[673] Kriegsmittel, alle diejenigen Maßregeln, die von einem Staate gegen den andern ergriffen werden können, um den Zweck des Krieges zu erreichen, den Gegner zu unterwerfen. Sie bestehen in der Anwendung von Gewalt und List. Zu den auf Gewalt beruhenden Kriegsmitteln gehört die Vernichtung, Tötung, Verwundung und Gefangennahme der feindlichen Kombattanten, die Belagerungen und Beschießungen von Festungen, festen Plätzen und auch von offenen Städten und Ortschaften, falls sie vom Feinde besetzt oder verteidigt werden. Auf List und Täuschung beruhende K. sind Überrumpelungen, Legen von Hinterhalten, Scheinangriffe und -Rückzüge, fingierte Flucht, scheinbare Ruhe und Untätigkeit, Verbreitung falscher Nachrichten über Stärke, Stellung, Benutzung der feindlichen Parole, Bestechung feindlicher Zivil- und Militärpersonen zum Zwecke der Erlangung militärischer Vorteile, Annahme von Anerbietungen des Verrates, Aufnahme von Deserteuren, Benutzung unzufriedener Teile der Bevölkerung, Unterstützung von Prätendenten, ja sogar die Ausnutzung durch Verbrechen Dritter (wie Meuchelmord, Brandstiftung, Raub etc.) beim Feinde hervorgerufener ungünstigen Lagen ist völkerrechtlich zulässig. Ausgeschlossen sind jedoch alle Formen der List, die in Treulosigkeit, Betrug und Wortbruch ausarten. Hierher gehören: Bruch eines vorher bewilligten freien Geleites, freien Abzuges oder Waffenstillstandes, um durch überraschenden Angriff Vorteile über den Gegner zu erlangen, scheinbare Ergebung, um dann den sorglos herannahenden Gegner zu töten, Mißbrauch der Parlamentärflagge oder des Genfer Kreuzes, vorsätzliche Verletzung einer feierlich eingegangenen Verbindlichkeit, Anstiftung zu Verbrechen, wie Mord des feindlichen Führers, Brandstiftung etc., nicht dagegen die Anstiftung der feindlichen Truppen zur Desertion. Begreiflicherweise treten militärische Autoritäten für eine möglichste Ausdehnung derartiger K. ein, während die Lehrer des Kriegs- und Völkerrechts auf deren Einschränkung hinarbeiten. So hat die Haager Konferenz die Verwendung feindlicher Uniformen und militärischer Abzeichen zum Zwecke der Täuschung verboten, K., die bisher Anwendung fanden und auch in Zukunft Anwendung finden werden, falls sie die einzigen sind, die zum Sieg oder doch zur Rettung führen. Zweck und Not des Krieges, sagt der Große Generalstab, geben dem Kriegführenden das Recht und legen ihm unter Umständen die Pflicht auf, die durch solche Mittel zu erzielenden, vielleicht ganz erheblichen, ja entscheidenden Vorteile sich nicht entgehen zu lassen. Vgl. »Kriegsbrauch im Landkrieg« (hrsg. vom Großen Generalstab, Berl. 1902); Lueder, Krieg und Kriegsrecht (in Holtzendorffs »Handbuch des Völkerrechts«, Bd. 4, Hamb. 1888).