Postbeamte

[217] Postbeamte, Angehörige der Postverwaltung; vom Rechtsstandpunkt aus nur diejenigen Personen, denen durch Gesetz, Verordnung oder besondere Verfügung die Eigenschaft als Beamter ausdrücklich beigelegt ist, was z. B. auch bei Postgehilfinnen, Postillionen der reichseignen Posthaltereien, bei den übrigen Postillionen nur während ihrer postdienstlichen Verrichtungen der Fall ist. Nach Vorbildung und Beschäftigungsart scheiden sich die Beamten der deutschen Reichspost- und Telegraphenverwaltung in höhere und mittlere Beamte und Unterbeamte. Die Stellen für höhere P. wurden bisher, von unwesentlichen Ausnahmen abgesehen, mit solchen Beamten besetzt, die als Posteleven eingetreten waren und außer der Postsekretärprüfung die höhere Verwaltungsprüfung für Post und Telegraphie bestanden hatten. Höhere Beamte sind die Direktoren und vortragenden Räte im Reichspostamt, Oberpostdirektoren, Oberposträte, Posträte, Postbauräte, Post- und Telegraphendirektoren, Oberpostinspektoren und Postinspektoren, Postbauinspektoren. Infolge der Umgestaltung der Beamtenverhältnisse von 1900 sind die bisher mit Anwärtern der höhern Laufbahn besetzten mittlern Stellen für Sekretäre, Obersekretäre, Postmeister, Bureaubeamte erster Klasse, Kassierer und Rendanten in Zukunft ausschließlich den Anwärtern der mittlern Laufbahn vorbehalten. Die Anwärter der höhern Laufbahn, die, wie bisher, das Reifezeugnis von einem Gymnasium, einem Realgymnasium oder einer Oberrealschule besitzen müssen, haben sich einem mehrjährigen akademischen Studium zu unterziehen und werden nach dem Bestehen zweier Prüfungen in einer höhern Dienststelle angestellt. Nähere Bestimmungen sind noch nicht veröffentlicht; die jetzt noch in mittlern Stellen beschäftigten Anwärter der höhern Laufbahn führen nach bestandener Postsekretärsprüfung den Titel Postpraktikant und nach bestandener höherer Prüfung Oberpostpraktikant. Die Annahme von Zivilanwärtern für die mittlere Laufbahn erfolgt entweder als Postgehilfe oder als Telegraphengehilfe, letztere für den Dienst bei Telegraphenämtern. Der Bewerber muß die Reise für Untersekunda einer neunstufigen oder für die erste Klasse einer sechsstufigen höhern Lehranstalt besitzen und wird nach vierjähriger Ausbildung zur Assistentenprüfung zugelassen, nach deren Bestehen er zum Post-, bez. Telegraphenassistenten ernannt wird. Nach weitern sechs Jahren können tüchtige Beamte zur Post-, bez. Telegraphensekretärprüfung zugelassen werden, die sich unter anderm auch auf Französisch und Englisch erstreckt. Zur Ausbildung der Telegraphengehilfen bestehen praktische und theoretische Unterrichtskurse. Zu den mittlern Beamten gehören auch die Maschinenmeister und Maschinisten der Rohrpost, Postbausekretäre und Telegraphenmechaniker. Die Unterbeamtenstellen (Oberbriefträger, -Postschaffner und -Leitungsaufseher, Brieftäger, Postschaffner, Leitungsaufseher, Landbriefträger, Kanzleidiener, Kastellane, Telegraphenvorarbeiter) sind im wesentlichen den mit Anspruch auf Zivilversorgung aus dem Heer ausscheidenden Militärpersonen vorbehalten. Nur ein Teil dieser Stellen ist ältern Postillionen und solchen Personen vorbehalten, die ohne Zivilversorgungsanspruch für den Unterbeamtendienst angenommen sind (Postboten) und durch längere Dienstzeit sich die Berechtigung zur Anstellung erwerben. Die jugendlichen Telegrammbesteller und Telegraphenarbeiter haben keine Beamteneigenschaft. – Weibliches Personal. Zur Bedienung der Schreibmaschinen und in den Bezirks- u. Rentenrechnungsstellen werden Postgehilfinnen, im Telegraphen- und Fernsprechdienste Telegraphengehilfinnen beschäftigt; es werden nur wohlerzogene, vollständig gesunde Mädchen oder kinderlose [217] Witwen von 18–30 Jahren, die richtig Deutsch schreiben und sprechen können und im Beschäftigungsorte Familienanschluß haben, auf Widerruf, bez. vierwöchentliche Kündigung angenommen. Sie erlangen Beamteneigenschaft und erhalten Tagegelder mit Aussicht auf Ruhegehalt. Die Annahmeprüfung erstreckt sich auf deutschen Aufsatz, Rechnen und Geographie. Die Postbeamten in Österreich gliedern sich in administrative Beamte mit juristischer Vorbildung, technische Beamte, die das Studium an einer Technischen Hochschule nachweisen müssen, Rechnungsbeamte mit dem Reifezeugnis eines Gymnasiums etc., Postdirektionskassenbeamte, die aus den Verkehrsbeamten ergänzt werden, letztere haben die Schulbildung eines Obergymnasiums, einer Oberrealschule od. dgl. nachzuweisen. In der Schweiz werden die Postbeamten nicht auf Lebenszeit angestellt, sondern alle drei Jahre vom Bundesrat neu, wenn auch im allgemeinen wieder gewählt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 217-218.
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