Polykrătes

[126] Polykrătes, 1) Tyrann der Insel Samos, Sohn des Äakes, von dem Tyrannen Lygdamis von Naxos eingesetzt, regierte erst gemeinschaftlich mit seinen Brüdern Pantagnostos und Syloson, nach Ermordung des erstern und Vertreibung des andern (535 v. Chr.) allein. Im Besitz einer Flotte von 100 Fünfzigruderern, eroberte er Milet und Lesbos, machte Samos zum Mittelpunkt eines großen Seestaates, der den ganzen Archipel beherrschte, und verlieh ihm auch dadurch Glanz, daß er Künstler (sein Siegelring war ein Werk des Theodoros), Dichter (Anakreon, Ibykos), Männer der Wissenschaft (den Arzt Demokedes von Kroton) an seinen Hof berief. Ein prachtvoller Palast, ein Kriegshafen, eine Wasserleitung wurden gebaut, und der Tempel der Hera, das Heräon, zum schönsten hellenischen Heiligtum gemacht. Mit dem König Amasis von Ägypten schloß er ein Bündnis, ließ ihn aber bei seiner Bedrängung durch die Perser (525) im Stich. Im Lande übte er, gestützt auf eine Leibwache von fremden Söldnern, den härtesten Druck aus; ein Versuch der Spartaner, es von dem Tyrannen zu befreien, mißlang. Endlich (522) ließ sich P. unter dem Vorwand eines gemeinschaftlichen Unternehmens gegen Persien vom persischen Satrapen Orötes nach Magnesia locken, wo er aus Kreuz geschlagen wurde. Sein stetiges Glück hat Schiller in dem Gedicht »Der Ring des P.« poetisch behandelt.

2) Bischof von Ephesus um 190, vertrat in dem sogen. Passahstreit (s. Ostern) gegenüber Viktor von Rom (s. Viktor I.) die kleinasiatische Praxis.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 126.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika