[642] Tötung (Homicidium), die Herbeiführung des Todes eines Menschen, nicht also die Herbeiführung des Absterbens einer Leibesfrucht, die vielmehr stets als Abtreibung (s. d.) erscheint; dagegen im weitern Sinn auch der Selbstmord (s. d.), während im engern Sinne nur die Herbeiführung des Todes eines andern Menschen als T. erscheint. Strafbar ist die T. immer nur, wenn und soweit sie rechtswidrig ist, also nicht die T. im Kriege nach Kriegsrecht, die Hinrichtung des zum Tode Verurteilten, die T. in Notwehr (s. d.) etc. T. setzt voraus, daß der Tod die Wirkung der Handlung gewesen, durch diese verursacht worden ist. Dies ist nach der heute herrschenden Ansicht stets der Fall, wenn der Tod ohne die Handlung nicht eingetreten sein würde, wenn auch andre gleichzeitige oder später eingetretene Umstände (Körperschwäche oder Unvorsichtigkeit des Verletzten) den Tod mit bewirkt haben. Die T. kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen, im erstern Fall eine gemeine oder eine ausgezeichnete T. sein. 1) Innerhalb der gemeinen vorsätzlichen T. hat man von jeher den Mord als den schwerern, den Totschlag als den leichtern Fall unterschieden. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch ist Mord die vorsätzliche, überlegte, Totschlag die vorsätzliche, nicht überlegte T. Unterscheidendes Merkmal ist also die Überlegung, die durchaus nicht etwa im begrifflichen Gegensatz zur aufwallenden Leidenschaft steht. Die Strafe des vollendeten Mordes ist (§ 211) der Tod. Die Annahme mildernder Umstände ist ausgeschlossen (anders Belgien, Italien, Frankreich, Schweden). Mordversuch wird im allgemeinen mit Zuchthaus von 315 Jahren, Mordversuch an dem Kaiser, an dem eignen Landesherrn oder an dem Landesherrn, in dessen Gebiet sich der Täter befindet, mit dem Tode (§ 80) bestraft. In Staaten, welche die Todesstrafe abgeschafft haben, trifft Mörder lebenslängliche Zuchthausstrafe. Die Strafe des Totschlags ist nach deutschem Recht Zuchthaus von 515 Jahren. Dabei gilt es als Straferhöhungsgrund, wenn der Totschlag an einem Verwandten aufsteigender Linie, sogen. Aszendententotschlag (§ 215), oder wenn er bei Unternehmung einer strafbaren Handlung verübt wurde, um ein der Ausführung der letztern entgegentretendes Hindernis zu beseitigen, oder um sich der Ergreifung auf frischer Tat zu entziehen (§ 214). Als strafmilderndes Moment wird es dagegen angesehen, wenn der Totschläger ohne eigne Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden war. In diesem Fall erscheint der bloße Versuch des Totschlags, der sonst mit Strafe bedroht ist, nicht als strafbar. Es soll auch in ebendiesem Fall, oder wenn sonstige mildernde Umstände vorliegen, nur auf Gefängnisstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren erkannt werden. Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 212 ff. 2) Als ausgezeichnete vorsätzliche T. erscheint: a) der Kindesmord (s. d.) und b) die T. eines Einwilligenden, welch letztere nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 216), wofern der Täter durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tat bestimmt worden war, mit Gefängnis von 35 Jahren geahndet wird. Das österreichische Strafgesetzbuch dagegen behandelt die T. eines Einwilligen den nicht als ein besonderes Vergehen. 3) Die fahrlässige T. wird nach dem Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches (§ 222) mit Gefängnis bis zu 3 Jahren und, wenn der Täter zu der Aufmerksamkeit, die er fahrlässigerweise aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufs oder Gewerbes besonders verpflichtet war, mit Gefängnis bis zu 5 Jahren bestraft. 4) Die sogen. tödliche Körperverletzung endlich, bei welcher der Tod des Verletzten die nicht beabsichtigte Folge der Verletzung ist, fällt nicht unter den Begriff der T., sondern unter den der Körperverletzung (s. d.). Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 211222, 237 f.; Österreichisches, § 134143, 335; Französisches, Art. 195304, 319, 321329; v. Holtzendorff, Das Verbrechen des Mordes und die Todesstrafe (Berl. 1875); Wachenfeld, Die Begriffe von Mord und Totschlag in der Gesetzgebung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts (Marburg 1890); Ferri, L'omicidio nell' antropologia criminale (Turin 1895, 2 Bde.).