Gardie

[332] Gardie (spr. -dī'), in Schweden 1565 eingewandertes, südfranzösisches Adelsgeschlecht, das 1571 freiherrlich, 1615 gräflich wurde und dessen reiche Handschriftensammlungen teilweise veröffentlicht worden sind. Vgl. P. Wieselgren, De la Gardieska Arkivet (Lund 1831–44, 20 Bde.); Lossius, Die Urkunden der Grafen de la G. in der Universitätsbibliothek zu Dorpat (Dorp. 1882); E. Tegnér, De la Gardieska samlingen i Lund och på Löberöd (Stockh. 1895). Die bekanntesten Mitglieder sind:

1) Jakob, Graf de la, schwed. Feldherr, geb. 20. Juni 1583 in Reval, gest. 12. Aug. 1652 in Skara, befreite mit einem schwedischen Hilfskorps 1610 den in Moskau eingeschlossenen Zaren Wasilij Schuiskoj, eroberte nach dessen Absetzung Ingermanland (1611) und die Stadt Nowgorod, die den schwedischen Prinzen Karl Philipp als Zar anzuerkennen gelobte, mußte aber nach der Thronbesteigung der Romanows (1613) auf seine russischen Pläne verzichten. Seit 1613 Reichsrat, wurde er 1617 Reichsfeldherr, später Generalgouverneur von Esthland und Riga, 1630 Präsident des Kriegskollegiums und nach dem Tode Gustav Adolfs, dessen Jugendliebe Ebba Brahe (s. d. 2) seine Gemahlin war, einer der Vormünder Christinens Seine Briefe an A. Oxenstierna 1611–50 hat Styffe herausgegeben (Stockh. 1893).

2) Magnus Gabriel, Graf de la, schwed. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 15. Okt. 1622 zu Reval, gest. 26. April 1686 auf Venngarn (Upland), ging nach einer vorzüglichen Jugenderziehung und weiten Reisen 1646 als Gesandter nach Frankreich, wurde 1647 Reichsrat, 1648 General in Deutschland, 1649 Generalgouverneur von Livland und 1651 Reichsmarschall, fiel aber bald nach seiner Ernennung zum Reichsschatzmeister (1652) bei der Königin Christine, deren Günstling er bis dahin gewesen war, in Ungnade. Unter Karl X. Gustav, dessen Schwester Maria Euphrosyne er 1647 geheiratet hatte, kämpfte er in den schwedischen Ostseeprovinzen als Oberbefehlshaber 1655–57 nicht immer erfolgreich gegen Polen, bez. Rußland und leitete später die Friedensverhandlungen zu Oliva. Seit 1660 Reichskanzler[332] und Mitglied der Vormundschaftsregierung seines Vetters Karl XI., leitete er die auswärtige Politik in französischem Sinne, wodurch er 1675 den Krieg mit Brandenburg, bez. Dänemark und eine Untersuchung über seine Amtsführung heraufbeschwor. Infolge des Krieges 1675–79 wurde er allmählich seines Einflusses, infolge der sogen. Güterreduktion fast aller seiner Besitzungen beraubt. 1680 zum Reichsdrosten und Präsidenten des Svea-Hofgerichts ernannt, war er seit 1682 ständig beurlaubt. Ein warmer Freund der Künste und Wissenschaften, veranlaßte er die Berufung S. Pufendorfs (s.d.) nach Lund und schenkte der Universitätsbibliothek zu Upsala 1669 den in Prag von den Schweden erbeuteten, dann aber verschwundenen und von ihm in Flandern wiederaufgefundenen und zurückgekauften Codex argenteus (s. Ulfilas). Vgl. Varenius, Högförräderimålet mot M. G. De la G. år 1675 (»Historiska studier«, 1897) und Räfsten med Karl Xl.'s förmyndarstyrelse (Upsala 1901–1903, 2 Bde.); Heimer, Grefve M. G. de la Gardies ambassad till Frankrike 1646 (Jönköping 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 332-333.
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