Betrug

[771] Betrug, im weitern Sinne jede absichtliche Verletzung oder Unterdrückung der Wahrheit. In der Rechtswissenschaft unterscheidet man den zivilrechtlichen und den strafrechtlichen B. Unter dem zivilrechtlichen B. versteht man jede arglistige Täuschung, d. h. Erregung oder Benutzung eines Irrtums, ohne daß die sonstigen Merkmale des strafrechtlichen Betrugs vorhanden zu sein brauchen (vgl. Dolus und Bürgerliches Gesetzbuch, § 123 ff. [B. bei Willenserklärungen]; 318 [bei Verträgen]; 443, 460, 463, 476 ff. [beim Kauf]; 485 [beim Viehhandel]; 523 [bei der Schenkung]; 540 [bei der Miete]; 600 [bei der Leihe]; 637 [beim Werkvertrag]; 823 [Haftung für unerlaubte Handlungen]; 1334 [bei der Eheschließung]; 1599 [bei Anerkennung der Ehelichkeit]; 2183 [bei Vermächtnissen]; 2339, Nr. 3 [B. des Erblassers] und 2385 [bei Schenkung einer Erbschaft]).

Die Gesetzgebung kann jedoch nicht dabei stehen bleiben, dem durch eine betrügerische Handlungsweise eines andern Verletzten bloß mit Rechtsmitteln des bürgerlichen Rechts zu Hilfe zu kommen. Nach der modernen Gesetzgebung werden einmal diejenigen betrügerischen Handlungen, die sich zwar im allgemeinen als widerrechtliche, absichtliche Entstellungen der Wahrheit durch Mitteilung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen charakterisieren, im einzelnen aber den Tatbestand besonderer Verbrechen bilden, als solche behandelt und mit besondern Strafen belegt; hierher gehört insbes. der Meineid, ferner die falsche Anschuldigung, Münzfälschung, falsches Zeugnis, betrüglicher Bankrott und insbes. die Urkundenfälschung (s. d.). Ferner wird aber auch der B. an und für sich mit Strafe bedroht, obschon in der Regel nur dann, wenn dadurch einerseits ein Vermögensnachteil des Betrogenen oder eines Dritten und anderseits ein Vermögensvorteil des Betrügers oder eines Dritten beabsichtigt wurde. Das österreichische Strafgesetzbuch (§ 197–205) beschränkt den Begriff des Betrugs allerdings nicht auf Vermögensverletzungen, sondern straft den Betrüger auch dann, wenn seine Absicht auf etwas andres hinzielte. Das Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches (§ 263) dagegen bestimmt hierüber: »Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines andern dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird wegen Betrugs mit Gefängnis (bis zu 5 Jahren) bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu 3000 Mk. sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann.« Es ist dann noch weiter bestimmt, daß auch der Versuch des Betrugs strafbar sei, und daß, wenn ein B. gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begangen wird, die strafrechtliche Verfolgung nur auf Antrag des Verletzten eintreten soll. Ferner bestimmt § 264, daß, wer bereits zweimal wegen Betrugs im Inland bestraft worden, wegen eines dritten Betrugs mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren und zugleich mit Geldstrafe von 150–6000 Mk., falls aber mildernde Umstände vorhanden, mit Gefängnisstrafe nicht unter 3 Monaten bestraft werden soll. Im § 265 endlich ist noch verordnet, daß, wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt oder ein Schiff, das als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, mit einer Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren und zugleich mit Geldstrafe von 150–6000 Mk. und, falls mildernde Umstände vorhanden, mit Gefängnisstrafe (bis zu 5 Jahren) nicht unter 6 Monaten belegt werden soll. Vgl. Rommel, Der B. (Leipz. 1894); Michel, Der strafbare B. im Zivilrecht (Bresl. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 771.
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