[297] Tallien (spr. talljäng), Jean Lambert, franz. Revolutionsmann, geb. 1769 in Paris, gest. 20. Nov. 1820, war beim Ausbruch der Revolution Advokatenschreiber, wurde 1792 in den Nationalkonvent gewählt und gesellte sich hier zu der Bergpartei. Im April 1793 ging er als Konventsdeputierter nach den aufrührerischen westlichen Departements und veranlaßte dort zahlreiche Hinrichtungen. Vom Konvent nach Bordeaux gesandt, um die der Guillotine Entflohenen ausfindig zu machen, ließ er sich dort durch die Frau v. Fontenay (s. unten), die er im Gefängnis kennen lernte, und zu der er eine glühende Neigung faßte, zu mildern Maßregeln bestimmen. Als Robespierre seine Geliebte verhaften ließ, verband sich T. mit Dantons Anhängern zu seinem Sturz, den[297] er auch 9. Thermidor (1794) durchsetzte. Hierauf in den Wohlfahrtsausschuß gewählt, bekämpfte er die Schreckensherrschaft, ja knüpfte geheime Verhandlungen mit den Monarchisten an. Nach der Auflösung des Konvents (26. Okt. 1795) trat er in den Rat der Fünfhundert; doch verlor er seine Bedeutung. 1798 schloß er sich der Expedition Bonapartes nach Ägypten an, erhielt dort eine Stelle bei der Verwaltung der Nationaldomänen und gab ein Journal: »Décade égyptienne«, heraus. Nach seiner Rückkehr nach Paris erhielt er den Posten eines französischen Konsuls in Alicante und lebte später, auf einem Auge erblindet, in Paris von einem Gnadengehalt. Seine Gemahlin Jeanne Marie Ignazie Therese, geb. 1775 in Saragossa, gest. 15. Jan. 1835 auf dem Schlosse Ménars bei Blois, Tochter des spanischen Finanzmannes, spätern Ministers Grafen Cabarrus, entzückte in Paris alles durch ihre Schönheit und Grazie, heiratete 1790 den alten Marquis de Fontenay, flüchtete mit diesem nach Spanien, ward aber in Bordeaux verhaftet, von T. befreit und, nachdem die Ehe mit dem Marquis geschieden worden, dessen Geliebte. Nach Robespierres Sturz heiratete sie T. Während des Direktoriums war ihr Salon der gefeiertste von Paris. Da T. mehr und mehr von seiner frühern Größe herabsank, trennte sie sich während seiner Abwesenheit in Ägypten von ihm und heiratete 1805 den Grafen von Caraman, spätern Fürsten von Chimay (s. d. 1). Vgl. Turquan, La citoyenne T. (Par. 1898; deutsch, Leipz. 1899).