Daunou

[545] Daunou (spr. donu), Pierre Claude François, ausgezeichneter franz. Gelehrter, Publizist und Staatsmann, geb. 18. Aug. 1761 in Boulogne-sur-Mer, gest. 20. Juni 1840, trat 1777 in die Kongregation des Oratoriums, lehrte Theologie, Philosophie und Literatur an mehreren Kollegien, schloß sich der Revolution an und wurde 1791 Großvikar des konstitutionellen Bischofs von Pas-de-Calais. 1792 als Abgeordneter in den Nationalkonvent berufen, stimmte er gegen die Hinrichtung Ludwigs XVI. und gegen die Verfolgung der Girondisten. Hierauf wurde er in die Verfassungskommission gewählt und beteiligte sich lebhaft an der Entwerfung der Konstitution vom Jahre III. Im Rate der Fünfhundert gehörte er zur reaktionären Mehrheit. Wesentliche Dienste leistete er nach dem 18. Brumaire bei Entwerfung der Konsularverfassung (Dezember 1799). Später trat er in das Tribunat, ward 1801 Bibliothekar des Panthéon, 1804 Direktor des Archivs des Gesetzgebenden Körpers und 1807 des Reichsarchivs. Die Restauration nahm ihm diese Stelle, die Julirevolution gab sie ihm aber zurück. Seit 1818 Mitglied der Deputiertenkammer, gehörte er in derselben zur liberalen Opposition und wirkte namentlich für den öffentlichen Unterricht. 1834 zog er sich zurück. D. war Mitglied und beständiger Sekretär der Akademie der Inschriften und schönen Künste sowie Mitglied der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften. Von seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir: »Essai sur l'instruction publique« (Par. 1793); »Essai sur la constitution, etc.« (das. 1793), worin die Grundzüge des Gesellschaftsstaates entwickelt werden; »Analyse des opinions diverses sur l'origine de l'imprimerie« (das. 1802) und »Essai historique sur la puissance temporelle des papes« (das. 1810), das Resultat gründlicher Forschung, 1813 auf höhern Befehl vernichtet, erst 1818, freilich mit Abänderungen, und zuletzt 1828 (das., 4 Bde.) wieder abgedruckt. D. besorgte auch eine vollständige Ausgabe von Rulhières »Histoire de l'anarchie de Pologne« (Par. 1807, 4 Bde.) und die beste Ausgabe der Werke Boileaus wieder Schriften Chéniers und Laharpes. Sein Hauptwerk ist der »Cours d'études historiques« (Par. 1842–49, 20 Bde.). Seit der Restauration war er Hauptredakteur des »Journal des Savants«, und in der letzten Zeit beschäftigte er sich mit der Herausgabe französischer Geschichtschreiber in der Sammlung von Bouquet. Vgl. Taillandier, Documents biographiques sur D. (2. Aufl., Par. 1847).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 545.
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