Montalivet

[87] Montalivet (spr. mongtaliwä), 1) Jean Pierre Bachasson, Graf, franz. Staatsmann, geb. 5. Juli 1766 in Neukirch bei Saargemünd, gest. 23. Jan. 1823 auf dem Landgute Lagrange (Nièvre), erhielt bereits mit 19 Jahren die Stelle eines Rates am Parlament zu Grenoble. Während der Revolution trat er 1794 in die Armee von Italien. Unter dem Konsulat wurde er Präfekt, 1809 Minister des Innern. Er führte die großartigen Bauten Napoleons I. aus, unter andern die Siegesbrücke von Jena. Nach der Restauration trat er 1819 in die Pairskammer und zeigte sich in dieser als entschiedener Verteidiger der konstitutionellen Freiheit.

2) Marthe Camille Bachasson, Graf, franz. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 25. April 1801 in Valence, gest. 4. Jan. 1885 auf Schloß Lagrange, gelangte 1823 durch den Tod seines Vaters zur Pairswürde. Als Mitglied und Sekretär der Gesellschaft Aide-toi, le ciel t'aidera mit den Häuptern der liberalen Partei bekannt geworden, erhielt er nach der Julirevolution im Ministerium Laffitte 1830 das Portefeuille des Innern. 1831 erhielt er das Ministerium des Unterrichts, trat aber nach Périers Tode (1832) wieder in seine frühere Stellung zurück. Die blutige Unterdrückung der bei Lamarques Leichenbegängnis ausgebrochenen Unruhen (im Juni 1832) und die Erklärung der Hauptstadt in Belagerungszustand machten seine Verwaltung so verhaßt, daß er 11. Okt. 1832 zurücktrat. Der König ernannte ihn darauf zum Intendanten der Zivilliste 1836 verwaltete er abermals und 1837–39 zum drittenmal das Ministerium des Innern, hierauf wiederum die Intendanz der Zivilliste; er gründete das Museum zu Versailles. Nach der Februarrevolution 1848 verteidigte er Ludwig Philipp gegen die gehässigen Angriffe der Bonapartisten und wurde 1879 zum Senator gewählt. Er schrieb: »Le roi Louis-Philippe et sa liste civile« (1851); »Rien! dix-huit années de gouvernement parlementaire« (1864); »La confiscation des biens de la famille d'Orléans« (1871) und »Casimir-Périer et la politique conservatrice en 1831 et 1832« (1874). »Fragments et souvenirs du comte de M., 1810–1848« gab Picot heraus (Par. 1899, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 87.
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