Helmstedt

[156] Helmstedt, Kreisstadt im Herzogtum Braunschweig, am Elmwald, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Eilsleben-Braunschweig, H.-Schöningen und H.-Öbisfelde, 129 m ü. M., hat 3 evang. Kirchen (die schöne Stephanskirche aus dem 12. Jahrh., die St. Walpurgiskirche und die Marienberger Kirche), die St. Georgskapelle von 1322, eine kath. Kirche, das im Renaissancestil ausgeführte Gebäude (sogen. Juleum) der ehemaligen Universität, ein Denkmal für die bei Waterloo Gefallenen, Gymnasium, Landwirtschaftsschule mit Realabteilung, Amtsgericht, Oberforst- und Forstamt, Reichsbanknebenstelle, Spinnerei, Zuckerraffinerie, Möbel-, Seifen- und Tabakfabrikation, Dampfziegeleien, Braunkohlenbergwerke und Brikettfabrikation, Kalibergbau etc. und (1900) 14,259 meist evang. Einwohner. Vor der Stadt befinden sich das lutherische Jungfrauenstift Marienberg (ehemals ein Augustiner-Nonnenkloster) mit der obengenannten Kirche, die Domäne St. Ludgeri, ein ehemaliges Kloster mit der kath. Kirche und zwei alten Kapellen (der St. Johanneskapelle mit Krypte aus dem 9. Jahrh. und der St. Felicitaskapelle). 4 km von der Stadt, im Brunnental, liegt Bad H., mit einer salinischen Eisenquelle, die lebhaft besucht wird. Auf dem Corneliusberg befinden sich die sogen. Lübbensteine, zwei hohe Granitblöcke, die zur Heidenzeit als Opferstätte Wodans gedient haben sollen. – H. entstand der Sage nach um 798 durch den heil. Ludger, der hier an der Ludgeriquelle (wo seit 1844 ein eisernes Kreuz steht) getauft und eine Kapelle erbaut haben soll, aus der das obenerwähnte Ludgerikloster erwuchs. In Wirklichkeit wurde der Ort erst 100 Jahre später von Werden a. d. Ruhr aus gegründet und erhielt 1099 Stadtrechte. Durch Kauf kam H. 1489 von Werden an Braunschweig, jedoch mit Ausnahme des (stets katholisch gebliebenen) Ludgeriklosters, das 1803 säkularisiert wurde. Die 1576 vom Herzog Julius aus dem von Gandersheim hierher verlegten Pädagogium gebildete Universität war im 17. Jahrh. unter den protestantischen Hochschulen eine der bedeutendsten; stets herrschte hier ein Geist der Versöhnlichkeit. Von 1807–13 war H., das 1809 durch den König Jérôme seine Universität verlor, die Hauptstadt eines Distrikts im westfälischen Okerdepartement. Vgl. Kunhard, Beiträge zur Geschichte der Universität H. (Helmst. 1797); Ludewig, Geschichte und Beschreibung der Stadt H. (das. 1821); »Geschichte der ehemaligen Hochschule zu H.« (das. 1876); Koldewey, Geschichte der klassischen Philologie auf der Universität H. (Braunschw. 1895); »Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig«, Bd. 1 (das. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 156.
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