Kinderkrankheiten

[12] Kinderkrankheiten, vorzugsweise die sogen. akuten Exantheme, wie Masern, Scharlach, Wasserpocken, auch Keuchhusten, die meist Kinder, nur ausnahmsweise Erwachsene befallen, die sie in ihrer Kindheit nicht durchgemacht haben. Es gibt jedoch noch eine Reihe von Krankheiten, die teils nur im Kindheitsalter vorkommen, wie die Rachitis oder englische Krankheit, teils auch solche, die vorzugsweise bei Kindern beobachtet werden, wie z. B. die tuberkulöse Hirnhautentzündung, die Diphtherie, die Skrofulose; auch gewisse chronische Hautkrankheiten, z. B. das Ekzem, sind hierher zu zählen. Man stößt vielfach auf die Ansicht, jedes Kind müsse notwendigerweise die sogen. K. durchgemacht haben. Dies ist indessen durchaus unrichtig. Die meisten Kinder allerdings machen gewisse Krankheiten, wie Masern, Wasserpocken etc., durch, weil die Gelegenheit zur Ansteckung so leicht gegeben wird und fast alle Kinder gleichmäßig dafür disponiert sind. Bietet sich aber zufällig keine Gelegenheit zur Ansteckung, so bleibt der Mensch für immer frei von diesen Krankheiten, oder er erkrankt erst später daran, wenn er zufällig angesteckt wird und inzwischen die Disposition für die betreffende Krankheit nicht getilgt worden ist. Die K. bilden heute einen Spezialzweig der Medizin. Die Kinderheilkunde (Pädiatrik) beschäftigt sich aber nicht ausschließlich mit den eigentlichen K., sondern selbstverständlich mit allen Erkrankungen, denen die Kinder unterworfen sind. Verlaufen die pathologischen Prozesse im Körper des Kindes wesentlich ebenso wie beim Erwachsenen, so verhält sich doch der kindliche Organismus gegen die einzelnen Krankheitsursachen in mancher Beziehung abweichend, manche Krankheiten nehmen beim Kind einen eigenartigen Verlauf, und die Heilmittel wirken zum Teil auf den kindlichen Körper anders als auf den erwachsenen. In den Universitätsstädten sind meist besondere Kinderheilanstalten und Kinderkliniken zur Unterweisung der Studierenden eingerichtet. Die deutschen Kinderärzte (Pädiater) treten seit 1879 jährlich zu einem Kongreß für Kinderheilkunde zusammen. Vgl. Gerhardt, Lehrbuch der K. (5. Aufl. von Seifert, Tübing. 1899, 2 Bde.) und Handbuch der K. (mit Hennig, Vierordt u. a., das. 1877–89, 6 Bde., mit 3 Nachträgen); Biedert, Lehrbuch der K. (12. Aufl., Stuttg. 1902); Seitz, Kurzgefaßtes Lehrbuch der Kinderheilkunde (2. Aufl., Berl. 1901); Baginsky, Lehrbuch der K. (8. Aufl., Braunschw. 1905); Henoch, Vorlesungen über K. (11. Aufl., Berl. 1903); Jacobi, Therapie des Säuglings- und Kindesalters (deutsche Ausgabe der 2. Aufl. von Rennert, das. 1898); Bendix, Lehrbuch der K. (2. Aufl. von Uffelmanns kurzgefaßtem Handbuch, Wien 1899); Heubner, Lehrbuch der K. (Bd. 1, Berl. 1903); Hecker, Atlas und Grundriß der Kinderheilkunde (Münch. 1905); Neumann, Über die Behandlung der K. (4. Aufl., Berl. 1904); »Die deutsche Klinik am Eingang des 20. Jahrhunderts in akademischen Vorlesungen«, herausgegeben von Leyden und Klemperer, Bd. 7: Kinderkrankheiten (Wien 1905); »Lexikon der Kinderheilkunde und Kindererziehung«, 1. Teil (hrsg. von Fürst, Berl. 1900); »Jahrbuch für Kinderheilkunde« (das., seit 1858); »Archiv für Kinderheilkunde« (Stuttg., seit 1879); »Zentralblatt für Kinderheilkunde« (Leipz., seit 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 12.
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