Colchicum

[217] Colchicum L. (Zeitlose, Lichtblume), Gattung der Liliazeen, Kräuter mit dicker, von trocknen braunen Hülsen umgebener, meist tief im Boden stecken der Zwiebelknolle, grundständigen, linealischen Blättern, die bei vielen Arten erst im Frühjahr nach der in den Herbst fallenden Blütezeit erscheinen, meist einzeln (oder zu zwei oder drei) stehenden Blüten mit trichterförmigem Perigon und sehr langer, enger, größtenteils im Boden stecken der Röhre und oblonger oder kugeliger, aufgeblasener, dreifächeriger, vielsamiger Kapsel. Etwa 30 Arten, meist im Orient und in den Mittelmeerländern. C. autumnale L. (Herbstzeitlose, Wiesensafran, wil der Safran, Herbstrose, nackte Jungfer, Hahnenklötenwurzel, s. Tafel »Giftpflanzen I«, Fig. 5), in Deutschland, Mittel-, West- und Südeuropa, auch in Algerien auf feuchten Wiesen. Die hell lilafarbene Blüte erhebt sich im Herbst aus einer kleinen Knolle, die bis zum Frühjahr sehr kräftig wird und die Blätter und die Frucht über den Boden hervortreten läßt. Die Frucht reist, die Blätter sterben ab, und es entwickelt sich im Herbst eine neue Blüte aus dem früh angelegten[217] neuen Knöspchen. Die Entwickelung ist also zweijährig, und da man im Frühjahr die Fruchtkapseln, im Herbst die Blüten auf den Wiesen sieht, so nannte man die Pflanze filius ante patrem. Die frische Knolle, im Spätsommer gesammelt, riecht widrig rettichartig, schmeckt süßlich, dann scharf bitter und kratzend, nach dem Trocknen nur noch bitter; sie enthält als wesentlichen Bestandtteil Colchicin (0,066 Proz.). Die Samen sind feingrubig punktiert, braun, durch Ausschwitzung von Zucker etwas schmierig, geruchlos, schmecken sehr bitter und enthalten 0,2–0,3 Proz. Colchicin. Die Herbstzeitlose war schon den Alten bekannt und wurde auch Ephemeron genannt, weil man glaubte, daß derjenige, der eine Zwiebel esse, an demselben Tage sterben müsse. Die Colchica venena der Alten haben von dieser Pflanze den Namen. Störck zog die Zeitlose 1763 in arzneiliche Anwendung. Der Same und daraus bereitete Präparate (Tinktur, Wein) werden gegen Gicht, Rheumatismus, Wassersucht etc. angewendet; große Dosen wirken, wie auch die Wurzeln und Blüten, stark giftig. Die Vergiftungserscheinungen bestehen in Kopfschmerz, Erbrechen, brennendem Durst, starken Darmentleerungen, Schwäche, Schwindel, Zuckungen oder Krämpfen, Tod meist am zweiten Tage. Man macht Magenausspülungen und bekämpft die Symptome. Bisweilen soll man Colchicumsamen betrügerisch als Hopfensurrogat in der Bierbrauerei angewendet haben (vgl. Dragendorff, Herbstzeitlose im Bier, Frankf. 1877). Als Zierpflanzen kultiviert man auch Spielarten mit weißgelben, rötlichbunten, rosenroten und lilafarbenen Blüten sowie mit weißgestreiften Blättern, und einige andre Arten, wie C. variegatum L., in Portugal, Sizilien, auf Kreta und in Kleinasien einheimisch, mit buntwürfelig gefleckten Blüten, die auch im Herbst erscheinen, die angebliche Stammpflanze der bei den Alten und im Mittelalter sehr geschätzten, platten, herzförmigen, von allen Hüllen befreiten, als Hermodatteln (Hermodactyli) bekannten Knollen. Aus großknolligen Arten entwickelt sich die Blüte ohne Erde und Wasser im Zimmer. Vgl. Laborde und Houdé, Le colchique et la colchicine (Par. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 217-218.
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