Dnjestr

[69] Dnjestr (bei den Alten Tyras oder Danaster, Danastris, türk. Turla genannt), russ. Fluß, kommt schon schiffbar aus dem österreichischen Galizien, wo er auf den Karpathen unweit der Quellen des San seinen Ursprung hat, tritt bei Chotin auf russisches Gebiet, durchströmt die Gouvernements Podolien, Cherson und Bessarabien, indem er die Grenze der erstern beiden gegen letzteres bildet, und ergießt sich zwischen Akkerman und Owidiopol in einem 28 km langen und 7 km breiten, sehr seichten Liman in das Schwarze Meer. Er hat einen reißenden Lauf, wodurch er sich von den meisten russischen Strömen unterscheidet, gelbliches, schaumiges, oft kotiges Wasser und eine Menge Felsblöcke in seinem Bette, die bei Jampol ein beträchtliche Stromschnelle bilden, wodurch die Schiffahrt auf eine Strecke unterbrochen wird. Die Länge des D. beträgt 1387 km, und das Stromgebiet umfaßt ein Areal von 76,860 qkm (1396 QM.), wovon auf Rußland 827 km, bez. 42,751 qkm entfallen. In Galizien fließen dem D. rechts Stryi, Swica, Lomnica und Bystrzyca, links Zlotalipa, Strypa und Sereth zu. Aus Rußland erhält er nur unbedeutende Nebenflüsse, so in Podolien den Sbrutsch (Grenzfluß gegen Galizien), Swanetz und Smotritsch, in Cherson den Jaurlik (Jahorlik), ferner von rechts den Reut, Ikel, Byk und die Botna. Seine gewöhnliche Breite beträgt 150–225 m. Er ist stellenweise sehr tief und fischreich, weshalb namentlich in Bessarabien für viele Orte der Fischfang einen Hauptnahrungszweig bildet. Man fängt in ihm vortreffliche Hechte, Sandarte, Brachsen und Karpfen sowie auch Aale, Störe und Lachse. Vor seinem Liman breitete sich eine lange, schmale, sandige Landzunge aus, die jetzt nur noch eine fortlaufende Kette schmaler und niedriger Inseln bildet. Die Schiffahrt auf dem D. ist für das südwestliche Rußland von großer Wichtigkeit, da der Fluß die kornreichen Gegenden Podoliens, Galiziens und Bessarabiens durchströmt. Ihre mittlere Dauer beträgt 283–298 Tage. Dank den von der russischen Regierung in den letzten Jahren vorgenommenen Stromregulierungsarbeiten hat die Schiffahrt auf dem D. einen erheblichen Aufschwung genommen. 1900 bezifferte sich der Gesamttransport auf ca. 16 Mill. Pud (angekommene und verladene Fracht), woran hauptsächlich Getreide, insbes. Weizen, beteiligt ist. Der Dampferverkehr stieß ursprünglich auf große Schwierigkeiten; gegenwärtig verkehren, viermal wöchentlich, Passagierdampfer zwischen Mohilew und Wadlui-Wody.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 69.
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