährigen Stämmen an und fertigt horizontale, zweiarmige Gänge, von denen aus die Larven weiter fressen. Der Käfer geht ebenfalls in die jungen Triebe und verzehrt das Mark. Der Fichtenborkenkäfer (Buchdrucker, Bostrichus typographus L., s. Tafel »Forstinsekten II«, Fig. 2 u. 3), 4 mm lang, mit mehr kugelförmigem, von oben nicht sichtbarem Kopf, Fühlern mit fünfgliederiger Geißel und eiförmigem, viergliederigem Endknopf, einfachem dritten Fußglied, rotbraun oder pechbraun, gelb rauhhaarig; die Flügeldecken sind an der Spitze abschüssig und tief ausgehöhlt, mit groben Punktstreifen, auf den scharfen Rändern der Aushöhlung mit vier zahnartigen Höckern. Dieser besonders den Fichten höchst verderbliche Käfer fliegt im April und Mai an die Bäume, bohrt sich unter der Krone an der Sonnenseite durch die Rinde und legt von einer größern Höhlung aus, in der die Begattung erfolgt (Rammelkammer), einen oder zwei lotrechte Gänge an, von denen die Larven seitwärts gehen. Nach 8–13 Wochen fliegt die Brut aus und kann in demselben Jahr eine zweite Generation erzeugen. Geschieht dies nicht, so fliegen die jungen Käfer oft gar nicht aus, sondern fressen unregelmäßige, verworrene Gänge um ihre Wiege herum. Der Fichtenborkenkäfer ist der gefährlichste Feind der Fichte und bringt ganze Bestände zu schnellem Absterben. Auch andre Arten der Gattungen Bostrichus und Hylesinus richten Schaden an; während aber die Kiefer mehr auf Kulturen von den Borkenkäfern zu leiden hat, greifen diese die Fichten namentlich in großen, zusammenhängenden Beständen an. Als Gegenmittel empfehlen sich: gute Kultur, unverzügliches Ausarbeiten und Entrinden des Brutmaterials, das Wind- und Schneebruch liefern, Entrinden der gefällten Hölzer, Auslegen von Fangbäumen. Der Rüstersplintkäfer (Eccoptogaster scolytus Hbst., s. Tafel »Forstinsekten II«, Fig. 4 u. 5), 6 mm lang, mit schief von vorn nach der Spitze zugeschärftem Hinterleib, zwei kräftigen, breiten, glänzenden Kinnbacken, Fühlern mit siebengliederiger Geißel und längerm Endknopf, mäßig punktstreifigen Flügeldecken und zweilappigem dritten Fußglied, glänzend schwarz, an[228] den Fühlern, Beinen und Flügeldecken braun, erscheint im Mai an Rüstern; das Weibchen bohrt sich in die Rinde ein, wird befruchtet, bildet dann den Muttergang und legt seine Eier. Die Larvengänge zweigen sich rechtwinkelig ab, sind ungemein zierlich, oft sehr lang und verworren und verzweigen sich strahlenartig. Die Larven überwintern hier, verpuppen sich auch z. T. vor dem Winter. Andre Arten hausen in Eichen, Birken, Obstbäumen. Der Obstbaumsplintkäfer (Scolytus pruni Rtzb., s. Tafel »Gartenschädlinge II«, Fig. 9), 3,5–4,5 mm lang, schwarz, glänzend, an Fuhlern und Beinen rotbraun, auf Brustschild und Flügeldecken punktiert, lebt unter der Rinde kranker Pflaumen-, Kirsch-, Äpfel-, Birnbäume und bewirkt deren baldiges Absterben. Vorbeugungsmittel: alljährliches Ausputzen der Kronen. Vgl. Eichhoff, Die europäischen B. (Berl. 1880); Barbey, Die Bostrichiden Zentraleuropas (Genf 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 228-229.
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