[907] Odvāker (Odovakar; nach Grimm von dem gemeingerman. Wortstamm and, »Besitz, Reichtum«, und dem got. vakrs, »wachsam«, herzuleiten), german. Heerführer, der dem weströmischen Reich ein Ende machte, der Sohn des Ediko, trat als Söldner in die Leibwache des weströmischen Kaisers ein, übernahm 476 die Führung der germanischen Hilfstruppen (Heruler, Skiren, Alanen, Turcilingen, Rugier etc.), die sich gegen ihren bisherigen Führer Orestes empört hatten, weil er mit ihrer Hilfe den frühern Kaiser gestürzt und seinen Sohn Romulus Augustulus auf den Thron gesetzt hatte, dann aber ihnen die verlangten Ländereien in Italien nicht gewähren wollte, zwang den Orestes, sich nach Pavia zurückzuziehen, ließ ihn nach Eroberung der Stadt töten und verbannte seinen Sohn nach Kampanien. Von seinem Heere zum König ausgerufen und von dem oströmischen Kaiser Zenon als römischer Patrizius anerkannt, herrschte O. über Italien mit Kraft und Weisheit. Er überwies zwar seinen Truppen ein Drittel des Grundbesitzes in Italien, achtete aber die Gesetze Roms, ehrte den Senat, überließ die Verwaltung, Rechtspflege und Steuererhebung einheimischen Beamten und übte, obwohl Arianer, doch gegen die römische Geistlichkeit Duldung. Auch in seinen Kriegen war er zunächst glücklich. Als indes 489 der Ostgotenkönig Theoderich auf Anstiften des Rugierfürsten Friedrich gegen ihn heranzog, von Zenon zum kaiserlichen Feldherrn ernannt, vermochte O. nicht sich zu halten. Dreimal geschlagen, mußte er sich im August 490 nach Ravenna zurückziehen, wurde nach dreijähriger Belagerung durch Hunger gezwungen, die tapfer verteidigte Stadt 27. Febr. 493 zu übergeben, und bald nach dem Einzug der Ostgoten, 15. März 493, bei einem Gastmahl durch Theoderich selbst wider das gegebene Wort niedergestoßen, durch andre sein Bruder Onulf und viele seiner Freunde, später auch sein Sohn Thela. Vgl. L. M. Hartmann, Geschichte Italiens im Mittelalter, Bd. 1 (Gotha 1897).