Pasquier

[478] Pasquier (spr. paskjĕ), Etienne Denis, Herzog von, Kanzler von Frankreich, geb. 22. April 1767 in Paris als Sohn des 1794 guillotinierten Parlamentsrats Etienne P., gest. 5. Juli 1862, ward 1806 Maître des requêtes beim Staatsrat, 1810 Staatsrat und bald darauf Polizeipräfekt von Paris. Beim Einzug der Verbündeten in Paris 1814 sorgte er für die Ruhe und Sicherheit der Hauptstadt und wurde von Ludwig XVIII. zum Generaldirektor des Brücken- und Wegebaues ernannt, 1815 Großsiegelbewahrer im Kabinett Talleyrand und 1816 Präsident der Kammer. 1817–18 war er zum zweitenmal Großsiegelbewahrer. 1819–21 hatte er im Ministerium Decazes das Portefeuille des Auswärtigen inne. Inzwischen hatte ihm der König die Pairswürde verliehen, und er übte von nun an bei seinem ausgezeichneten Rednertalent großen Einfluß auf die Erste Kammer aus. Allmählich gelangte er zu freien Anschauungen; so trat er 1824 gegen die Rentenreduktion und das Sakrilegiengesetz auf und trug viel zum Sturz Villèles bei. Ludwig Philipp ernannte ihn 1830 zum Präsidenten der Pairskammer, in welcher Stellung er namentlich für Herstellung der Ruhe und Befestigung der Dynastie Orléans wirkte. Der Lohn war 1837 seine Ernennung zum Kanzler von Frankreich und 1844 seine Erhebung zur herzoglichen Würde. Mit der Februarrevolution von 1848 trat er vom öffentlichen Schauplatz zurück. Seit 1842 war er Mitglied der französischen Akademie. Seine Kammerreden erschienen gesammelt in 4 Bänden (Par. 1842). Seine MemoirenHistoire de mon temps«, Par. 1893–95, 6 Bde.) gab sein von ihm adoptierter Großneffe Edme Armand Gaston, Herzog d'Audiffret-P. (s. d.) heraus, auf den der Herzogstitel überging. Vgl. L. Favre, Etienne Denis P., chancelier de France (Par. 1870).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 478.
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