Jimēnez de Cisnēros

[255] Jimēnez de Cisnēros (Ximenes, spr. chi-), Francisco, span. Prälat, geb. 1436 in Torrelaguna, gest. 8. Nov. 1517, arbeitete sechs Jahre als Jurist in Rom. Nach seiner Rückkehr nach Spanien wirkte er zuerst als Weltpriester und trat, 50 Jahre alt, in den Franziskanerorden. Durch sein asketisches Leben erlangte er den Ruf großer Heiligkeit und ward Beichtvater der Königin Isabella von Kastilien und 1495 nach Mendozas Tod Erzbischof von Toledo und Großkanzler von Kastilien. Über 20 Jahre besorgte er trotz seines beträchtlichen Alters die Geschäfte seiner hohen Stellung mit der größten Umsicht, Klugheit und Tätigkeit, ohne von seiner strengen klösterlichen Lebensweise abzuweichen. Er führte eine gründliche Klosterreform durch und erzog den spanischen Klerus zu strenger Disziplin. Aber mit gleicher Energie schritt er in seinem Bekehrungseifer gegen die Morisken in Granada ein und gab durch seine Strenge den Anlaß zu den ersten Aufständen. Als Philipp von Österreich 1506 das Königreich Kastilien erhielt, nahm er zwischen Philipp und dem Gemahl der verstorbenen Königin, Ferdinand dem Katholischen, eine vermittelnde Stellung ein. Papst Julius II. sandte ihm 1507 den Kardinalshut und ernannte ihn zum Großinquisitor von Spanien. 1509 unternahm er mit von seinem Geld geworbenen Truppen eine Expedition nach Afrika, um den Mauren Oran zu entreißen. In demselben Jahre gründete er die Universität zu Alcala de Henares und ließ von den Gelehrten derselben die komplutensische Polyglotte zusammenstellen, die 1517[255] vollendet, 1522 durch den Druck veröffentlicht wurde. Nach Ferdinands Tode (1516) ward er Regent von Kastilien und bemühte sich, die Ordnung aufrecht zu erhalten und die Privilegien der Krone wahrzunehmen. Sein Versuch, ein stehendes Heer zu schaffen, mißlang aber. Als Karl I. (V.) in Spanien anlangte, um selbst die Regierung zu übernehmen, starb J., noch ehe er sein Amt in die Hände des Königs niederlegen konnte. Vgl. Gomez de Castro, De rebus gestis a Fr. Ximeni Cisnerio libri VIII (Alcala 1569); Hefele, Der Kardinal Ximenes und die kirchlichen Zustände Spaniens am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts (2. Aufl., Tübing. 1851); Lafuente, Cartas del card. D. Fr. Franc. J. (Madrid 1867–76, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 255-256.
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