Ledertapeten

[315] Ledertapeten, Tapeten aus Leder zur Wandbekleidung, auch zu Möbelbezügen und ähnlichem, denen ein Muster in Farben, Gold oder Silber ausgepreßt ist. Das geschmeidig gemachte Leder wird in gleichgroße Stücke geschnitten, auf gleiche Stärke gebracht und mit Blattsilber belegt, auf das ein Goldfirnis in mehreren Schichten aufgetragen wird. Sollen einzelne Teile der Musterung in Silber erscheinen, so wird die Zeichnung schnell aufgetragen und der noch feuchte Firnis an jenen Stellen wieder abgezogen. Nun wird mit einer Holzwalze die Musterung eingepreßt, und die bessern Tapeten werden schließlich auf der Oberseite noch mit Punzen bearbeitet, wodurch die glatten Goldflächen einen reichen Glanz mit spielenden Lichtern bekommen. Nach dem Pressen wird die Musterung oder der Grund ausgemalt, so daß erstere farbig auf Metallgrund oder silbern oder goldig auf farbigem Grund erscheint. Gepunzt wird nur die Metallfläche. Übrigens werden in größere eingerahmte Stellen ganze Gemälde hineingesetzt. Die Muster der alten L. lehnen sich, sofern man nicht die Wand als ein Ganzes betrachtete und die Verzierung eigens für sie komponierte, an die Webmuster an, machen alle Stilwandlungen der Weberei mit und erhalten sich bis zum Absterben der Kunst. Bei Einzelstücken fertigte man meist die Muster für den bestimmten Fall. Als solche Einzelstücke kennen wir Antependien (Vorsatzstücke vor den Altar), Kirchengewänder (Kaseln), Bettschirme, spanische Wände, Decken, Möbelbezüge, Banner, selbst Spielkarten und Schüsseln (s. Tafel »Ornamente III«, Fig. 15), ferner wirkliche Bilder, in flachem Relief gepreßt. – Die L. sind eine maurische Erfindung, die in Spanien in hoher Blüte stand, vielleicht dort ihren Ursprung hat. Bereits 1180 fand sich in Frankreich die auch noch heute übliche Bezeichnung Korduan (von Cordoba); in Spanien heißen die L. »guadamacil«; 1316 bestand bereits in Barcelona eine Zunft der guadamacileros. Nach der Vertreibung der Mauren aus Spanien blühte die Industrie, zum Teil durch fremde Arbeiter betrieben, weiter; im 16. Jahrh. war Cordoba ihr Mittelpunkt. In Italien wurden schon vor 1520 L. (corami d'oro) gearbeitet. Dann übernahm Venedig die Führung auf diesem Gebiet. In den Niederlanden, wo man wohl spanischen Einfluß anzunehmen hat, war die Kunst im 17. Jahrh. sehr verbreitet. Mecheln wird als Hauptfabrikationsort genannt. Von hier kam die Kunst nach Frankreich (s. Tafel »Ornamente IV«, Fig. 22). Deutschland besaß im 17. und 18. Jahrh. viel L., doch ist ihre Herkunft noch unsicher. Die englischen L. des 18. Jahrh. waren wegen der Vortrefflichkeit ihrer Muster berühmt. Im letzten Drittel des 18. Jahrh. wurden die L. von Kattuntapeten verdrängt, die wieder den Papiertapeten weichen mußten. In neuester Zeit ist die alte Technik wieder aufgenommen worden, doch begnügt man sich heute meist mit Nachahmungen in einer dicken Papiermasse; nur auf Verlangen werden die ziemlich kostspieligen echten L. mit denselben Stempeln hergestellt. In Deutschland werden heute weitaus die besten derartigen Arbeiten gefertigt namentlich von Lieck u. Heider in Berlin und Engelhardt in Mannheim; Balin in Paris und Jefferson in London arbeiten für französischen und englischen Markt im Geschmack dieser Länder. Die umfassendste Sammlung alter L., über 200 Stück, namentlich italienischer und niederländischer Herkunft, besitzt das Kunstgewerbemuseum in Berlin. In neuester Zeit sind die japanischen L. in Europa sowohl ihrer reizvollen Muster als ihrer Billigkeit wegen in Aufnahme gekommen. Vgl. Davillier, Notes sur les cuirs de Cordoue, etc. (Par. 1878); »L. und Buntpapiere« (Katalog der dritten Sonderausstellung des Kunstgewerbemuseums in Berlin, Berl. 1883; darin auch die Literatur vollständig).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 315.
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