Tilsit

[555] Tilsit, Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Gumbinnen, am Einfluß der Tilse in die Memel, 14 m ü. M., hat 4 evangelische (darunter eine runde litauische) und eine kath. Kirche, Synagoge, 7 Bethäuser verschiedener Sekten, ein schönes Rathaus, ein Denkmal der Königin Luise (modelliert von Professor Eberlein), ein Denkmal des hier gebornen Dichters Max von Schenkendorf, ein Kriegerdenkmal und (1905) mit der Garnison (2 Bataillone Infanterie Nr. 41 und ein Dragonerregiment Nr. 1) 37,148 Einw., davon 1052 Katholiken und 671 Juden.

Wappen von Tilsit.
Wappen von Tilsit.

Die Industrie ist wichtig in Eisengießerei und Maschinenbau, Hefen-, Spiritus-, Gips-, Kunstwolle-, Chemikalien-, Knochenkohlen-, Seifen-, Kunststein-, Käse-, Schnupftabak-, Chromleder-, Zellstoff-, Wagen- und Möbelfabrikation, auch befinden sich dort Dampfmahl- und Dampfschneidemühlen, Bierbrauereien, eine Holzimprägnieranstalt, Kalkbrennerei, Aal- und Lachsfang. Der Handel, unterstützt durch eine Korporation der Kaufmannschaft, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1906: 251,5 Mill. Mk.) und die Schiffahrt auf der Memel, ist besonders bedeutend in Tabak, Holz, Getreide, Steinkohlen, Flachs, Öl etc., auch hat T. besuchte Pferdemärkte. Dem Verkehr dient eine elektrische Straßenbahn; für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Osterode-Memel, Königsberg-T. und T.-Stallupönen. Die Stadt hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummenanstalt, ein Waisenhaus, Konservatorium für Musik, Theater etc. und ist Sitz eines Landgerichts und eines Hauptzollamtes. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 42 Stadtverordnete. Zum Landgerichtsbezirk T. gehören die 6 Amtsgerichte zu Heinrichswalde, Kaukehmen. Ragnit, Skaisgirren, T. und Wischwill. 4 km westwärts von T. fängt die Tilsiter Niederung an, ein fruchtbarer Landstrich im Bereich der Mündungsarme der Memel, der sich von N. nach S. 80, von O. nach W. 53 km weit ausdehnt. In der Nähe Dorf Splitter (s. d.). – T. wurde 1552 Stadt. Durch den Frieden zu T. 7. und 9. Juli 1807, zwischen Napoleon I., Rußland und Preußen abgeschlossen, verlor letzteres die Hälfte seines Gebietes. Vgl. »Aus Tilsits Vergangenheit« (2. Ausg., Tilsit 1888–92, 5 Tle.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 555.
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