Brandstiftung

[322] Brandstiftung (Brandlegung, Crimen incendii), die gänzliche oder teilweise Zerstörung eines Gegenstandes durch Verbrennen. Durch ihre Gemeingefährlichkeit (Entfesselung der Naturkraft des Feuers) unterscheidet sich die B. von der Sachbeschädigung, und ebendarum wird die B. in der neuern Gesetzgebung unter den gemeingefährlichen Verbrechen behandelt. Das Reichsstrafgesetzbuch behandelt als B. folgende Fälle:

1) Bei der vorsätzlichen B. ist zu unterscheiden zwischen schwerer (qualifizierter) und einfacher B. Eine schwere B. (§ 306) liegt vor, wenn das Verbrechen an einem zu gottesdienstlichen Versammlungen bestimmten Gebäude, oder an einem Gebäude, einem Schiff oder einer Hütte, die zur Wohnung von Menschen dienen, oder an einer solchen Räumlichkeit verübt wurde, die wenigstens zeitweise zum Aufenthalt von Menschen dient, und zwar zu einer Zeit, während der Menschen in ihr sich aufzuhalten pflegen. In einem solchen Fall tritt Zuchthausstrafe von 1 bis zu 15 Jahren ein. Dabei wird es aber noch als besonders schwere B. (§ 307) behandelt und mit Zuchthaus nicht unter 10 Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft, wenn a) der Brand den Tod eines Menschen verursacht hat, der sich zur Zeit der Tat in einer der in Brand gesetzten Räumlichkeiten befand, und b) die B. in der Absicht begangen worden ist, um unter deren Begünstigung Mord oder Raub zu begehen oder einen Aufruhr zu erregen, oder wenn c) der Brandstifter, um das Löschen des Feuers zu verhindern oder zu erschweren, Löschgerätschaften entfernt oder unbrauchbar gemacht hat. Einfache B. wird mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren und, wenn mildernde Umstände vorliegen, mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und nicht unter 6 Monaten bestraft, und zwar ist hier zwischen einer unmittelbaren und zwischen einer mittelbaren einfachen B. zu unterscheiden, je nachdem das in Brand gesetzte Objekt fremdes Eigentum oder Eigentum des Täters selbst ist. In ersterer Beziehung liegt eine (unmittelbare einfache) B. (§ 308) vor, wenn Gebäude, Schiffe, Hütten, Bergwerke, Magazine, Warenvorräte, die an dazu bestimmten öffentlichen Plätzen lagern, Vorräte[322] von landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder von Bau- oder Brennmaterialien, Früchte auf dem Feld, Waldungen oder Torfmoore, die fremdes Eigentum sind, vorsätzlich in Brand gesetzt werden. Gehören dagegen derartige in Brand gesetzte Gegenstände dem Täter selbst eigentümlich zu, so wird eine B. nur dann angenommen, wenn jene Gegenstände ihrer Beschaffenheit und Lage nach geeignet sind, das Feuer einer der im § 306 (s. oben) bezeichneten Räumlichkeiten oder einem der eben genannten fremden Gegenstände mitzuteilen (mittelbare einfache B.). Es wird mithin nicht als B. betrachtet, wenn jemand seine eigne Sache anzündet, wofern diese weder unter die Kategorie des § 306 fällt, noch geeignet ist, das Feuer fremden Gegenständen der bezeichneten Art mitzuteilen. Dagegen können in solchem Falle die Vorschriften des § 265 Platz greifen, wonach derjenige, der in betrügerischer Absicht, also namentlich, um eine Versicherungsgesellschaft zu benachteiligen, eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt (Versicherungsbetrug), mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren und zugleich mit Geldstrafe von 150–6000 Mk. und, wenn mildernde Umstände vorliegen, mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und nicht unter 6 Monaten bestraft werden soll, neben welch letzterer Strafe noch auf Geldstrafe bis zu 3000 Mk. erkannt werden kann.

2) Fahrlässige B. liegt vor (§ 309), wenn ein Brand der im § 306 oder der im § 308 (s. oben) bezeichneten Art herbeigeführt wird und der Täter den eingetretenen schädlichen Erfolg als mögliche Folge seiner Handlung oder Unterlassung voraussehen konnte. Als Strafe ist Gefängnis bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe bis zu 900 Mk. und, wenn durch den Brand der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Gefängnis von 1 Monat bis zu 3 Jahren festgesetzt. In allen diesen Fällen ist das Verbrechen der B. als vollendet anzusehen, sobald das Feuer sich über den Zündstoff hinaus ausgebreitet hat, selbständiges Weiterbrennen mithin möglich ist. Nach § 310 soll jedoch bei jeder B. Straflosigkeit eintreten, wenn der Täter den Brand, bevor dieser entdeckt und ein weiterer Schade als der durch die bloße Inbrandsetzung bewirkte entstanden war, selbst wieder gelöscht hat (sogen. tätige Reue); endlich bestimmt noch § 311, daß die gänzliche oder teilweise Zerstörung einer Sache durch Gebrauch von Pulver oder andern explodierenden Stoffen der Inbrandsetzung der Sache gleich zu achten ist.

Nach österreichischem Recht (§ 166 des Strafgesetzbuches) begeht das Verbrechen der B. derjenige, der eine Handlung unternimmt, aus der nach seinem Anschlag an fremdem Eigentum (ohne Unterschied des Objekts) eine Feuersbrunst entstehen soll, wenngleich das Feuer nicht ausgebrochen ist oder keinen Schaden verursacht hat. Die Strafe ist nach ähnlichen Gesichtspunkten wie im deutschen Reichsstrafgesetzbuch abgestuft zwischen 1 Jahr bis zu lebenslänglichem schweren Kerker. Ist ein Mensch umgekommen, da es vorausgesehen werden konnte, oder ist der Brand durch besondere Zusammenrottung bewirkt worden, so wird die Todesstrafe verhängt. Hat der Täter aus Reue und noch zur rechten Zeit sich so verwendet, daß aller Schade verhütet wurde, so tritt Straflosigkeit ein (§ 168). Vgl. Osenbrüggen, Die B. in den Strafgesetzbüchern Deutschlands (Leipz. 1854); Gautier, Étude sur le crime d'incendie (Genf 1884); v. Speßhardt, Der Versicherungsbetrug (Marb. 1885); Pape, Versuch und Vollendung bei der B. (Halle 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 322-323.
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