Verzierungen

[123] Verzierungen, in der bildenden Kunst s. Ornament. – In der Musik gemeinsamer Name für die durch besondere Zeichen oder kleinere Noten angedeuteten Ausschmückungen einer Melodie, die früher dem Gutdünken und Geschmack des Sängers oder Spielers überlassen blieben. Die Komponisten schrieben daher, obgleich schon die deutsche Tabulatur im 15. Jahrh. Zeichen für V. hatte, deren nur wenige vor, bis zu Ende des 17. Jahrh. die französischen Lauten- und Klaviermeister anfingen, ihre Notierungen damit zu überladen. In gewissem Grade ist aber die Ausführung der vorgeschriebenen V. noch heute Sache des Geschmacks und künstlerischen Verständnisses, die sich durch Regeln nicht hinreichend bestimmen läßt. Ein großer Teil der Ausschmückungen, die früher dem Spieler überlassen waren, ward seit J. S. Bachs Vorgang in genaue Notenwerte durch die Komponisten ausgeschrieben. Die wichtigsten und noch heute üblichen, durch Zeichen angedeuteten V. sind: Triller, Pralltriller oder Schneller,. Mordent und Doppelschlag (vgl. die einzelnen Artikel). Die frühern Zeichen der V. waren so schwankend, daß um 1700 jede Sammlung von »Pièces de clavessin« eine »Table des agréments« vorausschickte, in der angezeigt war, wie dieselben verstanden werden sollten. Von den durch kleine, in der Takteinteilung nicht in Rechnung gezogene Noten angedeuteten heutigen V. sind die wichtigsten: der einfache Vorschlag (Appoggiatura), der entweder ein langer (Vorhalt) ist, oder ein durchaus kurzer, der Doppelvorschlag, auch Anschlag genannt, bestehend aus dem Vorschlag einer tiefern und einer höhern Note, der Schleifer, bestehend aus zwei oder mehreren höhern oder tiefern Noten in Sekundfolge, früher auch verlangt durch Bild im Fließtext und das Battement (der Triller mit der Untersekunde), mit der Hilfsnote beginnend. Näheres s. in den betreffenden Artikeln. Vgl. K. Ph. E. Bach, Versuch über die wahre Art das Klavier zu spielen (Berl. 1759; Neudruck, Leipz. 1906); E. Dannreuther, Musical ornamentation (Lond. 1893–95, 2 Bde.); Seiffert, Geschichte der Klaviermusik (Bd. 1, Leipz. 1899); Kuhn, Die Verzierungskunst in der Gesangsmusik des 16.–17. Jahrh. (das. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 123.
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