Prämiengeschäfte

[260] Prämiengeschäfte, diejenige Art der Zeitgeschäfte (s. Börse, S. 243 f.), bei der sich einer der Kontrahenten, der Prämienzahler, das Recht vorbehält, gegen Bezahlung eines Reugeldes (Prämie) vom Vertrage zurückzutreten oder diesen in bezug auf Art, Zeit und Gegenstand der Erfüllung zu ändern. Zu unterscheiden sind: a) das einfache Prämiengeschäft. Bei diesem werden die Prämien bezahlt im Falle des Rücktritts oder auch für das Recht der Wahl zwischen Rücktritt und Erfüllung an sich. b) Das Wandelgeschäft, bei dem der Prämienzahler die Erfüllung zu einem andern Zeitpunkt (binnen bestimmter Frist) auf Grund einer »Anzeige« verlangen kann. Hierbei hat entweder der Käufer die Wahl, indem er innerhalb dieser Frist nach Belieben »kündigen«, d. h. die Erfüllung verlangen kann (»Kauf auf tägliche Lieferung«), oder der Verkäufer hat das Wahlrecht (»Verkauf auf Ankündigung«), oder es kann die Erfüllung erst von einem spätern bestimmten Zeitpunkt an erfolgen. Der Prämienzahler benutzt alle Vorteile einer günstigen Kursentwickelung, kann aber im ungünstigen Falle nie mehr verlieren als die Prämie selbst. Man nennt deshalb auch diese Art der Börsengeschäfte »Geschäfte mit begrenztem Risiko und unbegrenzter Gewinnaussicht«. Kauft jemand beispielsweise an der Börse zu Anfang eines Monats Diskontokommandilanteile fest zum Kurs von 185 Proz. per Ultimo, sa wird er Verlust erleiden, oder eine Prolongation (s. Prolongationsgeschäfte) durchführen müssen, wenn dieses Papier Ende des Monats 180 Proz. notiert. Hatte er aber den Kauf zu 185 Proz. mit 2 Proz. Prämie (Vorprámie = Bezugs- oder Dontprämie) durchgeführt, so wird er, wenn Diskontokommandite Ende des Monats 180 Proz. notieren, auf den Bezug verzichten und die Prämie von 2 Proz. bezahlen; no tiert das Papier aber höher als 185 Proz. (und das hatte er ja als Käufer der Vorprämie erwartet), so erzielt er Nutzen, sobald der Kurs höher ist als 187 Proz. (185 Proz. +2 Proz. Prämie). Verkauft jemand ein Wertpapier in blanco, um es später billiger einzudecken (Kontermine), so erleidet er Verlust, wenn es im Kurse steigt; er kann diesen aber durch eine Rückprämie (Lieferungsprämie) begrenzen, indem er voraus bedingt, daß er gegen Bezahlung einer Prämie von der Lieferung absehen darf. Sinkt nun, seiner Spekulationstendenz entsprechend, der Kurs, so kauft er die Stücke zur Deckung der bereits früher zu höherm Kurse begebenen Papiere (»Eindeckung«); steigt der Kurs aber, so verzichtet er auf die Lieferung und bezahlt die Prämie. Die Erklärung des Prämienzahlers, daß er auf Erfüllung des Geschäfts bestehe oder den Rücktritt vorziehe, nennt man Prämienerklärung; sie findet an den meisten Börsen einige Tage vor dem Liquidationstermin statt. Die Vorprämie wird in der Weise notiert, daß die Kursbasis, auf der sich das Geschäft aufbaut, um den Betrag der Prämie erhöht und diese Ziffer zum Zähler eines Bruches gemacht wird, dessen Nenner die Prämie selbst bildet. So bedeutet 187/2 V (V = Vorprämie), daß der Kurs 185, zu dem man fest hätte kaufen können, um 2 erhöht worden ist, so daß zu 185+2 bezogen oder die Prämie 2 bezahlt werden muß. Dagegen bedeutet 183/2 (R = Rückprämie), daß bei Lieferung der Prämienverkäufer (Versicherte) für das Wertpapier 185–2 erhält oder 2 bezahlen muß. Das zweischneidige Prämiengeschäft gibt dem Prämienzahler außer dem Rechte der Wahl zwischen Beziehen und Liefern auch noch das Recht des vollständigen Rücktritts vom Vertrag. Das Zweiprämiengeschäft ist die Kombination zweier einfacher P., die jemand mit zwei verschiedenen Personen abschließt, indem er in beiden Fällen sich das Recht des Rücktritts vorbehält, in dem einen Fall van einem Kauf, den er abschließt, in dem andern von einem Verkauf. Bei den bisher behandelten Formen der P. hatte der Prämienzahler die Wahl zwischen Erfüllung und Rücktritt; dagegen bilden die nachfolgenden Geschäfte, das Nochgeschäft und das Stellgeschäft, eine Kombination von Wahl und Mußgeschäften. Im [260] Nochgeschäft hat der Prämienzahler die Wahl, nur die ursprünglich vereinbarte Menge oder mehr als diese zu liefern, bez. zu fordern. Zur Lieferung, bez. Übernahme der ursprünglich vereinbarten Menge ist er aber verpflichtet. In Frankfurt a. M. ist das Geschäft mit einmal Noch unter dem Namen »Fest und Offen« bekannt. Steigt der Kurs des Papiers, so wird der Käufer das Noch benutzen und die doppelte, bei mehrfachem Noch die im voraus bedungene mehrfache Quantität abnehmen; sinkt der Kurs, so übernimmt er bloß die Pflichtstücke. Dasselbe gilt bezüglich der Lieferung. Das Stellgeschäft (die Stellage, engl. double option, put and call) ist ein Prämiengeschäft, bei welchem dem Prämienzahler (Wähler, Stellageinhaber) das Recht eingeräumt ist, die gehandelte Quantität Wertpapiere nach seiner am Stichtag zu treffenden Wahl entweder von dem andern Kontrahenten (Steller) zu einem verabredeten höhern Kurs zu empfangen, oder zu einem niedrigern Kurs zu liefern (Schluß auf geben und nehmen), eins von den beiden ist er aber durchzuführen verpflichtet (s. Stellgeschäft). Vgl. Töpke, Die Prämien-, Stellage- und Nochgeschäfte (Berl. 1892); Holz, Die P. (das. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 260-261.
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