[895] Ricardo, David, engl. Nationalökonom, geb. 19. April 1772, gest. 11. Sept. 1823, entstammte einer jüdischen, früher von Portugal nach Holland, dann von da nach England eingewanderten Familie. Zum Christentum übergetreten, schwang er sich zu einem der ersten englischen Bankiers empor und ward 1819 ins Unterhaus gewählt. Seine wichtigsten Schriften sind: »On the influence of a low price of corn on the profits of stock« (Lond. 1815), worin er die freie Korneinfuhr empfahl; »On the funding system« (1820), in welchem Werk er Steuererhöhung statt der Anleihen forderte; »Principles of political economy and taxation« (das. 1817, 3. Aufl. 1821; mit Anmerkungen etc. hrsg. von Gonner, das. 1891; deutsch von Baumstark, Leipz. 183738, 2 Bde.; 2. Aufl., Bd. 1: Übersetzung, Leipz. 1877; Bd. 2 u. 3: Erläuterungen, neu verfaßt von Diehl, das. 1905; deutsch nach der 3. Aufl. von Thiele, Jena 1905). Seine Werke gab M'Culloch (Lond. 1846) gesammelt heraus. In deutscher Übersetzung erschienen noch Ricardos »Kleinere Schriften« (Bd. 1: »Schriften über Getreidezölle«, deutsch von Leser, Jena 1905). Ricardos Name ist eng verknüpft mit der Geschichte der englischen Volkswirtschaftslehre; er ist der abstrakteste Vertreter der englischen Freihandelsschule und der bedeutendste Schüler Adam Smiths (s. d.). Bekannt ist seine Theorie der Bodenrente (s. d.), in der er die Entstehung derselben darauf zurückführt, daß von verschiedenen vorhandenen Bodenqualitäten die bessern nicht ausreichten, um den Bedarf zu decken, und deshalb der Preis der Bodenprodukte so hoch stehen müsse, daß die Kosten für Bebauung des schlechtesten noch unentbehrlichen Grundstücks gerade gedeckt würden; ferner seine von K. Marx weitergebildete Wertlehre sowie sein Lohngesetz. Von J. Bonar wurden seine Briefe an Malthus (Lond. 1887) und Hutches Trower u. a. (das. 1899) herausgegeben. Seinen Namen führt der Lehrstuhl der politischen Ökonomie an der Londoner Universität. Vgl. Marx, Theorien über den Mehrwert, Bd. 2: David R. (Stuttg. 1905, 2 Tle.); Rosenberg, R. und Marx als Werttheoretiker (Wien 1904); Kalinoff, D. R. und die Grenzwerttheorie (Tübing. 1906).