Gade

[251] Gade, Niels Wilhelm, Komponist und Dirigent, geb. 22. Febr. 1817 in Kopenhagen, gest. daselbst 21. Dez. 1890, war als Violinist Schüler von Wexschall, als Komponist aber fast ganz Autodidakt und erregte als solcher großes Aufsehen durch seine von Spohr und Schneider 1841 preisgekrönte Ouvertüre »Nachklänge an Ossian«. 1843 ging er mit königlichem Stipendium zu seiner weitern Ausbildung nach Leipzig, wo Mendelssohn bereits seine erste Symphonie[251] (C moll Op. 5) und Ossianouvertüre im Gewandhaus ausgeführt hatte. Die Verwandtschaft seiner Muse mit der Mendelssohnschen verknüpfte beide Meister in Freundschaft, wiederholt fiel G. die Vertretung Mendelssohns, nach dessen Tod auch die Nachfolge als Dirigent der Gewandhauskonzerte zu. Doch rief ihn der schleswig-holsteinische Aufstand in seine Heimat zurück, der er fortan treu blieb. Er erhielt zunächst eine Anstellung als Organist und übernahm 1850 die Leitung eines Musikvereins, der unter ihm zu einem Konzertinstitut ersten Ranges sich entwickelte. Auch unterrichtete G. an dem seit 1840 unter Direktion seines Schwiegervaters, des Komponisten I. P. E. Hartmann (s.d.), stehenden Kopenhagener Konservatorium. Nur interimistisch versah er 1861 das Hofkapellmeisteramt. Mit Recht sehen die Skandinavier in G. den ersten und bedeutendsten Repräsentanten einer nationalen Richtung in der Komposition. Namentlich weht in seinen Orchesterkompositionen, unter denen noch die Ouvertüren »Im Hochland« und »Michel Angelo«, die Novelletten für Streichorchester, von seinen acht Symphonien besonders die in B dur hervorragen, ein frischer Hauch gesunder Naturpoesie. Doch brachte dieselbe schlichte Natürlichkeit auch seine Chorwerke mit Orchester (»Comala«, »Erlkönigs Tochter«, »Frühlingsbotschaft«, »Die Kreuzfahrer«, »Calanus«, »Frühlingsphantasie«, »Sion«, »Psyche«) zu großer Beliebtheit, die diese noch heute auf den deutschen Konzertprogrammen hält. Von seinen Kammermusikwerken sind desonders ein Oktett für Streichinstrumente, ein Streichsextett, ein Streichquartett, zwei Violinsonaten, ein Klaviertrio, Trio-Novelletten zu erwähnen; auch veröffentlichte er wertvolle Klavierstücke (»Nordische Tonbilder«, »Volkstänze«, »Aquarellen« u. a.). Vgl. »Niels W. G., Aufzeichnungen und Briefe« (hrsg. von Dagmar Gade; deutsch, Basel 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 251-252.
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