Urban

[955] Urban, Name von acht Päpsten: 1) U. I., 222–230, Heiliger (Fest: 25. Mai), Römer von Geburt. Die Überlieferung, daß er den Märtyrertod erlitten habe, ist unhistorisch.

2) U. II., 1088–99, vorher Otto, geb. um 1040 in der Nähe von Châtillon-sur-Marne aus adligem Geschlecht, gest. 29. Juli 1099, erzogen in Reims, trat 1071 in das Kloster Cluny, wurde 1078 zum Kardinalbischof von Ostia ernannt und 12. März 1088 zum Papst gewählt. Er setzte die Politik Gregors VII. im Investiturstreit fort, erneuerte den Bann über den Gegenpapst Clemens III. und den Kaiser Heinrich IV. und reizte dessen Sohn Konrad zur Empörung; auch tat er Philipp I. von Frankreich (1095) in den Bann, von dem ec ihn indes 1096 wieder löste. Er bemächtigte sich mit Klugheit und Einsicht der großen Bewegung für Befreiung des Gelobten Landes und rief 1095 auf den Kirchenversammlungen zu Piacenza und Clermont Fürsten und Völker zur Teilnahme am ersten Kreuzzug auf. Vgl. Stern, Zur Biographie des Papstes U. II. (Berl. 1883); Paulot, Un pape français. Urbain II (Par. 1903).

3) U. III., 1185–87, vorher Humbert, vielleicht aus dem Geschlecht Crivelli, gest. 20. Okt. 1187 in Ferrara, seit 1182 Kardinal, seit 1185 Erzbischof von Mailand, gelangte 25. Nov. d. J. in hohem Alter zur Papstwürde. Er war ein erbitterter Gegner Kaiser Friedrichs I., der 1162 bei der Erstürmung Mailands Verwandte Urbans aufs härteste behandelt hatte und jetzt durch die Verheiratung seines Sohnes Heinrich mit der Erbin beider Sizilien die politische Machtstellung des Papsttums bedrohte. Friedrich hielt U. in Verona eingeschlossen, der sich erst, als er zur Nachgiebigkeit bereit schien, nach Jerrara begeben konnte. Vgl. Scheffer-Boichorst, Friedrichs I. letzter Streit mit der Kurie (Berl. 1866).

4) U. IV., 1261–64, vorher Jakob Pantaleon, geb. 1185 in Troyes, der Sohn eines Schuhmachers, gest. 2. Okt. 1264 in Perugia, war 1253–55 Bischof zu Verdun, wurde dann Patriarch in Jerusalem und 29. Aug. 1261 zum Papst gewählt. Er bot Karl von Anjou gegen Manfred die Krone Siziliens an, starb aber vor endgültigem Abschluß des Vertrags. Rom hat er nicht betreten. Er erhob 1264 das Fronleichnamsfest zu allgemeiner Bedeutung. Mit U. beginnt der vorwaltende Einfluß der Franzosen an der Kurie. Vgl. Georges, Histoire du pape Urbain IV (Par. 1865); Hampe, Urban IV. und Manfred (Heidelb. 1905).

5) U. V., 1362–70, vorher Wilhelm, Sohn des Ritters Wilhelm Grimoald aus Grisac in Languedoc, gest. 19. Dez. 1370 in Avignon, lehrte als Benediktiner in Montpellier und Avignon, wurde dann Abt in Auxerre und in Marseille, später päpstlicher Legat in Neapel und 28. Okt. 1362 zum Papst erwählt. Ein Feind des Nepotismus, Freund der Gelehrten und von strenger Gerechtigkeit residierte er seit 1367 wieder in Rom, kehrte aber 1370 nach Avignon zurück. Vgl. Magnan, Histoire d'Urbain V (2. Aufl., Par. 1863); Prou, Étude sur les relations politiques du pape Urbain V avec les rois Jean II et Charles V (das. 1887); Kirsch, Die Rückkehr der Päpste U. V. und Gregor XI. von Avignon nach Rom (Paderb. 1898).

6) U. VI., 1378–89, vorher Bartolomeo Prignano, geb. in Neapel, gest. 15. Okt. 1389 in Rom, seit 1364 Erzbischof von Acerenza, seit 1377 von Bari, trat bald nach seiner Erhebung auf den päpstlichen Stuhl (8. April 1378) so streng gegen die Kardinäle auf, daß diese in Fondi Clemens VII. zum Gegenpapst wählten. Dennoch wußte er sich zu behaupten und wurde in Deutschland, Ungarn und England anerkannt. Er unterstützte Karl von Durazzo gegen die Königin Johanna von Neapel, entzweite sich aber auch mit jenem, wurde aus Rom vertrieben und floh nach Genua, wo er wegen einer gegen ihn angestifteten Verschwörung fünf Kardinäle hinrichten ließ (1385). Vgl. Souchon, Die Papstwahlen in der Zeit des großen Schismas (Braunschw. 1898, 2 Bde.).

7) U. VII., 15.–27. Sept. 1590, vorher Giovanni Battista Castagna aus Genua, Jurist, wurde 1553 Erzbischof von Rossano und 1583 Kardinal.

8) U. VIII., 1623–44, vorher Maffeo Barberini, geb. 1568 in Florenz, gest. 29. Juli 1644 in Rom. wurde 1604 zum Erzbischof von Nazareth ernannt und ging als Gesandter nach Paris, wo er das meiste zur Wiederaufnahme der Jesuiten beitrug. Seit 4606 Kardinalpresbyter, ward er 1608 Erzbischof von Spoleto und 6. Aug. 1623 zum Papst gewählt. Aus Besorgnis vor der Übermacht des Hauses Habsburg, die durch die Erfolge Kaiser Ferdinands II. im Dreißigjährigen Krieg sehr gestiegen war und die Unabhängigkeit des Kirchenstaates bedrohte, schloß sich U. Frankreich an und unterstützte Richelieu im Kampf gegen Österreich und Spanien und sah dem Widerstand der Protestanten und der Einmischung Schwedens in Deutschland gleichgültig zu. Zugunsten seiner Familie unternahm er 1641 einen Krieg gegen die Farnese von Parma wegen Castro, der aber unglücklich für ihn endete. Unter ihm fiel 1631 nach dem Aussterben des Hauses Rovere das Herzogtum Urbino dem päpstlichen Stuhl für immer zu. Er erteilte den Kardinälen den Titel »Eminenz«, erneuerte die Bulle[955] »In coena Domini«, verbesserte das »Breviarium romanum« (Rom 1632), errichtete 1627 das Kollegium der Propaganda, verdammte das Galileische System (s. Galilei) und verurteilte 1642 durch die Bulle »In eminenti« den Jansenismus. Seine Gedichte (Rom 1631 u. Par. 1642; vgl. Tafel »Buchschmuck I«, Fig. 3) wurden später von Brown (Oxf. 1726) herausgegeben. Vgl. Gregorovius, U. VIII. im Widerspruch zu Spanien und dem Kaiser (Stuttg. 1879); W. M. Weech, U. VIII. (Lond. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 955-956.
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