[105] Eselsfest (Festum asinorum), mittelalterliches religiöses Volksfest, das mit der Ausführung der Mysterien zusammenhing und eine Episode des Narrenfestes (s.d.) bildete, von dem man bis zum Jahr 850 zurückreichende Nachrichten besitzt. Es war dem Esel gewidmet, auf dem Maria mit dem Jesuskind nach Ägypten floh und Christus bei seinem Einzug in Jerusalem ritt, und fand zur Weihnachtszeit oder am Palmsonntag statt. Das berühmteste E. fand jährlich am 14. Jan. in Beauvais statt, wobei das schönste Mädchen der Stadt mit einem Kind im Arm als Maria auf einem mit einem Chorhemd bedeckten und zum Knieen abgerichteten Esel von verkleideten Priestern unter großer Begleitung in die St. Stephanskirche geführt wurde. Dort pflegte man das Tier zu füttern und auf dasselbe einen lateinischen Lobgesang anzustimmen, dessen einzelne Strophen mit den Worten: »Hé, Sire Ane, Hé!« (He, Herr Esel, He!) schlossen. Den Gesängen folgte als Schluß jedesmal ein Y-a oder Hinham, das Ganze endigte mit einem dreimaligen Y-a des fungierenden Priesters und des ebenso antwortenden Volkes. Den lateinischen Text und die Musik des Eselsliedes hat Laborde nach einer Handschrift der Pariser Nationalbibliothek mitgeteilt. Man findet beides in Ebelings Ausgabe von Flögels »Geschichte des Grotesk-Komischen« (Leipz. 1886). Alle Verbote der Päpste, Kirchenversammlungen und Bischöfe im 12. und 13. Jahrh. scheiterten an der sittlichen Roheit des Volkes und der niedern Geistlichkeit, so daß die Feier des Eselsfestes erst im 15. und 16. Jahrh. verschwand, in Douai sogar bis 1668 bestand.