Mundkrankheiten

[255] Mundkrankheiten. Von den Krankheiten der Mundschleimhaut oder schlechtweg M. sind hier folgende zu erwähnen: Der Katarrh der Mundschleimhaut (Stomatitis catarrhalis) ist eine überaus häufige Krankheit und entsteht durch allerhand Reize, z. B. durch den Druck der hervorbrechenden Zähne, der zu den schwersten Formen des Mundkatarrhs führen kann. Scharfe Zahnränder, Zahngeschwüre, Wunden im Mund, sehr heiße, sehr kalte oder sonstwie reizende Speisen und Getränke Tabakrauchen und Tabakkauen rufen Mundkatarrh hervor. Katarrhalische Entzündung der Rachenschleimhaut und der Mandeln ist fast stets mit Mundkatarrh verbunden. Ganz gewöhnlich aber tritt letzterer zu dem akuten und chronischen Magenkatarrh, ebenso auch zu fieberhaften Krankheiten und allgemeinen konstitutionellen Leiden, wie z. B. zum Skorbut, zum Typhus, Scharlachfieber, Quecksilbervergiftung etc., hinzu. Beim akuten Mundkatarrh ist die Schleimhaut zuerst stark gerötet, geschwollen,[255] schmerzhaft und trocken; später stellt sich reichliche Schleimabsonderung ein. An der Wangenschleimhaut und den Zungenrändern drücken sich oft die Zähne ab. Bei dem chronischen Mundkatarrh ist die Schleimhaut mehr oder weniger geschwollen; an den seitlichen Rändern der Zunge bemerkt man die erwähnten Eindrücke, die Zunge ist mit einem dicken, aus Schleim, abgestoßenen Epithelzellen und Bakterien bestehenden Belag versehen. Fast stets besteht übler Geruch aus dem Mund und klagen die Kranken über einen schleimigpappigen, faden oder bittern Geschmack im Munde, bei stärkerer Erkrankung auch über starken Schmerz bei der Nahrungsaufnahme. Bei der Behandlung des Mundkatarrhs besteht die Hauptaufgabe in der Beseitigung der Ursachen. Scharfe Zahnränder sind mit Sorgfalt durch Abfeilen zu beseitigen; Wunden und Geschwüre der Mundschleimhaut sind gehörig zu behandeln; das Rauchen ist zu unterlassen oder einzuschränken. Der sekundäre Mundkatarrh verliert sich gewöhnlich mit der Beseitigung der Grundkrankheit. Gute Dienste leisten bei Mundkatarrh Ausspülungen des Mundes mit einer Lösung von kohlensaurem Natron oder Borax (2 Proz.), ferner von chlorsaurem Kali, Gerbsäure u.a. – Eine eigne Art der brandigen Zerstörung der Mundschleimhaut kommt beim Wasserkrebs (s. d.) vor. Die Mundfäule (Stomakace) ist eine mit Geschwürbildung einhergehende Entzündung der Mundschleimhaut, die besonders heftig das Zahnfleisch zu befallen pflegt. Sie kommt zu manchen Zeiten auffallend häufig, besonders bei Kindern, vor, und es hat fast den Anschein, als ob sie sich durch einen Ansteckungsstoff von einer Person auf die andre übertragen könne. Die Geschwüre der Mundschleimhaut rufen meist empfindliche Schmerzen hervor, die durch das Sprechen und Kauen vermehrt werden. Die sich rasch zersetzenden Absonderungen der Geschwüre bewirken einen durchdringenden, höchst widerlichen Gestank. Die Geschwüre pflegen, wenn sie nicht zu lief gehen, bei der Anwendung des chlorsauren Kalis, das man entweder als Mundwasser verwenden oder bei kleinen Kindern in geringen Mengen schlucken lassen kann, überraschend schnell zu heilen. Wenn die Besserung länger auf sich warten läßt, so bepinselt man die Geschwürchen mit einer Höllensteinlösung. Ähnliche Geschwüre können auch durch chronische Quecksilbervergiftung, namentlich auch bei unvorsichtigem medikamentösen Gebrauch des Quecksilbers zustande kommen. Die übrigen M. s. unter den Artikeln: »Schwämmchen, Skorbut, Syphilis, Zähne und Zunge«. Vgl. Mikulicz und Kümmel, Die Krankheiten des Mundes (Jena 1898); Ritter, Zahn- und Mundleiden mit Bezug auf Allgemeinerkrankungen (2. Aufl., Berl. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 255-256.
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