Lostage

[721] Lostage im allgemeinen die »Zwölften«, d.h. die zwölf Tage zwischen Weihnachten (dem frühern Jahresanfang) und Epiphanias, weil nach der bis in die ältesten Zeiten Indiens verfolgbaren Volksanschauung in diesen Tagen das Wetter des 1.–12. Monats des folgenden Jahres erschaffen wird. Ferner nennt man L. (Lurtage) auch diejenigen Tage im Jahreslauf, die nach der Volksmeteorologie einen entscheidenden Einfluß auf die Witterung eines bestimmten Zeitraums haben sollen, an denen sich das »Los« der zu erwartenden Witterung für längere Zeit entscheidet. An diese L. knüpfen sich die Sprüche des Volkes, die unter dem Namen Bauernregeln (s. d. und Bauernpraktik) bekannt sind, weshalb die L. auch zuweilen Bauerntage genannt werden. Von den Lostagen sind besonders zu nennen: Lichtmeß (2. Februar), Mamertus, Pankratius und Servatius (11., 12. und 13. Mai, vgl. Maifröste), Urban (25. Mai), Medardus (8. Juni), Johannistag (24. Juni), Siebenschläfer (27. Juni), Mariä Heimsuchung (2. Juli), Elias (20. Juli), Lorenz (10. August), Bartholomäus (24. August), Ägidius (1. September), Michaelis (29. September), Gallus (10. Oktober), Lucas (18. Oktober), Allerheiligen (1. November), Martin (10. November), Lucia (13., früher 25. Dezember), Weihnachten. In frühern Zeiten, in denen neben Bibel und Gebetbuch der Kalender das einzige Buch war, das der Landmann besaß, brachte der Kalender eine große Zahl solcher Bauernregeln. Nachdem der Bamberger Abt Mauritius Knauer 1654 ein Calendarium perpetuum fertiggestellt hatte, wurde aus ihm von Christoph von Hellwig 1701 ein hundertjähriger Kalender mit Wetterprognosen gemacht, die ebenso wie die angegebenen Praktiken auf astrologischem Aberglauben beruhen. Diese Wetterprognosen gingen in die gewöhnlichen Kalender über und werden hier, trotzdem sie völlig wertlos sind, nach wie vor immer wieder abgedruckt, eine Unsitte, die sich schwer beseitigen zu lassen scheint. Vgl. v. Reinsberg-Düringsfeld, Das Wetter im Sprichwort (Leipz. 1864); Hellmann, Meteorologische Volksbücher (Berl. 1895); Neudrucke von Schriften und Karten über Meteorologie und Erdmagnetismus Nr. 5 (das. 1895); Berthold, Der hundertjährige Kalender (im »Zentralblatt für Bibliothekswesen«, 1891, und in der Monatsschrift »Das Wetter«, 1895–96, Braunschw.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 721.
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